Für Stammgäste

Baumhäuser wecken Kindheitserinnerungen und Urinstinkte - wir empfehlen acht Baumhaushotels, auf die man auch als Erwachsener (und ohne Wölfe in der Nähe) klettern sollte.

(Foto: Amilla Fushi)

Gut, dass Tom Mcloughlin, 45, Hotelbesitzer aus Sydney, seine Kinder mit zum Zelten genommen hat. So stand er mit Xavier, 10, und Freya, 9, auf der bis dahin noch unerschlossenen Malediven-Insel. Er wollte ein Gefühl dafür bekommen, was man auf dieser Insel bauen könnte. Er selbst sah die weißen Sandstrände, das intakte Riff, die bunten Papageien-, Kaiser- und Doktor-Fische im seichten Wasser und entwarf im Kopf schon die für die Malediven typischen Wasserhäuser auf Stelzen. Sein Sohn aber sah die Bäume: hohe Kokosnussbäume mit reifen Früchten, die dichten Kronen der Pandanuss- und Banyan-Bäume, die blühenden und duftenden Frangipani-Bäume. Da fragte Xavier: »Papa, warum bauen wir keine Baumhäuser?«

Und der Vater dachte: Ja, warum denn nicht? Warum sollen denn immer nur die Strände für Touristen interessant sein? Und so kommt es, dass »Amilla Fushi« im Baa Atoll die erste der touristisch erschlossenen Malediven-Inseln ist, die auch das Landesinnere nutzt, das bislang in Hoteliersaugen eher als Ausschussware galt: Fünf außergewöhnliche Baumhäuser thronen dort auf jeweils 25 Beton-Stelzen, 12 Meter hoch in Wipfelnähe; zwei Schlafzimmer, Salon, sogar ein kleiner Pool auf der Terrasse, alles aus dunklem Holz. Insgesamt 59 Beach-, Lagoon- und Baumhäuser gibt es auf der Insel; Essen kann man per iPad aus den sieben Restaurants bestellen, das dann mit einem Golfwägelchen geliefert wird. Auch Kate Moss und ihre Entourage sollen zwei der Baumhäuser belegt haben: Sehen kann man das Topmodel nicht, denn dass was man auf den 12 Meter hohen Häuser ganz sicher bekommt, ist seine Ruhe. Da oben kommt kein ungebetener Handyfotograf hin.

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Sitzt man hier oben in seinem Nest fühlt es sich an, als würden unten gleich Elefanten und Giraffen vorbei eilen und als müsse man sich schnell einen Safarihut auf dem Kopf setzen, um der Szenerie gerecht zu werden. Am liebsten würde man anfangen, einen Roman zu schreiben, am besten wenn Regen fällt und man den Tropfen auf den Blättern zuhören kann. Der Mitinhaber von Amilla Fushi, Michael Flynn, 54, sagt: »In einem der Baumhäuser werde ich mal ein Buch schreiben. So stelle ich mir mein Alter vor.« Die dichten Pflanzen machen die Luft zwischen den Baumkronen feuchter und frischer als an den heißen Stränden, das Spiel der Sonne mit dem Grün der Blätter wird zur Poesie des Tages. Am morgen sieht man den Vögeln beim Umherhuschen in den Kronen zu und abends funkelt der tropische Sternehimmel zwischen den träge im Abendlüftchen wiegenden Palmblättern.

(Foto: Bangkok Tree House)

Baumhäuser sind in der Hotelerie sehr angesagt - denn Baumhäuser passen in die Zeit wie kein anderer Hoteltrend. Sie spiegeln die Sehnsucht des modernen Großstädters wieder: Naturverbundenheit und nachhaltiger, grüner Lebensstil, die Suche nach Rückzug und Entschleunigung. Baumhäuser geben einem das archaische Gefühl von Sicherheit - immerhin flüchten seit Tausenden von Jahren Mensch und Tier vor Gefahren auf Bäume. Wobei die wenigsten Baumhäuser in der Hotellerie wirklich in die Baumkronen oder an einen Stamm gebaut sind. Größtenteils finden sich gar nicht so starke und hohe Baumstämme, die man für ein ganzes Haus oder sogar mehrere bräuchte. Und selten stehen ausreichend starke und hohe Baumstämme so eng nebeneinander, um dem Haus einen sicheren Stand zu geben.

Meist werden Baumhäuser auf einen Unterbau aus Holzstelzen oder Betonpylonen in Höhe der Baumkronen gebaut. Das macht sie statisch sicher und sie schwanken bei Wind nicht mit dem Baum. Echte Baumhaus-Hotels bestehen fast komplett aus Baumhäusern, andere wiederum haben sich im Zuge des Baumhaustrends einige Baumhäuser auf das Hotel-Gelände bauen lassen.

Erfreulicherweise gibt es auch Baumhaushotels für wenig Geld, schlicht und einfach ausgestattet mit Stockbetten für Rucksackreisende. Die Auswahl ist groß, Hunderte von Baumhaus-Hotels gibt es bereits, von Indien über Thailand, Kenia, Peru, USA, Marokko, China, Australien - bis hin zu Niederbayern.

Im Hofgut Hafnerleiten im niederbayrischen Bad Birnbach steht das Baumhaus auf Betonstelzen, die aber in Anlehnung an den Birken- und Erlenwald drum herum nicht gerade, sonder schief wie die Baumstämme außen herum gebaut worden sind. Das Haus mit seiner schlichten, reduzierten Architektur aus hellem, heimischen Holz sieht ein bisschen aus, als hätte ein Kind das »Haus vom Nikolaus« gezeichnet und den Zettel dem Architekten zugesteckt. Das Bett ist Richtung Osten ausgerichtet für den durch die silbernen Birkenblätter blinzelnden Sonnenaufgang, die Badewanne nach Süd-Westen für den Sonnenuntergang. Im Schlafzimmer steht im Eck ein Körbchen mit Strickzeug: an einer Rundstricknadel hängt ein halb fertig gestrickter Schal, gut 10 Meter lang, und man erkennt genau, wann ein neuer Gast bei der Gemeinschaftsarbeit mit dem Stricken angefangen hat - Therapie für alle Gäste, die hier zu Ruhe kommen sollen. In allen Themenhäuschen im Hofgut Hafnerleiten gibt es so einen Strickkorb mit angefangenem Schal: »Aber der im Baumhaus ist der längste«, sagen die Mitarbeiter.

Im Baumhaus liegt außerdem ein Buch, in das alle Gäste kleine Geschichten über das Baumhaus schreiben: Darin besingen sie so ziemlich alles, den Nieselregen auf den Blättern, den Wind zwischen ihnen, sogar den Schnee auf den kahlen Ästen im Winter. »Das Saitenspiel der Bäume, inszeniert vom Wind und der Natur, eine Uraufführung nur für uns!«, schreibt ein Gast. Diese paar Baumblätter vor der Nase sind es, die die Menschen hier glücklich machen: »Viele Grüße aus dem Wochenend-Wunderland namens Baumhaus«. Ein anderer schreibt: »Als Kind habe ich mich immer auf einen Baum zurückgezogen - um den Überblick zu behalten.«

Gleich wird die Erinnerung an die Kindheit wach, als man in Baumhäusern Geheimgesellschaft spielte. Von hier oben verändert sich der Blick auf die Welt, man steht über den Dingen, wird Teil einer geheimen Zwischenwelt zwischen Boden und Wipfel. Man hat das Gefühl, ganz weit weg von der echten Welt zu sein - auch wenn es in Wahrheit nur 12 Meter sind.

(Foto: Hapuko Lodge)

Hier einige empfehlenswerte Baumhaushotels:

Amilla Fushi, Baa Atoll, Malediven 
DZ ab 2995 Euro pro Person/Woche inklusive Transferflügen von Male, Halbpension, einer Stunde Wellness pro Tag, eine Stunde Wassersport pro Tag (Einführungsangebot 2015).
Über Strohbeck-Reisen.de. Oder auch über Stop Over Reisen oder www.amilla.mv

Hofgut Hafnerleiten, Bad Birnbach, Bayern
Übernachtung in den Themenhäuschen ab 165.- Euro pro Person mit Frühstück und Abendessen, Sauna, Tees, eine Flasche Wein pro Haus. 
www.hofgut.info

Bangkok Tree House, Bangkok, Thailand
Dieses ungewöhnliche Baumhaushotel in Bangkok ist nur zu Fuß, mit dem Boot oder dem Fahrrad zu erreichen. Wer Vögel, Schmetterlinge, kleine Salamander, Zikaden und überhaupt die Natur liebt ist hier richtig. Es gibt sogar ein Baumhaus, was lediglich aus einem Plateau in den Baumkronen mit einem Bett darauf und freiem Sternenhimmel darüber besteht: es heißt »View with a room«. 
www.bangkoktreehouse.com, ab 110 Euro.

Camp Wandawega, Wisconsin, USA
Das Baumhaus im Camp Wandawega im US-amerikanischen Staat Wisconsin heißt »Tom´s Treehouse«, weil an seiner Stelle zu Zeiten der Prohibition noch eine Flüsterkneipe, also eine geheime Kneipe stand. Das kleine Resort am See besteht ansonsten aus rustikalen Blockhütten, kleinen Cabins und Tipis, die hübsch den amerikanisches Retro-Spirit versprühen. Der Standard ist einfach, aber mehr »American Spirit« kriegt man sonst nirgendwo. Manchmal kommen Leute vorbei, die schon in den Vierziger- oder Fünfzigerjahren hier Urlaub gemacht haben. 
wandawega.com, auch über airbnb.com, Blockhütte mit drei Schlafzimmer ab 503 Euro pro Nacht, Haus für 9 Personen 914 Euro/Nacht.

Jugendherberge Beckerwitz mit Design-Baumhausdorf und Zeltplatz, Beckerwitz, Mecklenburg-Vorpommern
Günstiger geht's nicht mehr, moderner wahrscheinlich auch nicht. Die Design-Baumhäuser der Jugendherberge Grünwiek nur 800 Meter vom Ostseestrand entfernt sehen aus wie futuristische Waben: Ein Haus besteht aus zwei Schlafwaben und einer Aufenthaltswabe. Das Essen gibt es in der Jugendherberge. 
Bis zu sechs Personen passen in eines der Wabenhäuschen, und das für 99 Euro. www.gruenewiek.de

Chewton Glen House, New Forest, England 
Wer mal sehen will, was architektonisch alles möglich ist in Sachen Baumhausarchitektur reist am besten zu den sechs Baumhäusern des Chewton Glen Hotels, einem Country House, wie es britischer gar nicht sein könnte: mit Fünfuhrtee, Scones, Gurkensandwiches und allem drum und dran. Die Baumhäuser liegen ein paar hundert Meter entfernt vom Hotel in einem Wald, spektakulär modern mit Panoramafronten und Balkonen aus Glas, Hot Tubs und Day Beds auf den Terrassen - und das alles 10 Meter über dem Boden.
www.chewtonglen.com, DZ ab 340 Euro, Treehouse ab 1120 Euro.

Aqua Wellness Resort, Playa Gigante, Nicaragua 
Die Baumhäuser im »Aqua Wellness Resort« in Nicaragua liegen auf einem Hügel im üppigen Tropenwald nur zwei Minuten vom weißen Sandstrand entfernt. Die Baumhäuser haben zum Teil Außenduschen und kleine Pools, alle aber einen Schreibtisch für die Schriftsteller unter den Baumhausgästen. Abends geht man runter zum Strand zur »Retox« Bar, um dort genau das Gegenteil von »Detox« tun. 
DZ ab 74 Euro, www.aquanicaragua.com

Hapuku Lodge, Kaikoura, Neuseeland 
Die Badewannen in den Baumhäusern der Hapuku Lodge bieten Bergpanorama, außerdem gibt es Kamine und Balkone. Abends, wenn man von der Walbeobachtung kommt, wird frischer Fisch serviert, mit Gemüse aus dem Garten. Die Baumhäuser sind sehr viel luxuriöser als der Rest der Lodge, dafür auch viel teurer. 
DZ ab 134 Euro, Treehouse ab 490 Euro, www.hapukulodge.com

Einen guten Überblick über Baumhaushotels weltweit findet man bei Tiny HousesDas Baumhaushotel »Tree inn« im niedersächsischen Dörverden wurde in unserem Artikel »Unheimlich schön« beschrieben.