Vier-Gänge-Menü im Wohnzimmer

Unsere Kochquartett-Kolumnistin ist ein sanfter Mensch, aber eine strenge Lehrerin.

Manchmal stehen plötzlich Gäste in der Küchentür: Ob sie kurz beim Kochen zuschauen dürften? Dürfen sie meistens. Andere bitten gleich um einen ganzen Abend neben dem Herd. Eher schwierig. Für ein Gericht benutzt Maria Luisa Scolastra oft fünf verschiedene Töpfe mit unterschiedlichen Garzeiten, da kann sie nur den Überblick behalten, wenn sie allein gelassen wird. Viele fragen schon vor der Anreise nach einem Kochkurs. Macht Scolastra immer wieder. Sie bittet im Wohnzimmer zum Unterricht. Da ist mehr Platz für Zuschauer, und der Wohnzimmerherd reicht zur Demonstration. Auf der langen Tafel stehen Töpfe, Gemüsekörbe, Pecorino und Schweineschmalz, davor sitzen die Kursteilnehmer, und wehe, einer versperrt die Sicht.

Scolastras Lieblingsgerichte stehen alle in einem alten Kalender des Autoherstellers Citroën von 1979. Es sind großteils Rezepte ihrer Mutter, die Scolastra darin eingetragen hat. Gut, dass sie die Rezepte nahezu auswendig kennt - der Kalender fällt allmählich auseinander. Die Mutter Sandra starb mit 59 Jahren in der Küche, seit 2001 steht Maria Luisa Scolastra allein am Herd. Sie hat durchaus anderes kennengelernt als die Küche ihrer Mutter. Sie hat in Rom eine Sommelierschule besucht und auch backen gelernt, vom Vater weiß sie, wie man Fleisch behandelt, und mit ihrem langjährigen Freund, dem Sternekoch Gianfranco Vissani aus Orvieto, hat sie die berühmtesten Restaurants in Europa bereist. Aber Mamas Küche ist für die Tochter die beste geblieben. Sie hat sie nur leicht modernisiert. »Ich gehe keiner Mode nach, denn ich glaube an ihre Art der cucina povera«, der einfachen Küche.

Gemüse ist ihre große Liebe. Sie hat einen eigenen Garten in der »Villa Roncalli«, so groß wie ein Fußballfeld, und ein richtig großes Feld nicht weit von Foligno. Kann man alles sehen während des Kochkurses. Vier Gänge packt Maria Luisa Scolastra in einen Vormittag. Und erzählt nebenbei, dass man Schweinelendchen heutzutage am besten vier Stunden lang mariniere, weil die Fleischqualität stark abgenommen habe. Dass man Artischockenherzen nicht nur in Zitronenwasser legen, sondern auch etwas Mehl dazu geben solle, das verhindere das Verfärben noch besser. Dass Schweineschmalz den Brotteig geschmeidig mache - und dass »ein wenig Salz« bei ihr »viel Salz« heißt. Den Nachtisch lehrt eine Kellnerin, die abends bedient: selbst gemachte Pralinees. Zum Abschluss wird alles aufgegessen.

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Eine Frau hat den Kurs schon dreimal besucht. Sie sagt, Scolastras Wohnzimmer sei der einzige Ort, an dem sie für kurze Zeit den Tod ihres Sohnes vergessen könne. Bisher kamen viele Italiener. Jetzt veranstaltet Scolastra auch Kurse mit Übersetzung ins Deutsche. Die besorgt ein Zürcher mit Zweitdomizil in Foligno. Er führt nachmittags auch durch den Ort. Abends, nach dem Spaziergang, darf man dann wieder essen.

SCHLAFEN
Villa Roncalli, Foligno. DZ ab 75 Euro.

ESSEN
Degustationsmenü am ersten Abend 50 Euro.

KOCHEN
Aufenthalt jeweils von Sonntag bis Donnerstag mit Unterricht von Montag bis Mittwoch (10 bis 14 Uhr) ab 28. Mai, 25. Juni, 23. Juli, 27. August, 24. September und 22. Oktober für je 240 Euro, inkl. Übernachtung und Essen 620 Euro. Anmeldung: Tel. 0039/ 0742/39 10 91 oder info@villaroncalli.com

Foto: Frank Bauer