Unanständig reich

In den USA sind die Superreichen an der Macht. Sie machen sich daran, die Welt so zu gestalten, wie es ihnen gefällt. Axel Hacke hofft auf eine Revolution.

Was die reichen Leute angeht, so unterteilte man sie früher in Neureiche, Schwerreiche, Steinreiche und Stinkreiche. Das reicht jetzt nicht mehr aus, es ist eine neue Kategorie entstanden, überall liest man davon: die Superreichen. 
Woran erkennt man, ob jemand superreich ist?

Ein wichtiges Kriterium: Donald Trumps Kabinett anzugehören. Je näher man der Wirtschaftspolitik in diesem Kreis kommt, desto mehr Vermögen muss man mitbringen; der Finanzminister Mnuchin wird auf 655 Millionen geschätzt, der Handelsminister Ross auf 2,9 Milliarden. Die gesamte Ministerriege hat so viel Vermögen wie die 43 Millionen ärmsten Haushalte der USA zusammen. Dem Investor Peter Thiel gehören 2,7 Milliarden, er ist einer von Trumps Beratern. Weil er ein dezidierter Anhänger von Monopolen ist und erklärt hatte, Wettbewerb sei etwas für Verlierer, war er in Trumps Übergangsteam für die Besetzung der Kartellbehörde zuständig. »Ich liebe alle Menschen, reich oder arm«, hat Donald Trump kürzlich gesagt. »Aber in diesen speziellen Positionen wollte ich einfach keine armen Menschen.« Hier ist einer meiner zehn Grundsätze für den Umgang mit anderen Leuten: Traue niemandem, der von sich sagt, er liebe alle Menschen! (Über die anderen neun denke ich noch nach.)

Im Deutschlandfunk habe ich gehört, superreich sei man ab 300 Millionen Euro Vermögen. Bitte, woher soll ich wissen, wie viel Vermögen jemand hat? Ich vertraue auf andere Kriterien: Superreich ist für mich, wer nur schwer oder gar nicht mehr in die bürgerliche Gesellschaft integrierbar ist, weil ihm sein Reichtum wichtiger ist als alles andere.

Meistgelesen diese Woche:

Bill Gates halte ich in diesem Sinne nicht für superreich, weil er sich über seine Stiftung und auf anderen Wegen sehr für soziale Ziele engagiert. Warren Buffett halte ich auch nicht für superreich, er hat gerade erst Trumps Gesundheitsreform als Steuerpräsent für sich selbst kritisiert und will den größten Teil seines Vermögens verschenken.

Das ist eine sehr eigenwillige Definition, ich weiß, ist mir aber egal. Superreich sind für mich Leute, die sich zusätzlich zu ihrer Hundert-Meter-Yacht eines dieser neuen U-Boote für elf, zwölf Leute kaufen, mit denen man von der Yacht aus für längere Zeit abtauchen kann. Auch superreich: Wer fußläufig vom abgebrannten Grenfell Tower in London-Kensington ein schönes Haus leer stehen lässt, weil er es nur sehr gelegentlich benötigt oder überhaupt bloß als Kapitalanlage. Im New Yorker las ich etwas über Steve Huffman, den Gründer der Online-Community Reddit, der für den Fall des Weltuntergangs Lebensmittel hortet und dazu Waffen und Munition, um Leute zu erschießen, die auch was essen wollen.

Aufmerksame Leser werden bemerkt haben, dass ich kein Freund des Superreichtums bin. Aber ich möchte verdeutlichend hinzufügen, dass ich nichts gegen Reichtum habe. Ich wäre selbst gerne reich, sogar neureich, schwerreich, steinreich oder stinkreich, meinetwegen alles zusammen. Man kann reich sein und ein anständiger Mensch oder arm und ein Mistkerl.

Was aber die Superreichen angeht, so haben sie gerade in den USA die Macht ergriffen, um noch superreicher zu werden. Manche von ihnen wollen sich sogar künstliche Inseln bauen, damit sie außerhalb der bestehenden Staaten eigene Gemeinwesen gründen können. Andere fürchten sich (so stand es auch im New Yorker) dermaßen vor einer Revolution, dass sie die ganze Welt mit Flucht-Immobilien spicken. Die Superreichen wollen die Welt so gestalten, wie sie ihnen passt, und wenn das nicht gelingt, wollen sie eine eigene Welt haben. Was, diese Leute haben Angst vor einer Revolution? Dann sage ich: nur her mit ihr, endlich!

Illustration: Dirk Schmidt