Y - Yohimbe-Baumrindentee

Eine Erektion muss nicht immer etwas Gutes sein. Die Geschichte eines jungen, experimentierfreudigen Paares, das ein verbotenes Aphrodisiakum überdossiert. (Mit Moral!)

Ich hatte mal einen Freund, nennen wir ihn Christian, und dieser Christian
hatte eine wirklich hübsche Freundin und auch ihr Sexleben war mehr als
okay. Christian und seine hübsche Freundin wohnten in Bielefeld, das liegt
in Nordrheinwestfalen, zweieinhalb Autostunden von der holländischen Grenze entfernt – als junger Erwachsener fährt man da schon mal rüber ins
Nachbarland zum Graskaufen.

Nun bieten viele Coffeeshops neben Cannabisprodukten auch eine ganze Reihe anderer psychoaktiver Pflanzen an: Ephedrin-Kapseln zum Ausgehen („Herbal Ecstasy“), psilocybinhaltige Pilze für das aufgemotzte Naturerlebnis („Magic Mushrooms“, seit kurzem auch in den Niederlanden verboten) und eben Yohimbe-Tee, ein natürliches Aphrodisiakum.

Der Tee wird aus der Rinde des in Afrika beheimateten Yohimbe-Baumes
gewonnen. Sie enthält den Wirkstoff Yohimbin, ein Alkaloid und damit hoch wirksamer Pflanzenstoff, der die Durchblutung in der Leistengegend fördert und ein paar weniger angenehme Nebenwirkungen haben kann. In Deutschland erhält man Yohimbe-Produkte daher nur auf Rezept.
Christian und seine hübsche Freundin nutzten also die Reise in die Niederlande, um sich ein Päckchen dieses Yohimbe-Tees zu kaufen, schließlich solle man alles einmal ausprobiert haben, sagt Christian, der ungern nach Rezept kocht und zu Hause angekommen einen ordentlichen Haufen Rinde in einen Topf löffelt und ziehen lässt. Das Ergebnis: eine torfbraune Flüssigkeit mit buttermilchähnlicher Konsistenz und ziemlich herbem Geschmack – abstoßend wie Bong-Wasser, aber manchmal müsse man eben durch die Scheiße gehen, um Spaß zu haben, denkt Christian.

Meistgelesen diese Woche:

Nach einer dreiviertel Stunde bekommt er dann die Erektion. Nach zwei
Stunden ist sie immer noch da. Auch nach fünf Stunden noch. An Sex ist
dummerweise nicht zu denken. Eine Yohimbe-Erektion fühle sich an wie der Ast eines abgestorbenen Yohimbe-Baumes: hart, aber ohne Leben, resümiert Christian, der zu allem Überfluss zu wach und aufdreht ist, um schlafen zu können, was wiederum an diesem Tee liegen soll. Aber mit so einem Ding vor der Hüfte kann er weder Aufstehen noch auf dem Bauch liegen. Seine hübsche Freundin neben ihm klagt inzwischen über Bauchschmerzen und Herzrasen. Um sechs Uhr, als es schon wieder hell ist, schlafen die beiden endlich ein – glücklich, es überstanden zu haben, und mit der Vorfreude auf ehrlichen Sex am nächsten Abend. Aber, und das rechne ich ihnen hoch an, sie haben das mit den Aphrodisiaka wenigstens einmal ausprobiert.

Schlimmer als Christian und seine hübsche Freundin hat es damals einen
anderen Freund erwischt. Er gönnte sich eine Kanne Yohimbe in Holland auf einem Campingplatz. Und während seine Kumpels nach einer Pilzmahlzeit (siehe oben) kichernd durch die Dünen rannten, schloss er sich notgedrungen in seinem Iglu-Zelt ein.

Warum er sich damals als heterosexueller Single und unterwegs mit einer
Gruppe Jungs als einziger für Yohimbe-Tee entschieden hat, wissen sie bis
heute nicht.