Bad Bank

Wenn es diese eine "schlechte Bank" gibt - das heißt doch, dass alle anderen Banken gut sind. Oder?

Der Begriff ist so klar, dass er im ersten Moment wie ein Witz klingt. Es heißt eben nicht: Temporäre Abwicklungsbank. Oder: Kreditauflösungsinstitut. Das wären so Bezeichnungen, die noch ins normale Weltbild passen würden, bürokratisch und nichtssagend, wie immer, wenn jemand etwas verbergen will. Aber Bad Bank?

»I’m bad, I’m bad, really really bad!«, sagt diese Bank, sie schreit es laut in die Welt hinaus, selbstverständlich mit der Stimme von Michael Jackson. Damit wird klargestellt, dass die Wörter »Bad« und »Bank« eben doch noch zwei unterschiedliche Bedeutungen haben. Eine Bank, die sich selbst so überdeutlich mit dem Schlechten, Faulen und Bösen assoziiert, setzt andere Banken voraus, die noch auf der Seite des Guten stehen. Je schlechter diese eine, neu geschaffene Bank sich selber macht, desto weniger schlecht (um nicht zu sagen vertrauenerweckend) sollen die anderen, älteren Banken daneben wieder aussehen. Praktisch funktioniert das so, dass die Bad Bank jede Menge faule Kredite von anderen Banken übernimmt, die von den Schuldnern vielleicht nie mehr zurückgezahlt werden, vielleicht aber doch irgendwann. Sie geht dabei maximale Risiken ein, die kein vernünftiger Mensch jemals eingehen würde, weshalb am Ende meist unvernünftige Menschen dafür haften müssen, nämlich wir Steuerzahler.

Wir geradezu todesmutigen Steuerzahler laden diesen ganzen Kreditschrott auf unsere schmächtigen Schultern, damit die normalen Banken davon erlöst sind, wieder freies Kapital haben, wieder Geld an Unternehmer verleihen, die Wirtschaft wieder in Schwung kommt und die Schuldner ihre faulen Kredite dann plötzlich wie durch ein Wunder doch noch zurückzahlen können. In diesem Fall wäre die Bad Bank, und also auch wir, aus dem Schneider – so zumindest die Theorie. In der schwedischen Bankenkrise Anfang der Neunzigerjahre, heißt es, habe das sogar mal funktioniert.

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Etwas erst mal wegsperren und dann hoffen, dass sich die Probleme irgendwie von selbst lösen – das ist allerdings keine neue Idee. Die Bad Bank für Straftäter heißt Justizvollzugsanstalt; besondere Abwicklungsinstitute für Terroristen nennen wir Hochsicherheitstrakt oder auch Guantanamo. Die Bad Bank für Kranke heißt heute Isolierstation, früher Pest- oder Leprakolonie. Die Bad Bank für Kühe mit Rinderwahn oder Geflügel mit Vogelgrippe heißt – ups, sorry, die gibt es nicht. Bei Tieren wird nicht lange gefackelt, da wird nicht umständlich zwischen Gut und Böse sortiert – eine Infektion reicht, um den ganzen Laden plattzumachen.

Das ist eine radikale, aber natürlich auch durchschlagende Lösung, die sich mancher heute für infizierte Banken wünscht. Es geht nur leider nicht, weil die sich längst alle gegenseitig angesteckt haben. Der Harvard-Professor Niall Ferguson nennt sie deshalb auch schon »Zombie-Banken«, und wie im Zombiefilm besteht die Gefahr, dass alles Absondern und Wegsperren gar nichts mehr hilft.

Aber wir wollen nicht so negativ denken. Es gibt zahlreiche Beispiele für den Erfolg des Bad-Bank-Prinzips. Zorn oder Frust sperren wir zum Beispiel gern in der Bad Bank unseres Großhirns ein und warten dann einfach, bis sie still und leise verraucht sind – das funktioniert praktisch täglich im Büro, wir werden nur ein bisschen graugesichtig und phlegmatisch dabei. Schlimme Erfahrungen verbannen wir erfolgreich in der Quarantäne unseres Unterbewusstseins, und wenn wir nicht gerade zu irgendwelchen Seelenklempnern gehen, die fahrlässig in unserem Gedächtnis herumwühlen, bleiben sie auch dort und fressen uns nur ein wenig von innen auf.

Und ja, den Urvater des ganzen Bad-Bank-Gedankens, den haben speziell wir Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen: den Big Schlussstrich. Nazis wurden erfolgreich ausgegrenzt, der Rest der Bevölkerung aber sperrte seine schlimmen Gedanken einfach weg, entschlossen wurde nach vorn geblickt – und seither haben wir praktisch nie wieder von dem Problem gehört.