»Her mit den Fan-Fragen!«

Noch nie haben die Frauen in der Redaktion des SZ-Magazins von einem Mann so sehr geschwärmt wie von dem schwedischen Schauspieler Mikael Persbrandt. Natürlich haben wir sofort eine Kollegin zu ihm geschickt.

SZ-Magazin: Herr Persbrandt, natürlich habe ich einen Haufen kluger Fragen für dieses Interview vorbereitet.
Mikael Persbrandt: Oh je.

Aber weil ich ein großer Fan von Ihnen bin und fast alle meine Kolleginnen in der Redaktion auch, habe ich vor allem Fragen an Sie, die uns noch viel brennender interessieren.

Das hieße ja, dass mich in Deutschland sehr viele Leute kennen. Da wäre ich nicht so sicher.

Sie sind in Deutschland noch kein Superstar wie in Schweden, aber alle, die Sie aus der Serie Kommissar Beck kennen, verehren Sie in der Rolle des Gunvald – zynisch, aber gerecht, harte Schale, weicher Kern, einsam. Ach, immer dieser Kommissar Beck. Ich habe über sechzig Filme gedreht und mindestens zwanzig Rollen am Theater gespielt.

Ich weiß.

Ihnen mache ich ja auch keinen Vorwurf, den Deutschen auch nicht, die kennen mich eben nur aus Kommissar Beck. Bloß die Leute hier in Schweden könnten es besser wissen.

Leider konnten nicht alle Frauen aus der Redaktion mit zum Interview nach Stockholm. Zum Trost gibt es aber hier einen Zusammenschnitt des Interviews. Bitte nicht wundern, dass die Kamera ein bisschen wackelt: Wir wären auch nervös geworden, wenn uns dieser Mann gegenüber gesessen wäre.

Sie können sich doch eigentlich glücklich schätzen: In Deutschland hatten wir nur Derrick, da ist Kommissar Beck ja tausendmal spannender.
Sie haben wahrscheinlich recht. Kommissar Beck ist, was es ist: gut gemachtes Fernsehen.

Soll ich Ihnen nun die klugen Fragen stellen oder die Fan-Fragen?

Her mit den Fan-Fragen! Sie sind ja nicht nur Schauspieler, sondern ausgebildeter Balletttänzer. Wir haben uns in der Redaktion ganz oft Ihre Tanzvideos auf Youtube angesehen und uns gefragt: Was muss man eigentlich können, um zu tanzen wie ein junger Gott?
Das weiß ich nicht, vielleicht habe ich auch deshalb die Tanzausbildung abgebrochen. Als Schauspieler kannst du sagen: »Ich liebe dich«, das dauert eine Sekunde. Um diesen Satz zu tanzen, brauchst du eine halbe Stunde.

Mikael Persbrandt ist nicht nur Schauspieler, sondern auch ausgebildeter Balletttänzer. Wie dieses Video beweist.
Sie fahren Auto- und Motorradrennen. Stimmt es, dass schnelle Männer im Kern wahnsinnig romantisch sind?
Sagen wir so: Die Romantik ist bestimmt nicht meine Antriebsfeder. Mich treibt ein und dasselbe Gefühl auf die Bühne und auf die Rennstrecke: Angst. Wenn ich die Angst überwinde, fühle ich mich lebendig. Auf der Nordkurve des Nürburgrings fühle ich mich besonders lebendig.

Sie waren auch Maler, hatten Ausstellungen, bei denen alle Bilder verkauft wurden. Konnten Sie mit Ihren Bildern vor Mädchen angeben?
Selbst wenn, habe ich sie jedenfalls nicht deshalb gemalt. Vielleicht sollte ein Künstler überhaupt nicht wissen, warum er etwas tut. Oft handelt er aus einer inneren Notwendigkeit heraus. Wenn ich abends auf der Bühne stehe, ist das eine Art Therapie. Dabei kann ich das Lampenfieber oft kaum ertragen; vor allem wird es immer stärker, je größer der Anspruch an mich selbst ist. Also, ich finde, das war jetzt eine ziemlich gute Antwort auf eine ziemlich blöde Frage.

Gut, dann kriegen Sie jetzt die klügeren Fragen: Ist Ihre Angst, wenn Sie Filme drehen, ähnlich groß wie auf der Bühne?
Die Bühne ist die Mutter aller Schauspielerei, die Filme sind meine gut bezahlten Geliebten. Aber der Job auf der Bühne ist viel härter als der vor der Kamera.

Sie proben gerade Warten auf Godot am Stockholmer Stadttheater. Und Sie tanzen während dieses Stücks. Warum tanzt ein Kauz wie Wladimir? Heute tanzt er, morgen nicht, vielleicht singt er übermorgen. Wir proben, das heißt also auch, wir probieren alles aus.

Ihr Lieblingssatz aus Warten auf Godot?
Kommen Sie in die Vorstellung und suchen Sie ihn sich selbst aus.

Aber alle Vorstellungen sind doch seit Wochen ausverkauft.
Ich werde da etwas arrangieren für Sie. So, und jetzt möchte ich lieber wieder Fan-Fragen beantworten.

Gern. Eine Kollegin bat mich inständig, nach dem Interview mit Ihnen nicht zurückzukommen und irgendetwas Negatives über Sie zu erzählen. Sie will nichts hören. Jetzt mal ganz unter uns: Gäbe es denn überhaupt etwas Negatives über Sie?
Sagen Sie ihr: Ich sitze hier in der Opernbar und trinke Ginger Ale. Ich wiederhole: Ginger Ale. Und solange ich Ginger Ale trinke, besteht überhaupt keine Gefahr, dass es irgendetwas Schlechtes über mich zu berichten gibt.

64 Filme gedreht, in 21 Theaterstücken gespielt, zehn Hörbücher aufgenommen, neun Zeichentrickfilme, die Sie synchronisiert haben, und Botschafter für UNICEF sind Sie auch noch. Machen Sie nicht ein bisschen viel?
Nicht mehr. Als ich mit dem Job anfing, habe ich ihm zehn Jahre lang alles andere untergeordnet. Ich wollte den Erfolg um jeden Preis. Jetzt habe ich ihn, jetzt trete ich kürzer.

Zum Schluss verrate ich Ihnen noch etwas: In einer geheimen Abstimmung unter meinen Kolleginnen wurden Sie zum ›Sexiest actor alive‹ gewählt, vor Kiefer Sutherland und Daniel Craig. Haben Sie dem was hinzuzufügen?
Sagen Sie Ihren Kolleginnen, sie haben einen tollen Geschmack, sie sind fantastische Frauen. Wenn ich in Deutschland bin, komme ich und küsse sie alle.

Und noch ein Tanzvideo mit Mikael Persbrandt.
Das richte ich natürlich gern aus. Zuletzt waren Sie in Deutschland, um Die Patin mit Veronika Ferres zu drehen?
Zuletzt war ich in Deutschland, um die Nordschleife auf dem Nürburgring zu fahren, davor, um Die Patin zu drehen.

Gibt es einen deutschen Regisseur, mit dem Sie gern drehen würden?
Es gibt drei: Rainer Werner Fassbinder – okay, dafür ist es eindeutig zu spät –, Werner Herzog finde ich toll und Tom Tykwer. Sagen Sie Tom Tykwer, dass ich ihn liebe. Sagen Sie es ihm laut, ja?

Mikael Persbrandt, Schwede, ein Bild von einem Mann, 191 cm groß, 45 Jahre alt, charismatisch; wollte Maler werden, war Taxifahrer, Kellner, brach eine Ausbildung zum Balletttänzer ab, trat die Schauspielausbildung erst gar nicht an. In einem Restaurant sprach er den Schriftsteller und Regisseur Stig Larsson an, sagte: »Ich bin gut, du wirst mich brauchen können.« Er bekam eine Hauptrolle in dem TV-Film »Nigger«. Das war 1990. Inzwischen hat er mehr als 60 Filme gedreht. Bekannt wurde er in Deutschland durch seine Rolle als Gunvald in der Serie »Kommissar Beck«, die im ZDF zu sehen ist. In Schweden ist er ein Superstar, so berühmt und von Paparazzi verfolgt wie bei uns nur Boris Becker.

Marcus Palmquist (Fotos)