Fassen Sie sich ein Herz!

Tausende kranke Deutsche warten auf ein Herz oder eine Niere, doch nur jeder Zehnte würde seine Organe spenden. Woran liegt das?

Auf diesen 44 Zeilen geht es um Leben und Tod. Und um wenig Neues, leider. Im vergangenen Jahr warteten 56000 Europäer vergeblich auf eine Organspende, darunter 12000 Deutsche. Obwohl die Spendebereitschaft in den letzten zehn Jahren um 25 Prozent zugenommen hat, sterben in Deutschland täglich drei Menschen, die auf der Warteliste für ein Spenderorgan stehen. Gleichzeitig kommen jeden Tag 14 Männer, Frauen und Kinder hinzu, die hoffen, mithilfe eines neuen Organs überleben zu können. Im Jahr 2005 betrug die durchschnittliche Wartezeit für eine Niere sechs bis acht Jahre. Dabei schaffen es viele Menschen, die über 55 sind und an Organversagen im Endstadium leiden oder die an Diabetes erkrankt sind, nicht einmal bis auf die Warteliste. Angeblich stehen 80 Prozent der Deutschen einer Organspende offen gegenüber, doch nur etwa zwölf Prozent haben einen Spenderausweis.

1259 Toten wurden im vergangenen Jahr 3925 Organe entnommen, die Zahl der Transplantationen lag jedoch bei 4032. Das heißt: Deutsche Patienten profitieren vom höheren Spendenaufkommen der Europäer. Zur Transplantation eignen sich Niere, Herz, Leber, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm. Die Spendebereitschaft in Deutschland liegt derzeit bei 15 Organspenden pro Million Einwohner, in diesem Jahr rechnet die Deutsche Stiftung Organtransplantation mit 16 Spendern je Million. In den USA liegt die Quote bei 23 Spendern pro Million Einwohnern, in Spanien bei 34. Dort kann jeder Organspender werden, der sich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat. In Deutschland dagegen muss der Spender zu Lebzeiten einer Organentnahme ausdrücklich zugestimmt haben. Voraussetzung zur Organentnahme ist die Feststellung des Hirntods, damit ist eine Wiederbelebung des Patienten medizinisch ausgeschlossen. Krankenhäuser stehen in der Kritik, Patienten und Angehörige nur unzureichend auf Organspenden hinzuweisen. Sie scheuten das Angehörigengespräch, gingen nicht auf potenzielle Spender zu und meldeten diese zu selten. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft konterte Ende Mai mit einer Studie, wonach Kliniken mit großen Intensivstationen das Spendensystem durchaus engagiert unterstützen. Nach der umstrittenen Sendung Die große Spendershow des niederländischen Senders BNN am 1. Juni meldeten sich angeblich 12000 Holländer per SMS, die sich als Organspender registrieren lassen wollten. Es würde wohl genügen, wenn in Deutschland jetzt ein paar tausend Menschen zum Telefon griffen, die kostenlose Nummer 0800/9040400 wählten und sich Informationen geben lassen würden.