Wird schon schiefgehen

Seit einer Woche ist Guido Westerwelle Außenminister - und scheint nicht mal selbst ganz sicher zu sein, ob er das alles packt. Aber völlig egal, um die lästigen Details kümmern sich 7000 Mitarbeiter. Der Chef muss da nur noch ein paar wichtige Regeln lernen

Der erste Auftritt glückte schon mal: Besuch bei Javier Solana, dem EU-Außenbeauftragten.

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Siegerlächeln: Westerwelles Mitschüler am Gymnasium führten ein Schwarzbuch Westerwelle, in dem sie Sprüche notierten, mit denen er sich unbeliebt gemacht hatte. Und auch als FDP-Chef wirkte er manchmal so konzentriert, als gäbe es die Kladde noch immer. Dabei könnte er nun ganz entspannt sein: Der Außenminister gehörte immer zu den beliebtesten Ministern. Selbst als er noch Klaus Kinkel hieß.

Meistgelesen diese Woche:

Sprachkurs: „Mein Verhältnis zur englischen Sprache ähnelt dem zu meiner Frau: Ich liebe sie, aber ich beherrsche sie nicht.“ Das hat Hans-Dietrich Genscher gesagt. Auch Joschka Fischer und Frank- Walter Steinmeier mussten Trainer engagieren, um ihr Englisch zu verbessern. Was Westerwelles Sprachkenntnisse angeht, konnte uns Italiens Außenminister nach dem ersten Zusammentreffen beruhigen: „Er spricht fließend Englisch.“

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Der Handschlag, die Beratung, die Weltläufigkeit

Handschlag: Als Angela Merkel Kanzlerin wurde, munkelten manche, es könnte Probleme geben: Staatschefs könnten sich weigern, einer Frau die Hand zu schütteln. Merkel hat bewiesen: Geschlecht spielt keine Rolle. Nun wurde in Berlin lanciert, ein homosexueller Außenminister könnte für diplomatische Verwicklungen sorgen. Westerwelle darauf: „Ich habe in den letzten Jahren so viele Gespräche mit herausragenden Persönlichkeiten in aller Welt führen dürfen – und glauben Sie mir, es hat nicht ein einziges Mal eine Rolle gespielt, dass ich als Mann mit einem Mann zusammen bin.“

Weltläufigkeit:
Westerwelle war immer Innenpolitiker, jetzt muss er den Nahostkonflikt durchdringen oder die Sicherheitslage am Horn von Afrika einschätzen. Dass er lernfähig ist, hat Westerwelle immer wieder bewiesen. Zuletzt als er die FDP, ehemals Partei der Besserverdienenden, zum Anwalt der sogenannten kleinen Leute stilisierte. Beratung: Dem neuen Minister stehen alte Fahrensleute der Außenpolitik zur Seite: Hans-Dietrich Genscher und Werner Hoyer als Staatsminister im Auswärtigen Amt. Falls denen auch nichts mehr einfällt, weiß Westerwelle, wie man es verkauft: Hinter der Kontinuität der Außenpolitik, sagte er bei seinem Amtsantritt in der vergangenen Woche, stecke keine „Ideenlosigkeit, sondern eine große Erfolgsgeschichte“.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Die weichen Knie

Weiche Knie: Bei seinen ersten Auftritten auf internationaler Bühne wirkt Westerwelle noch sehr angespannt. Dass er aber über starke Nerven verfügt, hat er schon häufig bewiesen. Zum Beispiel als er sich vom Konkurrenten Jürgen Möllemann distanzierte und Wolfgang Gerhardt abservierte.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Das sichere Auftreten

Sicheres Auftreten: Zuverlässigkeit und wenig Hakenschläge – so definiert Westerwelle selbst die Messlatte für seine Arbeit. Das erstaunt – nach all den Volten, die er in seiner Karriere geschlagen hat, vom Guidomobil bis zum Spaßwahlkampf. Aber 28 Prozent der Deutschen haben sich einen Außenminister Westerwelle gewünscht. Das sind immerhin zehn Prozent mehr, als die FDP 1998 nicht bekommen hat.
Foto: afp, Gestaltung: Sebastian Schöbel