Sein Stück vom Kuchen

Harald Schmidt wird morgen 50 Jahre alt. Sein neuer Kollege Oliver Pocher wünscht ihm hier das Beste für die Zukunft – und einen baldigen Ruhestand.

Lieber Harald,
jetzt brauchst Du langsam wirklich einen Föhn, um alle Kerzen auf Deiner Torte auspusten zu können. Mit 50 bist Du nur knapp jünger als alle Bandmitglieder von Tokio Hotel zusammen. Aber das ist ja nicht schlimm. Bruce Willis ist sogar zwei Jahre älter als Du, hat viel weniger Haare und ist trotzdem cool.

Vielleicht ist das aber auch der Unterschied zwischen »Die Hard 4.0« und der »Schmidt Show 07«. Oder vorsichtig gefragt: Warst Du eigentlich je so jung wie Bill Kaulitz heute? Oder warst Du früher mehr Florian Silbereisen in lustig? Wolltest Du irgendwann mal, dass die Weiber Dir Tangas auf die Bühne werfen, oder warst Du immer nur scharf auf den Kulturteil der »FAZ«? Ich fürchte, wenn Du sagst, »ich hab früher viel weggeorgelt«, geht es bei Dir tatsächlich um Musikinstrumente. Du merkst, hier schreibt die Simone Rethel-Heesters in mir. Also die leichte Befürchtung, dass man nebeneinander auf der Bühne steht und der Alte immer noch glaubt, er hat’s drauf, während die anderen denken: »Wann lässt er’s denn endlich bleiben?« Muss ja bei uns nicht so kommen, Harald. Keine Sorge, Du bist ja erst 50 und damit nicht mal halb so alt wie Jopie. Aber was schreibt einer wie ich einem wie Dir zum Geburtstag, wenn nicht etwas Kritisches? Ich sag’s mal so: Hätte Prince Charles seiner Mutter rechtzeitig ans Zepter gepinkelt, wäre er heute sehr wahrscheinlich König. Du verstehst, wo ich hinwill?

Wobei Du für mich weniger Königin Elizabeth bist als vielmehr Kaiser Franz. Beckenbauer hat die WM nach Deutschland geholt, Du die Late Night. Nur: Am Ende steht Ihr beide neben Waldemar Hartmann. Klingelt’s jetzt?

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Auf lokaler Ebene duldet Beckenbauer ja, dass einer wie Hoeneß so tut, als hätte er was zu melden, bei Dir heißt der Hoeneß Andrack, wobei der richtige Hoeneß wenigstens den Vorteil hat, sich für den richtigen FC zu engagieren und Andrack eigentlich auch bestenfalls Rummenigge ist, aber das ist ja nicht das Thema. Aber wo man Dich sonst noch so sieht in letzter Zeit, lieber Harald, das ist – tiefenpsychologisch gesehen – schon viel problematischer: Du gehst aufs »Traumschiff«, spielst mit »Unserem Charly« Affentheater oder sitzt gar neben Gundula Gause im »heute journal«!


Und das eben nicht so, wie sich Beckenbauer zur Not halt auch mal neben Volker Finke oder gar neben den Kerner stellt. Mein Gott, Du stehst da freiwillig! Gut, Bono singt auch mit Campino, aber doch nur, weil er denkt, es wär für einen guten Zweck! Wobei man Dir das natürlich zugutehalten muss: Du bist nie dabei, wenn die anderen das Klima, Afrika oder sonst was Großes retten. Höchstens wenn einem Hochbegabten aus gutem Hause das Stipendium fürs Cembalo gestrichen zu werden droht, dann machst Du schon mal auf Benefiz.

Das finde ich übrigens gut. Wie ich Dich ja insgesamt gut finde, nur um das hier klarzustellen! Aber die vom »SZ-Magazin« haben gesagt, ich soll ruhig auch mal aufschreiben, was mich an Dir nervt, und als Nachwuchsstricher im Medienbordell hab ich ja von Dir gelernt, keine Gelegenheit auszulassen, die Leute zu irritieren. Eine Kolumne von mir in der »YAM« wäre erwartbar, bei drei aufeinanderfolgenden Relativsätzen im Magazin der »Süddeutschen« sind die Leute dann doch verwirrt. Wenn Lagerfeld auf einmal für H&M arbeitet oder RTL plötzlich gutes Fernsehen zeigt, dann sind das diese kleinen, überraschenden Abweichungen vom Normalen, die für Aufmerksamkeit sorgen.

So könnte man ja auch Deine »Traumschiff«-Episode interpretieren. Sollte das also Dein Plan gewesen sein, hab ich nichts gesagt. Sollte es aber eine Trotzreaktion auf mangelndes Zuschauerinteresse sein oder so eine Altersegalheit, müssen wir dringend reden. Denn das würde ja auch ein seltsames Licht darauf werfen, dass Du mich für unsere, äh, Deine Show geholt hast! Aber selbst wenn es so wäre, erwarte ich eh nicht, dass Du mir zuhörst. Nicht in Deinem Alter und mit Deinem Einkommen!

Da perlen Ratschläge an einem ab wie Shampoo an Bob Geldofs Haaren. Man hat ja damals auch nicht erwartet, dass Kohl sich offen für Argumente zeigt, als alle gesagt haben: »Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, Dir so einen jungen, ahnungslosen Hüpfer an die Seite zu holen.« Aber der Hüpfer ist mittlerweile Kanzlerin und somit ebenfalls dick im Geschäft. Insofern seh ich das alles auch ganz gelassen. Zum Schluss aber noch was Positives: Du bist in jeder Hinsicht immer noch knapp zwanzig Jahre jünger als Gottschalk! Also, Kopf hoch, und: HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH, Du halbes Jahrhundert Fernsehgeschichte!
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»Dein« Oliver