»Als Kind fand ich den Stil meiner Mutter sehr schrullig«

Wenn sich Valerie Goad, Designerin, und Plum Sykes, Autorin der »Vogue«, über ihre Familie unterhalten wollen, landen sie immer bei Stilfragen.

    SZ-Magazin: Frau Sykes, Sie arbeiten eine Woche im Monat in New York und sind den Rest der Zeit in London, wo Ihr Mann und Ihre kleine Tochter leben. Bleibt da noch Zeit für Ihre Mutter?

    Plum Sykes: Wir haben uns erst dieses Wochenende gesehen. Sie kam in unser neues Haus auf dem Land, um mit mir die Tapeten auszusuchen. Valerie Goad: Nein, Plum hat sie ausgesucht. Ich sollte sie nur in ihrer Wahl bestätigen.

    Sykes: Stimmt nicht, sie hat die Muster ausgesucht. Meine Mutter hat einen außergewöhnlichen Sinn für Tapeten.

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    Können Sie uns noch ein paar typische Eigenschaften Ihrer Mutter nennen?

    Sykes: Einzigartig, sehr kreativ, sehr stylish, sehr rote Haare.

    Goad: Dank Henna trage ich diese Farbe schon seit über vierzig Jahren.

    Gibt es etwas, was Sie definitiv von Ihrer Mutter geerbt haben?

    Sykes: Die Größe, die schlanke Figur, aber vor allem ihre Kreativität. Schon meine Großmutter war verrückt nach Design – es liegt in der Familie.

    Wie wichtig war denn der Stil Ihrer Mutter für Sie?

    Sykes: Eigentlich habe ich alles über Stil durch meine Mutter und die amerikanische Vogue gelernt.

    Goad: Ich liebe die amerikanische Vogue!

    Sykes: Dieses Magazin lehrt dich, wie du dich als Frau bis zur Perfektion herausputzt. Heute gehe ich auf Empfänge oder Dinnerpartys und weiß, was zu tun ist, um wirklich gut auszusehen – dank der US-Vogue. Sie steht für Glanz und Glossy.

    Goad: So solltest du deine nächsten Kinder nennen. Glanz und Glossy.

    Frau Goad, haben Ihre Tochter und Sie eigentlich einen ähnlichen Modegeschmack?

    Goad: Wir mögen durchaus die gleichen Dinge, aber wir würden nie die gleichen Kleider tragen. Plums Alexander-McQueen-Roben sind traumhaft, aber ich persönlich würde mir darin verkleidet vorkommen.

    Sykes: Dafür kombiniert sie gern Rot und Pink, also sehr à la Yves Saint Laurent. Ich würde das nicht unbedingt anziehen, aber an meiner Mutter finde ich es großartig. Ein Teil, das wir übrigens beide sehr mögen, ist mein Mantel von Chanel …

    Goad: Oh mein Gott, dieser Mantel ist ein Traum …

    Sykes: Er hat diesen grandiosen Schnitt, dadurch sehen die Arme so schön dürr aus.

    Goad: Wir haben doch beide so dünne Arme.

    Gibt es einen Designer, den Sie beide tragen?

    Sykes: Eigentlich nicht. Meine Mutter verehrt Firmen wie Biba, aber das alte Biba! Ansonsten ist sie nicht so ein Markenfan, wie ich das vielleicht bin.

    Goad: Aber wir benutzen das gleiche Parfum, Chanel No 5.

    Wie fanden Sie denn als Kind den Stil Ihrer Mutter?

    Sykes: Ehrlich gesagt: sehr schrullig. Wenn sie mich von der Schule abgeholt hat, wäre ich manchmal gern im Boden versunken.

    Goad: Oh Gott, ich weiß, welches Outfit du meinst. Entschuldigung …

    War es denn derart exzentrisch?

    Sykes: Auf jeden Fall. Alle anderen Mütter sahen aus wie wunderbar blasse Landeier und meine Mutter kam in geringelten Strumpfhosen und ihren enormen Terry de Havilland-Plateaus. Erst als ich mir Jahre später die Fotos von ihr angesehen habe, wurde mir klar, wie cool ihr Stil tatsächlich war.

    Erinnern Sie sich an ein bestimmtes Stück aus dem Schrank Ihrer Mutter?

    Sykes: Das pinkfarbene Jäckchen aus Marabu-Federn und die vielen Kaninchenfell-Kragen. Damit haben wir uns als Kinder stundenlang verkleidet.

    Frau Goad, Sie arbeiteten damals auch schon als Modedesignerin?

    Goad: Ich hatte sogar eine Boutique in London. Und wissen Sie, wer eine meiner treuesten Stammkundinnen war? Plums heutige Chefin, Anna Wintour. Sie war wunderbar und kam immer freitags.

    Sind Sie froh darüber, dass Ihre Tochter heute ebenfalls in der Modebranche arbeitet?

    Goad: Natürlich, aber ich habe sie nie zu irgendetwas gedrängt. Jeder macht im Endeffekt sein Ding.

    Sykes: Na ja, das stimmt ja so nicht. Meine Mutter hat mir schon geholfen. Als ich damals bei der englischen Vogue arbeiten wollte, hat sie dort einfach ihre Freundin angerufen. Und als ich meinen Job bei der US-Vogue bekam, hat es sicherlich geholfen, dass Anna Wintour wusste, wer meine Mutter ist.

    Inzwischen haben Sie selbst eine kleine Tochter. Wie wichtig ist Ihnen Stil bei ihr?

    Sykes: Wenn man sein Kind vom ersten Tag an in Jeans und GAP steckt, wird diese Person auch mit vierzig noch GAP tragen. Ich finde es wichtig, meiner Tochter schon so früh wie möglich einen Sinn für Schönheit mit auf den Weg zu geben. Ich hasse diese reichen Notting-Hill-Mütter, die Unmengen Geld für ihre Handtaschen verpulvern, aber ihre Kinder in billige H&M-Outfits stecken. Wie egoistisch! Das graue Satinkleidchen, das meine Tochter Ursula heute Morgen für das Fotoshooting trug, hat beispielsweise meine Mutter entworfen. Edel und teuer. Ich hatte das Gefühl, dass sie sich darin richtig wohlgefühlt hat.

    Goad: Das hoffe ich doch.

    Plum Sykes schreibt Romane wie »Park Avenue Prinzessinnen« und arbeitete als Assistentin von Anna Wintour für die amerikanische »Vogue«. Heute lebt sie mit ihrem Mann Toby Rowland und ihrer einjährigen Tochter in London und New York. Valerie Goad, 60, ist Modedesignerin und lebt in Kent.

    Valerie Goad in einem Kleid aus ihrer eigenen Kollektion. Tochter Plum Sykes trägt ein Kleid von Dear, Baby Ursula eines aus der Kinderkollektion ihrer Oma.