"Schmeißt die Schule und werdet Popstars. Was Besseres könnt ihr nicht machen"

Die Teenie-Band Take That ist wieder da - höchste Zeit für ein Interview. Und zwar aus dem Jahr 1992.

Nennt uns die eine Erinnerung, die euch aus den Achtzigerjahren geblieben ist.
Gary: (der Musikalische, er ist Leadsänger der meisten Titel und schreibt und co-produziert auch viele davon) Dass John Lennon erschossen wurde.
Jason: (der Sensible – wie der Kinnbart verrät) Die Morde des Yorkshire Rippers. Mark: (der Niedliche – wurde vor Kurzem vom Magazin Smash Hits zum »Most Kissable Man« des Jahres gewählt) Die Explosion des Space Shuttles.
Howard: (der ruhige Dunkelhaarige – ein fantastischer Tänzer) Der Falklandkrieg.
Robbie: (der Witzbold – er bringt ein bisschen Draufgängertum in die Truppe und übernimmt bei manchen Titeln den Sologesang) Ich hab mir eigentlich keine Gedanken darüber gemacht, was so in der Welt vorging, bei mir drehte sich alles nur um den FC Port Vale und Mädels.

Seid ihr optimistisch, was die Neunziger angeht?
Jason: Ich habe einen 14-jährigen Bruder, Sam. Der kennt sich so gut in Umweltfragen aus, dass es praktisch eine Lehrstunde für mich ist, wenn wir zusammen einkaufen gehen. Wenn ich an ihn und auch an unsere Fans denke, dann sehe ich eine junge Generation, die sich sehr mit der Welt, auf der wir leben, beschäftigt. Wenn ich mir das so anschaue, dann kann alles eigentlich nur besser werden.

Warum haben euch die Teenie-Magazine so gehypt? Habt ihr sie bestochen oder so?
Jason: Nein! Für Magazine wie Smash Hits, Fast Forward und alle anderen war es eine große Erleichterung, dass da auf einmal Jungs kamen, die kein Problem damit hatten, in die Kamera zu lächeln, die nicht nur so ernst rumstehen wollten, um möglichst glaubwürdig rüberzukommen, so in der Art: »He, ich lächle nicht, ich hab was zu sagen. Ich bin ein ernsthafter Musiker!«

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Wollen Menschen heute immer noch Popstars werden?
Gary: Ich glaube, Teenager kaufen heute nicht mehr so viele Platten oder lesen so viele Zeitschriften wie früher. Heutzutage gibt es so vieles, für das man sich interessieren kann, Computer zum Beispiel oder Bildung.

Hat die elektronische Tanzmusik dem Pop den Garaus gemacht?
Gary: Sie hat auf jeden Fall in die Hitparaden eingeschlagen und die Art und Weise verändert, wie das Geschäft läuft. Früher hatte das Fernsehen diese Macht, weil man damit viele Millionen Menschen erreichen konnte. Jetzt verteilst du rund um die Clubs einfach eine Promo-Platte, und damit erreichst du sogar noch mehr Leute. Die Dance Clubs haben sich ein riesiges Einzugsgebiet geschaffen – deswegen landen diese Titel, die nie jemand gehört hat, die nie im Radio gespielt wurden, mit einem Mal auf Nummer zwei in den Charts.

Wacht ihr manchmal nachts auf und wünscht euch, dass ihr, sagen wir, bei REM spielen würdet statt bei Take That?
Jason: Nein, uns geht es prächtig hier. Ich mag Indie-Musik, aber nicht unbedingt das Image der Indie-Bands. Das ist meistens ziemlich fad.

Was war die seltsamste Aktion, die jemand gebracht hat, um an euch ranzukommen?
Gary: Nach einem Auftritt in einem Club hat jemand bei der Feuerwehr angerufen und erzählt, in dem Gebäude sei eine Bombe und es müsse evakuiert werden. Nur damit wir rauskommen würden und sie uns abfangen könnten.

Fändet ihr es gut, wenn eure Töchter Bands wie euch nachlaufen würden, hysterische Kreischanfälle inklusive?
Howard: Nein.
Jason: Ich schon, auf jeden Fall. Fan einer Band zu sein ist doch eine gute Sache. Man macht etwas gemeinsam mit Freunden und man gibt Geld für etwas aus und freut sich dran, was viel besser ist, als dafür Drogen oder Zigaretten oder so was zu kaufen.
Robbie: Ich hätte kein Problem damit. Wir Jungs bieten sauberen, anständigen Spaß.

Die Mädchen, die eure Fans sind, kommen aus einer Generation, die mit Madonna aufgewachsen ist. Sind diese Mädchen anders, weil sie dieses Vorbild hatten?
Jason: Es war wohl eher Aids, was die jungen Leute dazu gebracht hat, bewusster mit Sexualität umzugehen, denn mit einem Mal musste man offen über Sex und Verhütung reden. Aber Madonna hat da einen guten Zugang geschaffen, weil sie Fragen aufgebracht hat.

Warum brauchen die Teens euch?
Gary: Viele sind einsam. Manche fallen einem einfach um den Hals und lassen einen schier nicht mehr los. Da spürt man das sehr deutlich.

Was war die beknackteste Frage, die euch je ein Journalist gestellt hat?
Gary: »An welche Farbe denkst du, wenn du das Wort ›Tür‹ hörst?«

Habt ihr es richtig darauf angelegt, Pin-ups für Schwule zu werden?
Gary: Nein, wir haben da nicht speziell auf irgendwas abgezielt. Wir finden, jeder, der uns mag, kann an Bord kommen.
Jason: Ich bin richtig stolz darauf, dass wir schwule Fans haben. Wir kriegen viel Fanpost von schwulen Männern, und ich les die wirklich gern.
Robbie: Ich finde es ziemlich schmeichelhaft, dass sowohl Frauen als auch Männer uns sexy finden. Ein schwules Publikum hat immer gern Spaß, und das gilt auch für uns.

Werden eure Choreografien tatsächlich von »schmutzigen Sex-Teufeln« geschrieben, wie der Daily Star vermutet?
Howard: Wir sind nicht die Art Band, die sich die Hände in den Hosenbund schiebt und an sich rummacht und so. Wenn Journalisten so was schreiben, dann denken die Leute, wir wären wie die Chippendales und würden strippen.

In welcher Band wärt ihr lieber:den Stone Roses, Happy Mondays oder den Inspiral Carpets?
Mark: Bei den Inspiral Carpets. Ich komme aus Oldham, sie sind quasi eine Heimat-Band für mich. Man würde mir die Fresse polieren, wenn ich nicht Inspiral Carpets sagen würde.
Jason: Wir wären natürlich am liebsten einfach die Rolling Stones. Denn Mick Jagger ist ein super Typ.
Robbie: Bei den Happy Mondays. Ich wünsche mir sogar heimlich, ich wäre Bez.

Werdet ihr überleben oder spurlos verschwinden?
Robbie: Man fragt uns andauernd nach unserer Lebensdauer. Wenn wir uns deswegen Sorgen machen würden, würden wir den Job nicht machen, oder?
Gary: Wir wissen, dass es uns immer nur so lange gibt wie unsere nächste Platte, also denken wir natürlich darüber nach, was passiert, wenn die nächste Platte durchfällt.

Welcher Mann in der Popwelt hat den meisten Sex-Appeal?
Howard: Lenny Kravitz. Ich muss hier aber auch Tori Amos nennen, obwohl sie eine Frau ist. Ich hab sie mal im Fernsehen singen gesehen und da hat sie sich auf einem Stuhl so richtig herumgeschlängelt. Seitdem find ich sie toll.
Jason: Prince.
Robbie: Michael Hutchence und Neil Tennant.

Was ratet ihr den Teenagern da draußen?
Robbie: Schmeißt die Schule und werdet Popstars. Was Besseres könnt ihr nicht machen.

Fotos: Getty