Karl Dankert

war vom überzeugten Junggesellen zum Familienmenschen geworden. Als sein Sohn in die Isar stürzte, sprang er hinterher.

Seit dem Tod ihres Mannes Karl lebt Fabricia Dankert, 35, allein mit drei kleinen Kindern in München-Giesing. Andreas Kretschmer, Karls Freund aus Kindertagen, und seine Frau helfen ihr, wo sie können. Fabricia kommt aus Brasilien und versteht das Behördendeutsch oft nicht. Um diese Dinge, sagt sie, hat sich immer Karl gekümmert.

Die Frau: Es war Liebe auf den ersten Blick. Karl und ich haben uns kennengelernt, als ich aus Brasilien zu Besuch bei meiner Cousine in München war. Ein Jahr später, im Dezember 2004, haben wir geheiratet.

Der Freund:
Mit Karl habe ich Motorradtouren gemacht oder bin im Winter durch Asien gereist. Er war Bauspengler wie ich, da hat man in den kalten Monaten viel Freizeit. Karl war ein eingefleischter Junggeselle - plötzlich hat er sich dann zum richtigen Familienmenschen gewandelt.

Die Frau:
Er war ein wunderbarer Vater. Nachts hat er Eisenbahnlandschaften im Wohnzimmer aufgebaut, um die Kinder zu überraschen. Als ich zum dritten Mal schwanger wurde, hat er sich Sorgen gemacht: Er war seit 2004 selbstständig, wir mussten sparen. Aber am nächsten Tag hat er gesagt: Wir schaffen das schon.

Der Freund: Karl ist vor drei Jahren von einem Gerüst gestürzt und hat sich am Rücken verletzt. Fünf gebrochene Wirbel, er konnte ein Jahr nicht richtig arbeiten. Aber ich habe nie erlebt, dass Karl richtig schlecht drauf war.

Die Frau:
Wenn Karl frei hatte, waren wir in der Natur. Er mochte seinen Beruf so, weil er draußen sein konnte.

Der Freund:
So mit zwölf, dreizehn Jahren haben wir mit der Clique an der Isar gespielt - das Münchner Glockenbachviertel war unser Viertel. Dass sie Karl 30 Jahre später dort an der Corneliusbrücke tot aus dem Wasser gezogen haben, das ist hart.

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Die Frau: Am 6. Juni sind wir, wie oft bei schönem Wetter, an die Isar gegangen. Bei der Marienklause haben wir unsere Decke ausgebreitet. Alles ging so schnell. Kevin, unser Zweijähriger, ist ins Wasser gefallen. Karl ist sofort hinterhergesprungen. Ich konnte nichts tun, im achten Monat schwanger. Sie waren so schnell weg, die Isar war reißend an dem Tag, es hatte viel geregnet.

Der Freund: Es war ihm sicherlich klar, dass es schiefgehen kann, er wusste, wie gefährlich die Isar ist. Mit dem kaputten Rücken. Aber natürlich wollte er seinen Sohn retten, was hätte er auch tun sollen? Schrecklich, dass Karl wahrscheinlich nicht mal mitbekommen hat, dass Kevin überlebt hat.

Die Frau: Ich habe mir oft Sorgen um Karl gemacht. Er hat auf hohen Gerüsten gearbeitet und ist schnell Motorrad gefahren. Dass es dann so kommt, konnte ich nicht ahnen. Neben mir am Fluss stand ein Mann und machte Fotos. Er hat nicht geholfen. Ich bin zur Wasserwacht gerannt, habe geschrien. Sie haben nichts gemacht, nur gekuckt.

Der Freund: Eine Woche vorher saßen wir noch zusammen, haben Pläne geschmiedet. Nach Karls Tod war auf einmal nichts mehr wichtig.

Die Frau: Ich habe 14 Tage nach Karls Tod mein Kind bekommen und war nicht krankenversichert. Wenn wir zum Arzt mussten, hat Karl privat gezahlt. Er war stolz darauf, keine Schulden zu haben.

Der Freund:
Fabricia war am Anfang  hilflos. Inzwischen hat sie sich gefangen, Christian ist fünf Monate alt. Traurig, dass er seinen Vater nie kennenlernen wird.

Die Frau: Ich bin Weihnachten in Brasilien. Karl wollte mit, ihm gefiel es. Jetzt fahre ich mit den Kindern allein. Am 8. Dezember wäre unser sechster Hochzeitstag gewesen.

Anmerkung: Der zweijährige Kevin wurde von der Wasserwacht gerettet.

Foto: Privat