Warum wollen Frauen so aussehen wie Blumen?

Beim Blick auf die neuen Modekollektionen fühlt man sich doch wie in einem Gewächshaus.

Gibt es eigentlich Menschen, die Blumen nicht mögen? Falls ja, dann sind sie böse und gefährlich und bestimmt keine Frauen. Nein, Frauen lieben Blumen. Sie wollen sie geschenkt kriegen, kennen ihre Namen, hegen und pflegen sie auf Balkonen und in Gärten mit dieser urweiblichen Hingabe, die sie sonst der leiblichen Nachzucht angedeihen lassen. Sie sind zart und haben leuchtende Farben und gefällige Formen und sie riechen auch meist gut: Blumen sind das Kindchenschema der Botanik.

Und es liegt sehr nahe, dass Frauen sich gern mit ihnen schmücken. Frauen tragen Blumen in den Haaren, seit es Frauen, Blumen und Haare gibt. Es ist ein Kopfschmuck mit erstaunlichen Effekten: Gänseblümchen machen sofort naiv, exotische Blüten erotisieren auch die trockenste Sachbearbeiterin. Frauen schmücken sich mit geblümten Stoffen: weil schöne Dinge meist auch schöne Motive sind. Völlig klar.

Aber man kann es auch übertreiben. Denn will man wirklich aussehen wie eine Blume? Wenn es nach Dior, Nina Ricci oder Marc Jacobs geht, dann ja. Ihre Frühjahrskollektionen sind mehr als nur floral inspiriert, das, was sie uns vorschlagen, ist reinste Mimikry. Warum man das tragen wollen sollte, ist rätselhaft auf mehreren Ebenen.

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Erstens: Natürlich gibt es diesen schmalen Grat zwischen kleiden und verkleiden, mit dem man auch spielt in der Mode, aber versuchen wir nicht meist, ein Kippen ins Kostüm zu verhindern? Nur sehr wenige modebewusste Frauen verkleiden sich als Clown. Oder als Bettwanze. Natürlich, wenn schon kostümiert, dann bitte als etwas Schönes. Aber ein Sonnenuntergang ist auch sehr schön, warum verkleidet sich keine Frau als Sonnenuntergang? Regenbogen?

Zweitens, und vor allem, muss man sich Gedanken machen über die Symbolik. Frauen werden schon seit jeher mit Blumen verglichen. Einerseits schmeichelhaft, denn, ja, zum x-ten Mal, Blumen sind schön – aber eben auch nicht viel mehr. Blumen, und wir meinen ja Blüten, sind passive, empfangende Geschöpfe. Sie locken mit ihrer Schönheit, um bestäubt zu werden. Blumen werden gepflückt, die Jungfräulichkeitsmetapher springt einem ins Gesicht. Blumen verblühen, verlieren damit ihren Sinn und Zweck, sie sterben mit ihrer Schönheit. Blumen mögen, okay, sich mit Blumen schmücken, ja, absolut. Aber wollen wir Frauen wirklich Blumen sein?

Fotos: Accesse