Bei Madoka in Kyoto

Hier kriegt der Gast – anders als die Japaner – sein eigenes Badewasser.


Der Gast steigt in Japan als Erster in die Wanne, aber erst nachdem er sich gründlich außerhalb der Wanne mit Wasser aus einem Eimer gewaschen hat. Danach benutzen die Gastgeber hintereinander die Wanne mit demselben Wasser. Madoka Hirobe ist eine weit gereiste Vermieterin, die weiß, dass Besucher aus dem Westen mit der japanischen Badekultur so ihre Schwierigkeiten haben. Wer mag, bekommt bei Madoka zu Hause in Kyoto sein eigenes Badewasser und darf sich sogar in der Wanne waschen. Madoka Hirobe, 34 Jahre, Mutter eines Sohnes, drei Jahre, Ehefrau von Koichi, 33, ist überhaupt ein Glücksfall für jeden, der das eine Gästezimmer mietet. Madoka hat in Australien und Berlin gelebt, sie spricht Englisch, das ist sicher nicht die Regel bei den 1400 japanischen Familien, die Europäern eine Privatunterkunft anbieten. Madoka kocht großartig. Sie stört sich nicht daran, dass ihre Gäste auch mal nach Mitternacht kommen. Das Nachtleben in der alten Kaiserstadt Kyoto mit unzähligen Karaoke-Bars und einem echt bayerischen Biergarten mit echt japanischen Geisha-Schülerinnen ist schließlich kurios.

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Madoka beschwert sich selbst dann nicht, wenn sie das Parfum eines Gastes stört, da ist sie wieder ganz zurückhaltende Japanerin. Ihrem Sohn Kumpei ist diese Zurückhaltung noch fremd. Wen er mag, den weckt er morgens, und Ausländer mag er meist lieber als Japaner. Ihr Mann Koichi ist auch eher atypisch: Er kommt selten nach sieben Uhr abends von der Arbeit bei einer Versicherung, und er häkelt Mützen, die er auf Flohmärkten verkauft oder verschenkt. Schließlich das Haus, auch eher untypisch: 160 Quadratmeter groß, ruhig gelegen, mit kleinem Garten und Gurken im Beet, und dennoch nur 20 Minuten von Kyotos Altstadt entfernt. Seit drei Jahren gibt es den Homestay-Verbund in Japan, man kann ganz Japan durchreisen, von einem Homestay zum nächsten. Im Preis inbegriffen: eine Liste mit wichtigen Verhaltensregeln, auch für die Badewanne.

Kontakt: www.homestay-in-japan.com. Nach einer einmalig zu zahlenden Anmeldegebühr von 150 Euro können in ganz Japan beliebig viele Übernachtungen bei Gastfamilien für 55 Euro inklusive Abendessen gebucht werden.

Fotos: Lars Reichardt, Reuters; Illustration: Serge Bloch