Das Beste aus aller Welt

Vom Welttoilettentag bis zu Saddams Arschbacke – Axel Hacke kämpft sich durchs Dickicht der humanen Klobalisierung.

Nun ist November. Das Jahr geht zu Ende und alles Mögliche andere auch. Die Erde hat jetzt sieben Milliarden Bewohner, das kann nicht gut sein, ganz Europa ist furchtbar in den Miesen, das geht auch nicht lange so weiter, und warum ist eigentlich mein Husten so zäh?

Vielleicht sollte man eine Weltnovemberorganisation grün-den, deren Mitglieder sich am Weltnovembertag dem feuchtkalten Grauen des Lebensnebels hingeben, einer großartig tristen Melancholiefeier, bei der Aufzeichnungen von Spielen des TSV 1860 gezeigt und Protokolle von FDP-Vorstandssitzungen verlesen werden. Bruno, mein alter Freund, sagt, er würde eine Dia-show seiner zehn traurigsten Kontoauszüge beisteuern.

Am 19. November ist Welttoilettentag, das passt auch irgendwie. Anlässlich dessen wird in Hainan/China der World Toilet Summit veranstaltet, zum zehnten Mal, das jährliche Gipfeltreffen der Welttoilettenorganisation WTO, wobei WTO auch World Trade Organization oder World Tourism Organization bedeuten kann, es gibt einfach nicht mehr genug Abkürzungen für all die Weltvereine. Die Weltnovemberorganisation würde sich WNO abkürzen, aber WNO heißt schon Welsh National Opera, Wiener Nachrichten Online oder Wabanong Nakaygum Okimawin, die beschäftigen sich anscheinend mit nachhaltiger Entwicklung in Manitoba/Kanada, was fragt ihr mich dauernd?, ich weiß es doch auch nicht.

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Der Welttoilettentag jedoch ist ein schönes Beispiel für Größe und Abgrund des Menschen, für das Nebeneinander von bestem Willen und größter Albernheit.

Denn einerseits ist es ja ein überaus ernstes Problem, dass fast die Hälfte der Menschheit nicht nur keinen Zugang zu anständigen Toiletten hat, SONDERN ÜBERHAUPT KEINE KLOS, eine ganz und gar inhumane und für unsereinen überhaupt nicht vorstellbare Situation. Andererseits schlug man uns tatsächlich schon vor, gegen dieses Problem mit einer Protestform namens The Big Squat, das große Hocken, vorzugehen. Das heißt, wir sollen uns gemeinsam in aller Öffentlichkeit für eine Minute hinkauern, um für eine bessere sanitäre Erschließung der Welt zu demonstrieren – eine Geste für, ähem, humane Klobalisierung und inkontinentale Zusammenarbeit.

Einerseits kämpft die German Toilet Organization (GTO, das ist aber auch der Flughafen-Code für Gorontalo/Indonesien, wie MUC für München) gegen die wirklich unmenschlichen Sauereien auf vielen deutschen Schulklos. Andererseits jammern deutsche Bürger, wenn sie auf einer Autobahnraststätte siebzig Cent für eine saubere Toilette abdrücken sollen. Und dann gibt es, wie könnte es anders sein?, natürlich Webseiten wie gratispinkeln.de oder lootogo.de, mit deren Hilfe man in jeder Stadt das nächste menschenwürdige Pissoir findet, inklusive Benotung durch diesen und jenen Vorgänger. Der Betreiber führt in seinem Blog sogar interessante WC-Spülungen in Barcelona vor – ach, du liebes Internet …

Einerseits ein Wahnsinn, womit die Leute ihre Zeit vertun. Andererseits doch schön, dass jeder anal noch so Fixierte irgendwie seinen Platz in der Welt und eine Aufgabe findet – und wenn es Toilettentesten in Barcelona ist.

In Großbritannien ist vor Kurzem wieder ein Stück jener Statue Saddam Husseins versteigert worden, die im April 2003 mithilfe eines US-Panzers in Bagdad vom Sockel gerissen wurde. Bereits vor sieben Jahren war ein linkes Bein jenes Denkmals angeboten worden. (Neben einem Internetbericht über dieses Ereignis findet sich tatsächlich die Google-Anzeige für »Prothesis-Beinprothesen: Mit uns stehen Sie mit beiden Beinen bequem im Leben«). Die Auktion musste dann abgebrochen werden, weil ein Hackerangriff die Computer des Auktionshauses lahmlegte. Diesmal war ein Bronzestück aus Saddams Hintern im Angebot, zwanzig Quadratzentimeter, von einem ehemaligen britischen Soldaten sauber aus dem Gesamthussein herausgemeißelt. Wer’s gekauft hat? Ich war’s nicht. Möchte man Saddams Arschbacke im Haus haben? Als Aschenbecher auf dem Klo vielleicht. Aber ich rauche ja nicht.

Illustration: Dirk Schmidt