Und nun zum Wetter

Wir stellen Ihnen jede Woche junge, talentierte Fotografen vor. Diesmal: Simon Zangger, der die Schweizer Wetterpropheten auf ihren Almen besuchte.

Name: Simon Zangger
Geboren: August 1990 in Zürich
Ausbildung: Fotofachausbildung in Zürich
Homepage: www.simonzangger.com

SZ-Magazin: Herr Zangger, wie sind Sie auf die Wetterpropheten gestoßen?
Simon Zangger: Vor mir hat Schweiz Tourismus schon einen Spot mit Martin Horat gedreht, in dem er mittels der Dicke der Ameisenschenkel den Schneefall für den Winter bestimmte. Außerdem existiert ein Dokumentarfilm von 2010, die "Wätterschmöcker". Danach habe ich versucht Fotos der Wetterpropheten zu finden und bin nur auf wenig Material gestoßen. So entstand die Idee eine Porträtreihe der Muotathaler Wetterfrösche aufzunehmen.

Waren sie leicht aufzuspüren?
Überhaupt nicht. Nach ein paar Recherchen wusste ich grob, wo ich suchen musste. Ich habe im Dorf rumgefragt, weil keiner von ihnen eine Hausnummer hatte. Dann hieß es: "Der wohnt im letzten Haus am Weg". Nehmen wir Karl Reichmuth, mit der Pfeife im Mund. Den habe ich erst beim dreißigsten Anruf am Telefon gehabt. Auf der Alm ist man eben viel draußen bei den Tieren oder im Wirtshaus.

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Und wie sagen sie das Wetter voraus?
Da hat jeder seine eigenen Methoden - und vor allem Berufsgeheimnisse.Alois Holdener, der "Tannzäpfler", beobachtet die Tannenzapfen. Sie schließen sich bevor es zu regnen beginnt. Karl Hediger, der "Naturmensch", studiert Schnecken und Holz. Der 85-jährige Peter Suter, der "Sandstrahler", markiert Astgabeln mit Strichen und verfolgt, wie sie sich im Laufe der Zeit verformen. Er interpretiert auch den Wasserstand und Klang von Flüssen. Martin Holdeners Vater war Mausefänger. Deshalb kennt "Musers" sich besonders gut mit den Feldmäusen aus und studiert ihr Verhalten. Karl Reichmuth, der "Steinbockjäger", beobachtet vor allem die Füchse im Wald. Und der "Wettermissionar" Martin Horat verfolgt die Bewegung der Ameisen und riecht den Schnee.

Wo treffen sie sich zum Verkünden der Wetterprognosen?

Vor 65 Jahren wurde der Meteorologische Verein Innerschwyz gegründet. In einer Generalversammlung treffen die sechs dann ihre Halbjahreprognosen zum Schweizer Wetter. Der Meteorologe mit der genauesten Vorhersage bekommt einen Wanderpokal. Sie nehmen das Fällen der Prognosen sehr ernst, obwohl sie sie mit viel Witz verkünden - das lockt jedes Mal bis zu 4000 Zuschauer an.

Alle "Wetterfrösche" leben auf ihren Almen im Muotathal weit ab von der Stadt - Sie selbst kommen aus Zürich. Wie verlief ihre Begegnung?
Es war ein ganz besonderes Erlebnis. Einige von Ihnen waren noch nie in der Stadt - ich wusste, dass sie nie zu mir ins Studio gekommen wären. Als ich Martin Holdener fotografiert habe, konnte der gar nicht fassen, dass ich ihn nicht vor den Alpen bei Sonnenschein aufnehmen wollte, sondern in seinem alten Stall. Das war sowieso lustig, weil seine Kuh ihren Kopf ständig ins Bild reckte. Als Stadtmensch, bin ich davon ausgegangen, die Fotorequisiten schon irgendwie in der Natur zu finden. Dass es im Dezember aber kaum Ameisen gibt, wüsste ich nicht. Martin Horat hatte ein paar tote aufgehoben, die wir ihm dann mit Honig ins Gesicht geklebt haben. Weil die Räume seines Hauses zu niedrig zum fotografieren waren, haben wir die Aufnahmen draußen gemacht. Die Bilder sind so geworden, wie sie sind, weil alle sehr spontan waren.

Glauben Sie an das Können der Wetterpropheten?
Ja, auf jeden Fall. In dieser Region ist das Wetter das A und O - die Kenntnisse beruhen auf ihren Erfahrungen. Außerdem haben sie über die Jahre eine gute Quote erreicht.

Wie wird denn jetzt das Schweizer Wetter?
Alle haben einen schneereichen Februar vorausgesagt. Im Einzelnen unterscheiden sich die Prognosen aber.

Wie kommt es, dass die Bilder so homogen aussehen, obwohl sie an unterschiedlichen Orten aufgenommen wurden?
Ich wollte, dass die einzelnen Charaktere herauskommen und habe deshalb den Hintergrund durch ein weißes Blatt Papier ersetzt. Fotografiert habe ich mit einer 50mm Festbrennweite und mit einem zusätzlichen Blitzlicht in einer Softbox. Deshalb hat der Betrachter keine Ahnung, dass wir im Stall, vor dem Haus oder an der Straße geschossen haben.

Sie zeigten Ihre Bilder auf der photo12 in Zürich - war das Ihre erste Ausstellung?
2010 ist eines meiner Bilder unter die besten zehn beim Hasselblad Junior Contest gekommen und wurde auf der photo10 ausgestellt. Eine Fotoserie habe ich aber zum ersten Mal gezeigt. Auch eine TV-Station aus Zürich hat einen Beitrag über meine Arbeit gemacht - und dafür haben wir sogar Martin Horat von seiner Alm in die Stadt locken können.

Unser Fotograf Simon Zangger sucht derzeit übrigens nach einer Foto-Assistenz. Den Kontakt finden Sie auf seiner Homepage.