Hart, aber fair

Fußball? Wer redet von Fußball? Die Hooligans von heute treffen sich kaum noch im Stadion, sondern im Wald. Einblicke in eine Welt voller Gewalt – die dennoch klare Regeln kennt.

Es gibt Männer, die kotzen beim ersten Mal vor Aufregung. Andere laufen im letzten Augenblick weg, irgendwo in den Wald hinein, und lassen sich danach nie wieder blicken. Und es gibt welche, die trotz weicher Knie weiterkämpfen. Die dürfen, wenn sie später noch können und wollen, zum nächsten Kampf wiederkommen. So einfach ist das. So einfach und so fremd.

Hooligans sind längst nicht mehr nur radikale Fußballfans, die am Spielfeldrand auf gegnerische Fans einprügeln. Das Geschehen hat sich von den Stadien wegbewegt. Weil die Hooligans vorbestraft sind, weil sie im Stadion zu genau beobachtet werden oder weil sie sowieso Stadionverbot haben. Und da sie auf die Gewalt nicht verzichten wollen, treffen sie sich eben woanders, um zu kämpfen. In der Natur. Auf einem Feld, im Wald.

Wer schon einmal so einen Kampf im Freien gesehen hat, der weiß, warum da selbst erfahrene Schläger nervös werden. Ganz langsam und schweigend bewegen sich die beiden Gruppen aufeinander zu, mal sind es nur 15, mal 50 Mann pro Seite. Ganz vorn laufen die schwersten Kerle. »Die stoppen den Aufprall«, erklärt Mirko. Er selbst läuft immer in der zweiten Reihe, »bei den Technikern«. Das Ganze ist klar strukturiert, »wie bei den römischen Legionen«. Erst auf den letzten Metern kommt das Kommando des Anführers: »Doppeldeckung hoch« – Fäuste vors Gesicht, Ellbogen zusammen. Dann folgt der Aufprall. Im wörtlichen Sinne.

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Ein typischer Kampf ist schnell vorbei, nach 30, manchmal 60 Sekunden. Aber was man in dieser Zeit erlebt, ist eine Dimension von Brutalität, die »einfach anders« ist, sagt Mirko. »Ein höheres Level.«

Das Treffen mit Mirko und Adrian findet in einer Bar statt. »Schreib: in einer großen deutschen Stadt«, sagen die beiden gleich zu Anfang, bitte keinen Ortsnamen nennen. Und natürlich heißen sie auch nicht Mirko und Adrian. Sie sind Hooligans. Keine ehemaligen, die ihre Memoiren verkaufen wollen, sondern aktive »Krieger«, wie sie sich selbst nennen. Kein einfaches Gespräch. Die beiden Männer sind misstrauisch. Erst nach unzähligen Kontaktversuchen und fast zwei Monaten Warterei sind sie bereit, etwas von sich zu erzählen. Es soll um Gewalt gehen, um Schmerzen und Adrenalin. Und um die Frage, warum sich manche Männer ein Leben ohne all das nicht vorstellen können – und dafür sogar bereit sind, ihren Beruf, ihre Familie und ihre Freiheit zu riskieren. Mirko und Adrian bestellen Wein und Tee und nennen noch eine Bedingung: »Keinen Scheiß schreiben!« Man kenne sich ja jetzt.

Was die Männer dann über sich und ihr Leben erzählen, erst in Andeutungen, dann immer offener, hat mit dem Bild, das die meisten Menschen von Hooligans haben, nichts zu tun. Stadionschlägereien, Vollsuff und Randale vor Publikum – vorbei. Nicht, weil’s nicht schön wäre, noch mal wie früher auf den Putz zu hauen. Sondern weil es inzwischen ganz andere Nervenkitzel gibt. Auf dem »Acker«, also in der freien Natur, weit weg von Polizei und Passanten.

Das Erste, was auffällt, ist, dass die beiden Männer eigentlich überhaupt nicht auffallen. Mirko ist ein großer, schlanker Mann mit einem freundlichen Jungsgesicht. Wie ein gewalttätiger Mensch sieht er nicht aus, eher wie jemand, der einfach viel Sport treibt. Er ist schon Ende dreißig, ein Veteran der Szene. Adrian ist Mitte zwanzig und erst seit zwei Jahren dabei. Er ist so klein und drahtig, dass man sich kaum vorstellen kann, wie er lange auf dem »Acker« überleben soll. Den Eindruck hätten viele, sagt er und lächelt. »Das ist ja das Schöne.« Wie oft er sich im Leben schon geprügelt hat, weiß er nicht mehr. Ein paar Hundert Mal vielleicht, sagt er.

Den schönsten Nervenkitzel beschert der Marsch ins Gefecht

Das harmlose Erscheinungsbild ist nicht das Einzige, was irritiert. Da ist die Sache mit dem Fußball. Der Sport, sagt Mirko, spielt kaum noch eine Rolle. Sicher, es gibt noch immer Hooligans, die für einen Club brennen, aber das sind längst nicht mehr alle. Wenn ihre 50 Mann starke Gruppe im Alter von 17 bis Ende 30 gegen eine andere Gruppe aus Deutschland antritt, dann nicht für den heimischen Verein, sondern für die Heimat selbst: »Wir sind Stadtpatrioten.«

Adrian nickt. Er sagt, ihn interessiert auch nur »die Hauerei«.

Die nächste Irritation: Der jüngere der beiden Hooligans ist dunkelhäutig. Ob er deshalb keine Probleme hat? Zwischen all den prügelnden Neonazis, von denen in jedem zweiten Artikel über Hooligans die Rede ist? Ach was, sagt Mirko, dessen Eltern ebenfalls nicht aus Deutschland stammen. Wenn, dann gibt es auf dem »Acker« höchstens mal einen Spruch, »Ölauge oder Kanacke oder so« – und das auch nur von Gegnern, die Adrian nicht kennen. Wer einmal gegen »unseren kleinen Allrounder« gekämpft hat, hält beim nächsten Mal den Mund.

Muay Thai, klassisches Boxen, Grappling: Adrian trainiert seit Jahren fast täglich Kampfsport, auch für Wettkämpfe. Deshalb ist er vor zweieinhalb Jahren auch gefragt worden, ob er nicht mal vorbeischauen wolle. »Bei der Gruppe.« Seine Premiere war eine Pleite, sagt er. Er und die anderen haben zwei Stunden lang auf einem windigen Hügel irgendwo in Nordrhein-Westfalen gestanden und gewartet. Die Gegenseite sei einfach weggeblieben, vermutlich, weil sie nicht genügend Kämpfer zusammenbekam. Peinliche Sache, sagt er. So etwas spricht sich rum. Ein halbes Jahr später hatte er dann Glück. Der Gegner trat an, sogar mit vier Mann mehr. Adrian nippt am Tee und grinst übers ganze Gesicht: »Wir haben sie trotzdem weggehauen.« Ja, sagt Mirko. Ein Sieg in Unterzahl, das ist etwas Besonderes.

Dass die Sprache der Hooligans so sportlich klingt, ist kein Zufall. Ein »Ackermatch«, also eine organisierte Schlägerei im Wald oder auf einem Feld, ist so straff organisiert wie ein deutsches Vereinsturnier. Vor dem Kampf, erklärt Mirko, gehen die Chefs der beiden teilnehmenden Gruppen das Gelände ab. Dabei werden auch herumliegende Steine oder dicke Äste weggeräumt – »damit die, die umgehauen werden, sich nicht den Schädel brechen«. Als Nächstes wärmen sich beide Seiten etwa eine halbe Stunde lang getrennt voneinander auf. »Wie im Boxclub«, mit Liegestützen und Schattenboxen. Und schließlich beginnt das, was jedem Neuling »die schlimmste Angst« und Mirko selbst »den schönsten Nervenkitzel« beschert: der Marsch ins Gefecht.

Damit die Schlägerei nicht völlig außer Kontrolle gerät, gelten auch auf dem Acker ein paar Regeln, sagt Mirko. Mundschutz, Bandagen und Lederhandschuhe sind erlaubt, Waffen tabu. Wer beim Match am Boden liegt, wird in Ruhe gelassen. Nur wer dann noch mal aufsteht, »klar, der kriegt’s halt wieder«. Verlierer ist die Gruppe, die für alle Beteiligten erkennbar im Nachteil ist. Das ist dann der Fall, wenn in einem Lager irgendwann deutlich mehr Kämpfer auf den Beinen stehen als im anderen.

Welche Gruppe verliert, ist allerdings weniger wichtig als die Frage, wie sie verliert, sagt Mirko. »Wer sich nach der ersten Runde noch mal neu aufstellt, obwohl er in Unterzahl ist und vielleicht ’ne gebrochene Nase hat, der hat meinen Respekt.« Es geht nicht um Hass, ergänzt Adrian: »Es geht darum: Bist du ein Krieger, oder bist du keiner?«

Echte Hooligans suchen Gleichgesinnte – Gegner, keine Opfer

Krieger. Ehre. Treue. Tapferkeit. Solche aus der Zeit gefallenen Wörter nehmen beide immer wieder in den Mund. Wer weiß, vielleicht ist das am Ende auch ein Faktor, der mit darüber entscheidet, ob ein Mann für diese Form von Gewalt anfällig ist oder nicht: der Wunsch, ernsthaft an einem Bild von Maskulinität festzuhalten, das in der sogenannten Mehrheitsgesellschaft längst verpönt ist.

Auch das, was Mirko und Adrian über ihre Gruppe und die Gruppen aus anderen Städten sagen, klingt archaisch. »Wie Armeen« seien die aufgebaut, sagt der Ältere, mit einer klaren Hierarchie. An der Spitze steht der Anführer, in der Regel »der erfahrenste und härteste Hauer«. Darunter gibt es, zumindest bei ihnen, noch einen fünfköpfigen »Rat«, der von allen Mitgliedern gewählt wird und aus Männern besteht, die lange dabei sind oder sich »einfach bewiesen« haben. Und alle trainieren einmal pro Woche zusammen in einer angemieteten Turnhalle: »Aufpralltraining, Taktik, Liniehalten, Nachrücken, Kraftausdauer, Schlagtechniken, Bodenkampf«. Eine fast ganz normale Sportstunde.

Wer nachvollziehen will, warum diese Männer tun, was sie tun, muss wissen, dass es zwei Sorten von Geschichten über Hooligans gibt. Die erste Sorte erzählt von Gewalt und reaktionären Männlichkeitsriten. Sie wird in der Regel von Behörden publiziert oder von Journalisten geschrieben, die Angst um den Fußball haben. Die zweite Sorte ist freundlicher. Hier sind Hooligans einfach Kerle von der Straße, die einen Ehrenkodex aufrechterhalten. Solche Geschichten sind vor allem in Großbritannien beliebt, dem klassischen Zentrum des hooliganism. Beispiele sind Bücher wie Terrace Legends – Legenden der Stehränge oder Filme wie Rise of the Footsoldier, die Titel sprechen für sich.

Es gibt auch deutsche Ableger. Zum Beispiel das Werk des früheren Polizisten Stefan Schubert, der beinahe ein Jahrzehnt lang bei der »Blue Army Bielefeld« mitmischte, schließlich ertappt wurde und aus dem Staatsdienst ausschied. Er hat ein Buch über sein Doppelleben geschrieben, es trägt den durchaus ernst gemeinten Titel Gewalt ist eine Lösung.

Bei Schuberts einstigen Kollegen klingt das erwartungsgemäß anders. Polizeioberrätin Katja Kruse sagt: »Wir beobachten in der Hauptsache, was sich im Stadion, im Stadionumfeld und bei der An- und Abreise abspielt. Und da bewegt sich die Gewalt auf einem stabil hohen Niveau.« Die 46-Jährige ist stellvertretende Leiterin der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) in Duisburg. Die Behörde sammelt seit zwei Jahrzehnten Informationen über Ausschreitungen im deutschen Fußball. Bekannt ist sie vor allem für ihre Datei »Gewalttäter Sport«, die in der Saison 2010/2011 fast zehntausend Namen umfasste. 7240 davon fielen in die sogenannte Kategorie B, 2445 in die Kategorie C. Der Buchstabe B steht für »gewaltgeneigt«; gemeint sind Sportfans, die zwar nicht mit dem Vorsatz, sich zu prügeln, zu einem Spiel gehen, im Ernstfall aber zulangen. »Kategorie C« steht für »gewaltsuchend«. Das Polizeikürzel wird oft einfach als Synonym für Hooligans verwendet.

»Zu Unrecht«, schimpft Mirko, der Veteran vom Acker. Wenn es in deutschen Medien um Gewalt beim Fußball gehe, dann sei stets nur von »Hooligans hier, Hooligans da« die Rede. Dabei seien es immer öfter die angeblich so harmlosen und fantasievollen Ultras, die für Ärger sorgten und Unbeteiligte in Gefahr brächten: »Wir gehen nicht besoffen ins Stadion, wir spielen nicht mit Pyrotechnik rum, wir hauen uns nicht da, wo Kinder und Frauen stehen.« Echte Hooligans suchen Gleichgesinnte, sagt Mirko: »Gegner, keine Opfer.«

Die Polizistin Katja Kruse gibt zu, dass die Milieus keineswegs so scharf zu trennen sind, wie es viele gern hätten. »Wir unterscheiden in der Statistik nicht zwischen Ultras und Hooligans, sondern nur zwischen Fans der Kategorien B und C«, sagt sie. »Eine Minderheit der Ultras ist fasziniert von der Gewalt der Hooliganszene und sucht den Anschluss.« Und da, wo die Polizei gegen Ultras vorgeht, zum Beispiel weil Pyrotechnik im Stadion eingesetzt wird, »erleben wir ebenfalls oftmals eine sehr hohe Aggressivität«.

Über die Zahl der Schlägereien deutscher Hooligans, die heute fern der Fußballstadien auf dem Acker organisiert werden, gibt es keine Statistik. Die Beamtin will sie nicht einmal schätzen. »Wir versuchen natürlich, Erkenntnisse über solche Treffen zu sammeln, aber die Gruppen agieren sehr, sehr konspirativ.« Vielleicht ist die Polizei auch immer noch zu sehr auf die Ereignisse in den Stadien konzentriert. Auch wenn sich die Zeiten längst geändert haben.

Die »Matches«, die inzwischen jedes Wochenende irgendwo stattfinden, werden von langer Hand geplant. Auf welcher Lichtung oder auf welchem Waldweg die Gruppen aufeinandertreffen, vereinbaren die Anführer, dann erfahren es nur die Teilnehmer selbst. Wenn überhaupt, ist nicht mehr als eine Handvoll Zuschauer dabei, erklärt Mirko, in der Regel kampfunfähige Mitglieder oder befreundete Sanitäter, die Bandagen und Eisspray bereithalten.

Das, was wir tun, tun wir, weil es ein Teil unserer Natur ist

Wie viele Knochen er und Adrian bei ihren Matches schon zerhauen haben, wissen sie nicht mehr. Er selbst hat sich in den Jahren auf dem Acker einmal die Nase und einmal die Mittelhand gebrochen, sagt Mirko. Ein andermal war der Kiefer ausgehängt. Er verzieht kurz das Gesicht: »wirklich nicht angenehm«. Wer verletzt ist, wird nach dem Kampf ins Krankenhaus gebracht. Die Ausreden können die Männer so überzeugend wie routiniert aufsagen. Sportverletzung, zum Beispiel. Oder, auch beliebt: blöd gefallen. Schwierig wird’s nur, wenn bei der Einlieferung ein Dutzend verdreckter und blutender Männer im gleichen T-Shirt vor der Krankenschwester stehen.

Das Versteckspiel der Hooligans von heute ist nicht nur eine Folge der Polizeipräsenz und Kameras in den Stadien. Ein »ambitionierter Kämpfer«, sagt Mirko, hat irgendwann einfach zu viel auf dem Kerbholz, um sich noch mal erwischen zu lassen. Der passionierte Boxer weiß, wovon er spricht. Er war selbst bis vor Kurzem »unfreiwillig inaktiv«, wie er es nennt. Ein Gefängnisaufenthalt. Und nicht nur ein paar Monate. »Ernste Sache«, sagt er. Sehr ernst sogar. Mirko erzählt zwar, was damals passiert ist, aber er will darüber nichts in der Zeitung lesen. Die Sache habe mit dem Acker und der Gruppe »absolut nichts« zu tun.

Auch für Adrian sind Diskretion und Disziplin der Gruppe kein Selbstzweck. Er saß zwar noch nicht im Gefängnis, aber ein paar Verurteilungen hat er auch schon auf dem Buckel. Der Mittzwanziger macht gerade sein Abitur nach, danach will er Sportmanagement studieren. Ein weiteres »Im Namen des Volkes« wegen Landfriedensbruchs oder Körperverletzung – die typischen Straftatbestände von Hooligans – kann er »wirklich nicht gebrauchen«. Bei Mirko, der zurzeit eine Ausbildung »im Sportbereich« macht und abends als Türsteher arbeitet, ist die Sache einfacher: Er will nur nicht wieder in den Knast.

Beide Männer sind außerdem Väter, beide haben feste Freundinnen. Aber über ihre Familien wollen sie nicht sprechen. Gar nicht. Der Versuch, nachzuhaken, wird von Mirko mit einem sehr deutlichen Blick beendet.

Das Gespräch stockt kurz. Die Männer wissen, welche Frage jetzt kommt. Mirko stellt sie selbst: »Warum wir nicht einfach damit aufhören?« Er schaut auf seine Hände. »Das«, sagt er langsam, »würde ich ja.« Pause. »Wenn ich könnte.« Adrian nickt. »Das, was wir tun, tun wir, weil es ein Teil unserer Natur ist«, sagt Mirko. Als er mit 16 Jahren zum ersten Mal mit der Gruppe losmarschierte, »da war ich das Küken, natürlich hatte ich Angst«. Heute ist das anders. Heute hat er jedes Mal, wenn es knallt, einen freien, von allen Sorgen entleerten Kopf. Das liebt er. Deshalb fährt er immer noch auf den Acker: »Damit ich diese Seite von mir nicht anderswo ausleben muss.«

Katja Kruse, die für die Polizei gewalttätige Fußballfans beobachtet, sagt, sie könne die Selbstdarstellung von Hooligans zwar überhaupt nicht nachvollziehen: »Aus polizeilicher Sicht begehen die Männer einfach Straftaten, in der Regel gemeinschaftliche Körperverletzung. Aus psychologischer Sicht ist mir das auch fremd, diese Suche nach dem Adrenalinkick.« Aber sie glaubt, dass das »in manchen Menschen einfach drinsteckt – also in manchen Männern«. Dann wählt sie einen Vergleich, der auch Mirko und Adrian gefallen würde: »Denken Sie an die Gladiatorenkämpfe.«

In der Bar neigt sich das Gespräch dem Ende zu. Auch am Nachbartisch ist es still geworden. Vier Mädchen um die zwanzig sitzen dort, mit dezent lackierten Fingernägeln und gebügelten Blusen. Immer wieder haben sie in den vergangenen Stunden zu Mirko und Adrian herübergeschaut, halb neugierig, halb irritiert.

Vielleicht haben die jungen Frauen Wörter aufgeschnappt, die in ihren Ohren exotisch klangen. Pratzentraining. Oder Jochbeinbruch. Vielleicht gefällt ihnen die Aura der beiden: die Ausstrahlung von Männern, die so etwas wie die Feuilletondebatten über richtige und falsche Männlichkeit einfach ignorieren.

Mirko sagt, dass ihm eine Therapeutin mal erklärt hat, seine Liebe zur Gewalt sei eine »seelische Abartigkeit«. Er selbst hält sich trotz der Diagnose für einen verantwortungsvollen und sensiblen Menschen. »Ich weiß ganz genau, was richtig und was falsch ist. Und das, was wir tun, ist auf keinen Fall falsch. Nicht für uns.«

Er überlegt kurz, dann lächelt er: »Ihr müsst ja nicht zuschauen.«

Comic: Reinhard Kleist