Wuff, miau

Sind Katzen eigentlich schlauer als Hunde? Ein Gespräch mit dem Zoologen John Bradshaw.

SZ-Magazin: Herr Bradshaw, Hundehalter halten Hunde für besonders schlau, Katzenbesitzer eher Katzen. Was sagt der Experte?
John Bradshaw: Das werde ich die ganze Zeit gefragt. Ich weiche immer etwas aus und sage: Hängt davon ab, was man von einem Tier erwartet. Wer ein Haustier will, das viel Nähe zum Besitzer sucht, ist mit einem Hund gut bedient. Wer ein Tier bevorzugt, das unabhängig, dafür aber auch nicht bereit ist, ihm jederzeit Aufmerksamkeit zu schenken, wird sich eher mit einer Katze anfreunden.

Gut, dann anders gefragt: Welchem Tier kann man mehr beibringen?
Ganz klar den Hunden. Das hat mit ihrer hohen Aufmerksamkeit zu tun, die sie uns entgegenbringen. Wenn wir ihnen etwas zeigen, schauen sie zu, während Katzen zum Fenster hinausschauen.

Würden Sie sagen, dass Hunde von den Menschen lernen wollen?
Unbedingt. Lange Zeit dachten wir, Menschenaffen seien die schlauesten Tiere, die es gibt, weil sie uns so ähnlich sind. Aber es hat sich herausgestellt, dass kein anderes Tier so gut interpretieren kann, was wir von ihm wollen, wie der Hund.

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Es heißt, Hunde beobachteten ihre Besitzer mehr und genauer als umgekehrt.
Sie sind an uns sogar mehr interessiert als an anderen Hunden. So verhält sich kein anderes Tier, schon gar nicht die Katze. Das hängt wohl damit zusammen, dass wir Hunde über Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende, so aufgezogen haben, dass sie auf uns hören und genau das tun, was wir wollen. Nur deshalb waren sie ja so nützlich, zum Beispiel auf der Jagd.

Bedeutet diese Nähe, die Hunde zu uns suchen, auch, dass sie uns lieben? Mehr vielleicht als Katzen?
Eindeutig. Aber das heißt nicht, dass Katzen uns nicht lieben. Ich bin überzeugt, dass sie soziale Bindungen mit uns eingehen. Es ist interessant, im Haushalt zu beobachten, zu wem die Katze am liebsten geht. Die gängige Antwort hieß lange Zeit: natürlich zu dem, der sie füttert.

Und das ist falsch?

Katzen füttern ihre Babys, ansonsten teilen sie mit niemandem Futter. Futter ist also nichts, woran Katzen ihre sozialen Bindungen knüpfen. Sie gehen Koalitionen mit anderen Katzen ein, um sich vor Feinden zu verteidigen. Das gilt auch für Katzenfamilien, die Nachwuchs haben: Eine Katze schläft, die andere wacht.

Was bedeutet das für das Zusammenleben mit Menschen?
Die Signale der Zuneigung, die sie uns gegenüber zeigen, sind exakt die gleichen, die sie auch gegenüber anderen Katzen zeigen: gestreckter Schwanz, mit dem Kopf an den Beinen reiben, schmusen, schlecken. Sie knüpfen also soziale Beziehungen mit uns, und vermutlich erwarten sie im Gegenzug unseren Schutz.

Heißt das umgekehrt, dass Katzen auch uns beschützen wollen?
Natürlich weiß kein Mensch, was Katzen denken, aber ich halte diese Erklärung für plausibel. Jedenfalls ist es nicht das Futter. Wir Menschen funktionieren doch ähnlich: Kinder suchen bei ihrer Mutter Schutz. Sie fühlen sich geborgen, wenn sie den Körperkontakt spüren. Füttern ist nur ein kleiner Teil des Gesamtpakets.

Manche Besitzer sehen es als Liebesbeweis, wenn ihre Katze im Garten eine Maus fängt und sie in der Küche ablegt. Ein Irrtum?
Das hat tatsächlich wenig mit Liebe zu tun. Im Garten läuft die Katze immer Gefahr, dass ihr andere Tiere, vor allem andere Katzen, die Beute streitig machen. Also bringt sie die Maus nach Hause.

Immer wieder verlassen Katzen ihr Zuhause und suchen sich ein neues. Treue sieht anders aus.

Das größte Bedürfnis von Katzen ist ein sicherer Ort zum Leben und Schlafen. Keinen Ärger mit anderen Katzen zu haben. Dann erst kommen wir Menschen ins Spiel. Das zeigt sich auch, wenn eine Katze in eine fremde Umgebung versetzt wird, etwa beim Tierarzt: Sie untersucht erst jeden Raum und Winkel, ihren Besitzer ignoriert sie dabei völlig. Ganz anders die Hunde: Ihnen ist es egal, wo sie gerade sind, Hauptsache Frauchen oder Herrchen ist an ihrer Seite.

Ist das kein Widerspruch? Wenn Katzen so an ihrem Zuhause hängen, wie Sie sagen, warum verlassen es einige trotzdem?
Katzen hassen Veränderungen. Wenn eine weitere Katze ins Haus kommt oder auch ein Hund, kann das schon zu viel sein. Ein Klassiker ist Nachwuchs in der Besitzerfamilie. Die Mutter kommt mit dem neugeborenen Baby aus dem Krankenhaus, die Katze verschwindet für ein paar Tage und sucht sich ein neues Zuhause.

Wie findet sich das so schnell?
Voriges Jahr habe ich zusammen mit Fernsehleuten der BBC die Katzen in einem Wohnviertel mit GPS-Sendern ausgestattet. Die BBC hat ein Studio mit einer riesigen Bildschirmwand. Als die Techniker die Daten der GPS-Sender einspeisten, war die Wand voller Linien: Wir konnten auf einen Blick sehen, welche Wege unsere fünfzig Katzen zurückgelegt hatten. Dabei fiel uns auf, dass fünf von ihnen in zwei oder sogar drei verschiedenen Häusern lebten. Wie es scheint, sind viele Katzen permanent auf der Suche nach einem alternativen Zuhause, in das sie im Notfall ausweichen können.

Also doch lieber einen Hund?
Wie gesagt, es hängt davon ab, was wir von einem Haustier erwarten. Die Treue, die uns ein Hund entgegenbringt, verpflichtet auch ungleich mehr. Wir wissen heute, wie sehr viele Hunde leiden, wenn sie von uns getrennt sind.

Woher wissen Sie das? Und wie äußert sich der Trennungsschmerz?
Auch das haben wir bei einem Experiment in Kooperation mit dem Fernsehen gelernt. 35 Hunde wurden mit Kameras überwacht, nachdem ihre Besitzer die Wohnung verlassen hatten. Jeder dritte Hund hatte offensichtlich Schwierigkeiten mit der Situation. Manche wanderten nervös in der Wohnung herum, andere lagen lethargisch herum. Erst als sie hörten, dass der Besitzer zurückkam, sprangen sie auf und wedelten mit dem Schwanz. Ein Forscherkollege hat die Stressprofile der Hunde untersucht, vor allem anhand des Hormons Cortisol. Der Pegel war selbst bei jenen Hunden erhöht, die keine äußeren Zeichen von Stress zeigten. Nur jeder zehnte Hunde hatte kein Problem mit dem Alleinsein.

Was raten Sie den Besitzern?
Es gibt ein relativ einfaches Training, um Hunde zu desensibilisieren: Man steckt zum Beispiel die Autoschlüssel ein oder zieht den Mantel an – Signale, die den Hund alarmieren, dass Herrchen nun das Haus verlässt. Man wartet ein wenig und zieht den Mantel wieder aus oder legt den Schlüssel auf den Tisch. Nach einigen Wiederholungen wird der Hund die Signale nicht mehr beachten. Dann kann man die Wohnung verlassen. Anfangs nur ein paar Minuten, dann immer länger.

Katzen suchen Schutz beim Menschen; wenn sie ihn nicht bekommen, sind sie schnell weg.

Der Unterschied zwischen Hund und Katze? Winston Churchill, britischer Premier und Katzenliebhaber, erklärte ihn so: »Hunde schauen zu uns auf, Katzen schauen auf uns herab.«

Ist Trennungsangst bei Hunden normal oder haben solche Tiere in der Vergangenheit etwas Schlimmes erlebt?
Wir haben uns bei den Studien das Vorleben der betroffenen Tiere angeschaut – da war nichts. Ganz anders bei aggressiven Hunden: In der Regel finden wir die Ursache für ihr Verhalten in den ersten Wochen und Monaten ihres Lebens. Ein Hund wächst zum Beispiel auf einem einsamen Hof auf und wird dann an eine Familie verkauft, die in der Stadt wohnt – das geht oft schief. Aggressivität bei Hunden bedeutet ja, dass sie sich unsicher fühlen oder Angst haben.

Werden Sie als Hunde- und Katzenexperte eigentlich von Ihren Kollegen ernst genommen? Ein Tierforscher, der etwas auf sich hält, ist doch eher im brasilianischen Regenwald oder in der Tiefsee unterwegs als in englischen Vorgärten.
Vor dreißig Jahren war das tatsächlich ein Problem, da gab es weltweit fünf, sechs Leute, die sich mit Hunden beschäftigt haben. Und ich war einer davon.

Was haben Sie damals erforscht?
Damals waren die Zeitungen voll mit Beschwerden über Hunde, die überall ihre Haufen hinterlassen. Es gab noch nicht die kleinen Tütchen, die Straßen waren voll mit Hundekot. Wir vermuteten, dass Hunde auf diese Weise kommunizieren. Deshalb studierten wir Tiere in den Abruzzen, die weitgehend frei lebten. Es zeigte sich, dass Hunde mit ihren Haufen tatsächlich Signale aussandten. Jeder Hund hinterlässt Haufen mit individuellem Geruch.

Wahrscheinlich muss man Wissenschaftler sein, um das faszinierend zu finden.
Wir erforschen ja nicht nur Hundedreck. Es gibt inzwischen ein großes Interesse an der Frage, was im Gehirn von Tieren vorgeht. Einige Forscher auf diesem Feld haben zuvor Gorillas und Schimpansen studiert, aber diese Arbeit ist teuer. Als Alternative drängen sich Hunde geradezu auf. Sie sind, wie wir wissen, sehr klug, und leicht zu finden. Meist reicht eine Annonce in der Zeitung, schon stehen die stolzen Hundebesitzer am Labor Schlange. Ein Neurowissenschaftler in den USA hat seinen Hund sogar so trainiert, dass er in einen Hirnscanner steigt und völlig ruhig liegen bleibt. Dann spricht er mit ihm über Kopfhörer und kann beobachten, welche Gehirnregion bei welchem Wort aufleuchtet. Absolut faszinierend!

Seit einigen Jahren studieren Sie auch Katzen. Was fasziniert Sie an ihnen?
Erst mal gilt für sie dasselbe wie für Hunde: Man kann sie vor der Haustür erforschen und muss nicht nach Afrika. Aber es gibt auch große Unterschiede: Hunde wurden vom Menschen zu Haustieren gemacht, weil sie beim Jagen nützlich waren. Katzen haben sich selbst domestiziert. So wie es aussieht, suchten sie schon vor zehntausend Jahren die Nähe zu den Menschen, die zu dieser Zeit begannen, Essensvorräte zu lagern. Das zog Mäuse und Ratten an, was ein Problem war. Die Katzen haben es gelöst. Trotzdem sind viele Katzen bis heute keine reinen Haustiere, sondern auch halb Wildtiere.

Wie äußert sich das?
Katzen sind nicht von Natur aus freundlich zu Menschen. Wenn sie in den ersten acht Wochen ihres Lebens keinen Kontakt zu uns haben, ziehen sie sich von uns zurück. Wir vermuten, dass in Städten viele Männchen umherstreifen, die niemandem gehören. Sobald wir nämlich die DNA von Katzenjungen anschauen, können wir meist nur die Mutter zuordnen, der Vater findet sich selten.

Ist diese DNA auch der Grund, warum Katzen immer noch Vögel und Mäuse jagen – trotz Whiskas und Kitekat?
Sicher. Bis vor dreißig Jahren waren Katzen sogar auf Mäuse angewiesen, weil das gängige Futter kaum Vitamin B enthielt. Sie mussten jagen, um zu überleben und gesunden Nachwuchs zu bekommen.

Ist es sinnlos, ein freiheitsliebendes Tier wie die Katze erziehen zu wollen?
Auf jeden Fall ist es sinnlos, Katzen zu bestrafen. Sie suchen Schutz beim Menschen; wenn sie ihn nicht bekommen, sind sie schnell weg.

Viele Katzenbesitzer ärgern sich, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen und die Katze liegt breit auf dem Esstisch? Was tun?
Das Problem ist, dass Katzen sich in der Höhe wohler fühlen. Unten am Boden sind sie verwundbar. Oben haben sie den besseren Überblick.

Müssen sich Besitzer damit abfinden?

Nicht unbedingt. Es gibt mehrere Möglichkeiten, sie herunterzulocken: mit einem leckeren Happen zum Beispiel. Ich hatte mit meinen Katzen immer das Problem, dass sie die Kugeln an unserem Christbaum angegriffen haben. Also habe ich sie mit einer Wasserpistole angespritzt, wenn sie sich den Kugeln näherten. Das wirkt, Katzen hassen Wasser. Die Katze darf aber nicht sehen, wo das Wasser herkommt – sonst funktioniert der Trick nicht. Auch Mausefallen helfen. Man spannt die Falle und legt sie mit dem Boden nach oben dorthin, wo die Katze nichts zu suchen hat. Bei Berührung schnappt die Falle zu, die Katze bekommt einen Riesenschreck. Und wird diesen Ort künftig meiden.

Was sagen Sie Hundebesitzern, die wissen wollen, wie sie ihren Liebling am besten trainieren und erziehen?
Schon in den Sechzigerjahren gab es den interessanten Befund: Wenn Hunde vom Besitzer gestreichelt werden, nehmen sie das als größere Belohnung wahr als irgendein Leckerli. Auch in der Beziehung unterscheiden sie sich von Katzen.

Viele Hunde reagieren aber nicht, wenn Herrchen oder Frauchen ruft. Bekommen sie zu wenig Lob?
Das Leben ist aus Sicht eines Hundes eine lineare Angelegenheit. Wenn er gelobt wird, bezieht er das auf seine letzte Handlung. Genauso bei Strafe: Strafe kann eine effektive Erziehungsmethode sein, um das Verhalten des Hundes zu ändern. Aber sie muss umgehend nach dem Fehlverhalten erfolgen. Leider wollen viele Menschen eher ihre Umgebung beeindrucken, wie gut sie ihren Hund im Griff haben. Sie gehen im Park spazieren, der Hund läuft davon und fällt ein Kind an. Wenn er dann zum Besitzer läuft, ruft der: »Komm sofort her! Böser Hund! Böser Hund!« Der Hund bleibt auf halbem Weg stehen, weil er merkt, dass er geschimpft wird. Und rätselt, ob er besser stehen bleiben, weiterlaufen oder umkehren soll.

Warum?
Er nimmt an, dass er geschimpft und bestraft wird, weil er zum Herrchen zurückläuft. Also bleibt er stehen.

Im Mittelalter wurden Katzen genauso verfolgt und verbrannt wie Hexen.

Haustier- Versteher
John Bradshaw ist Professor für Anthrozoologie an der Universität Bristol in England. Seit drei Jahrzehnten untersucht er das Verhalten von Hunden und ihrer Besitzer. Vor einigen Jahren hat er sich auch der Erforschung der Katzen zugewandt. Darüberhinaus sieht er es als seine Aufgabe, sein Wissen mit den Besitzern zu teilen, damit sie besser mit ihren Haustieren umgehen. Er veröffentlichte Bücher über das Verhalten von Hunden und Katzen, die in zwölf Sprachen übersetzt wurden, und erreichte mit Fernsehserien, die er konzipierte, in seiner Heimat ein Millionenpublikum.
(Foto: Alan Peters)

Wie reagiert ein Besitzer dann am besten, wenn er sieht, dass sein Hund gerade ein Kleinkind anfällt?
Das ist natürlich ein Notfall. Ich würde trotzdem dafür plädieren, alles zu tun, damit dieser Fall nie eintritt. Hunde sollten den Umgang mit Kindern lernen, wenn sie noch klein sind. Dann werden sie später besonnener reagieren.

Lässt sich wirklich jeder Hund so erziehen, dass er Kinder nicht anfällt? Auch jeder Pitbull?
Es gibt Hunde, deren Verhalten einfach nicht zu ändern ist. Man sieht ihnen ihre Aggression schon an. Aber genau darin liegt die Gefahr: Wir glauben, wenn ein Hund aggressiv aussieht, wird er uns auch angreifen. Das ist Unsinn. Die meisten Pitbulls beißen niemanden, das können sehr zutrauliche Hunde sein.

Manche sind aber wirklich aggressiv.
Schon klar. Und wenn ein Hund einmal gebissen hat, wird er das mit großer Wahrscheinlichkeit wieder tun. Die Frage ist: Was hat dazu geführt, dass er überhaupt gebissen hat? Und das hängt sehr oft damit zusammen, wie dieser Hund in der Vergangenheit behandelt wurde.

Also geschlagen wurde?

Es kann auch sein, dass der Hund überhaupt nicht erzogen wurde. Grundlose Aggression ist bei Hunden selten. Schon gar nicht lässt die Rasse den Schluss zu, ob ein Hund beißt oder nicht. Selbst Golden Retriever beißen manchmal zu. Ich halte wenig von Verordnungen und Gesetzen, die letztlich nur darauf gründen, dass bestimmte Hunderassen wie Staffordshire Bullterrier aggressiv ausschauen. Gegen andere Hunde, die uns weniger bedrohlicher erscheinen, erlassen wir keine Verordnungen. Das ist im Grunde Rassismus.

Beruht die Idee, Hunde hart ranzunehmen, auf unserer falschen Vorstellung, es handle sich um domestizierte Wölfe?

Ich würde eher sagen, dass es sich um ein Missverständnis handelt. Wir haben Hunde lange für aggressive Lebewesen gehalten, die es zu dominieren gilt. Das trifft aber weder auf Hunde noch auf Wölfe zu, wie wir heute wissen.

Heißt artgerechte Erziehung also, den Hund auf keinen Fall zu bestrafen?
Natürlich muss man Hunde bestrafen, um Fehlverhalten zu korrigieren und sie zu erziehen. Einem Hund Schmerzen zuzufügen, was früher viele Hundetrainer empfahlen, führt aber nur dazu, dass einen der Hund über kurz oder lang fürchtet oder hasst.

Wie lernt ein Hund, nicht jeden Besucher an der Haustür anzuspringen?
Das tut er meist, weil er um Aufmerksamkeit buhlt. Sie müssen mit Freunden zusammenarbeiten und wenn der Hund sie anspringt, sollen sie bitte Arme anlegen, das Gesicht zur Wand wenden und dem Hund keinerlei Beachtung schenken. Beim ersten Mal wird der Hund alle Register ziehen, um die Aufmerksamkeit doch irgendwie zu erlangen. Aber nach ein paar Mal wird er damit aufhören. Das meine ich mit Bestrafung: Der Hund bekommt nicht die Belohnung, die er erwartet. Aber er wird nicht geschlagen.

Nachdem Sie sich so lange mit dem Verhalten von Hunden und Katzen beschäftigt haben, was verstehen Sie immer noch nicht?
Was Hunde angeht, wurden sehr viele Fragen in den vergangenen Jahren beantwortet. Anders bei Katzen, da gibt es immer noch wenig Forschung. Ich frage mich zum Beispiel, warum Katzen mit manchen ihrer Artgenossen sehr gut auskommen und mit anderen überhaupt nicht.

Warum interessiert Sie das?
Aus praktischen Überlegungen heraus: Viele Menschen leben auf immer engerem Raum zusammen, und es gibt auch immer mehr Katzen. Also wird auch für die der Platz eng. Die Menschen ziehen viel mehr um als früher und nehmen ihre Katzen mit. Damit ändert sich ständig die Nachbarschaft. Katzen sind nicht sehr gut angepasst an diesen Lebensstil. Wenn sie dann auch noch mit anderen Katzen zu tun haben, finden sie das eher unangenehm. Mich würde interessieren, ob sich das ändern lässt. Wenn heute zwei Nachbarn zu mir kommen und erzählen, dass sich ihre Katzen die ganze Zeit bekämpfen, kann ich nur raten: Einer der beiden sollte sich von seiner Katze trennen. Oder sie sollten vereinbaren, ihre Katze nur ins Freie zu lassen, wenn die andere in der Wohnung ist. Was Schlaueres fällt mir da nicht ein.

Würden Sie sagen, dass Hunde und Katzen heute ein schönes Leben haben?
Es sind vor allem gute Zeiten für Katzen. Menschen schätzen sie heute viel mehr als in früheren Zeiten. Im Mittelalter wurden Katzen genauso verfolgt und verbrannt wie Hexen. Bis vor wenigen Jahrzehnten wurden überzählige Katzenbabys einfach ertränkt. Katzenfutter war bis vor Kurzem minderwertig. Das alles hat sich zum Guten geändert. Was Hunde angeht: Sie bedeuten natürlich mehr Arbeit und Umstände. Wer einen Hund hat, wird immer vor dem Problem stehen: Kann ich mein Tier mit in die Arbeit nehmen? Und die Frage bleibt: Wie werden wir damit fertig, dass unsere Hunde nicht gern allein sind? Hunde lieben es, in großen Familien zu leben, weil dann meist jemand zu Hause ist. Nur gibt es solche Familien leider immer seltener.

Fotos: Andrew B. Myers