Volle Kraft voraus

Noch ist die Kernfusion zu kompliziert. Aber es gibt ja viele andere Möglichkeiten der Energiegewinnung. Bei manchen davon müssten wir nur mal etwas beherzter loslegen.

1. Kernkraft
Kernkraft ist die einzige Energieform, für die es eine internationale Behörde gibt. Die IAEA (International Atomic Energy Agency) mit Sitz in Wien bilanziert jedes Jahr, wie sich die Nuklearenergie entwickelt. Demnach gab es Ende 2006 auf der Welt 435 Anlagen. Sie liefern etwa 16 Prozent des weltweiten Stroms; in Westeuropa liegt der Anteil bei knapp 30 Prozent. Laut IAEA könnte die Leistung aller Reaktoren weltweit bis 2030 um 84 Prozent zunehmen. Dennoch sinkt der globale Anteil der Kernenergie, da sich nach Erwartung der Internationalen Energieagentur IEA im gleichen Zeitraum der Stromverbrauch verdoppelt.

2. Erdöl und Erdgas
Der IEA zufolge bleibt die Welt bis mindestens 2030 abhängig von Öl und Gas. Der Anteil von Öl sinkt bis dahin leicht von heute 35 auf 32 Prozent, während Gas von 21 auf 22 Prozent steigt – zusammen decken sie also gut die Hälfte des Energiebedarfs. In absoluten Zahlen steigt die Förderung von Erdöl von 84 auf 116 Millionen Barrel pro Tag, also um ein gutes Drittel. In der Erde stecken noch genügend Gas für 60 Jahre und Öl für 40 Jahre; bei dem steigenden Ölpreis lohnt es sich, auch an unwirtlicheren Orten zu bohren.

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3. Kohle
Lange Zeit war der Beitrag der Kohle zur Energieversorgung gesunken. Seit einigen Jahren hat sich dieser Trend umgekehrt. Zuletzt betrug der Anteil 25 Prozent; die IEA erwartet einen Anstieg auf 28 Prozent bis zum Jahr 2030. Schon heute wird fast die Hälfte der geförderten Kohle in Indien und China verbrannt, in beiden Ländern dürfte sich der Verbrauch weiter erhöhen. Kohle, besonders Steinkohle, macht mehr als die Hälfte der nicht erneuerbaren Energievorräte aus, die die Erde noch bereit-hält – sie reicht noch für Hunderte von Jahren. Zugleich ist Kohle die schmutzigste Energieform, ihre Verbrennung setzt mehr Abgase und Kohlendioxid frei als eine vergleichbare Menge Öl oder Gas.

4. Windkraft
Windräder liefern im globalen Mittel gut ein Prozent des Stroms. In manchen Ländern liegt der Anteil auch deutlich höher: In Dänemark sind es 20 Prozent, in Spanien neun und in Deutschland – je nach Wetter – fünf bis sieben Prozent. Bis 2030, so das Ziel der Bundesregierung, soll der Wind etwa ein Viertel des nationalen Stromverbrauchs decken. Schon heute stehen hierzulande im weltweiten Vergleich die meisten Anlagen: mehr als ein Viertel der gesamten installierten Kapazität. In den kommenden fünf Jahren sollen vor vielen Küsten Europas Windkraft-Parks entstehen.

5. Photovoltaik
Sonnenlicht als direkter Energielieferant liegt zurzeit weit abgeschlagen auf dem letzten Platz aller Statistiken, es liefert etwa 0,2 Promille des weltweiten Stroms. Aber Experten sagen ihm die größten Zuwachsraten voraus. Licht lässt sich zum Beispiel in Halbleitern in Strom umwandeln (Photovoltaik); einige Institute vermelden regelmäßig neue Rekorde, wie effektiv und preisgünstig das gelingt. Eine Alternative ist es, in großen Anlagen die Sonnenstrahlen mit Spiegeln zu fokussieren und die entstehen-de Hitze für die Elektrizitätsversorgung zu nutzen (Solarthermie). Im Prinzip strahlt die Sonne genug Energie auf die Erde, den Bedarf der Menschheit vielfach zu decken.

6. Geothermie
Deutschland sitzt auf einem Energieschatz: In Tiefen von bis zu sieben Kilometern ließe sich genügend warmes Wasser finden, um den Strombedarf 600-mal zu decken, hat das Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestages 2003 in einem Gutachten errechnet. Genutzt wird dieses Potenzial nur zögerlich. Erst vor Kurzem hat in Landau in der Pfalz das erste kommerzielle Erdwärme-Kraftwerk Deutschlands eröffnet. Es pumpt aus 3000 Meter Tiefe 155 Grad Celsius heißes Wasser nach oben. International spielt Geothermie keine große Rolle. Island jedoch deckt 53 Prozent seines Energiebedarfs mit dem heißen Wasser aus der Erde.

7. Wasserkraft
Stauseen, die Generatoren an der Staumauer antreiben, sind die am besten etablierte Form erneuerbarer Energie. Zusammengerechnet erzeugen alle Anlagen, die die Kraft des fließenden Wassers nutzen, etwa ein Sechstel des weltweit verbrauchten Stroms – das ist mehr als der Anteil der Kernkraft. Norwegen deckt fast seinen ganzen Elektrizitätsbedarf aus Wasserkraft, Kanadier nennen den Strom sogar »Hydro«. Nach Schätzungen der IEA ließe sich die globale Produktion von zurzeit etwa 2900 auf 14000 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr verfünffachen. Ausbaufähig ist auch die Gezeitenkraft: Pilotanlagen versuchen heute schon, aus Tidenhub oder der Kraft der Brandung Energie zu gewinnen – bisher hat sich keine Lösung durchgesetzt.

8. Biomasse
Global betrachtet, ist Biomasse wichtiger als Kernkraft – weil Milliarden Menschen mit Holz kochen oder mit Tierdung heizen. Überall dort jedoch, wo Energie in technischen Prozessen erzeugt wird, besetzen nachwachsende Rohstoffe nur Nischen. Das soll sich nun ändern, schließlich nehmen Holz und andere Formen der Biomasse beim Wachsen so viel Kohlendioxid auf, wie sie später wieder abgeben. Alkohol oder Bio-Treibstoff sind zudem die einzigen erneuerbaren Energieformen, die eine Chan-ce im Transport-Sektor haben. Die Produktion könnte sich bis 2030 verzehnfachen. Umstritten ist aber, wie sich der Anbau von Energiepflanzen mit der Nahrungsmittelversorgung einer wachsenden Weltbevölkerung verträgt.