Die Tapete

Sinn des Klebens: Für ihre Lieblingstapete nahm unsere Autorin sogar einen Ehekrach in Kauf.

Bei so einer Tapete muss die Katze gar nicht mehr vor die Tür.

Seien Sie mal mit einem Architekten verheiratet und wollen eine Tapete an die Wand kleben! Na, servus. Wohnungen haben Wände, und die müssen weiß sein. Farbe? Nöö, sagt mein Mann, ist was für Fasching und für Brasilianer. Wir haben sogar einige Bilder, durchaus farbig, nicht monochrom weiß, aber die hängen nicht, sie lehnen nur an der Wand.

Ich wollte die Tapete für eine einzige Wand: in der sonst weiß gestrichenen Küche mit den weißen Küchenmöbeln. Ich habe wirklich vorsichtig die Sprache darauf gebracht. Gerade, dass mein Mann nicht verächtlich durch die Zähne pfiff! Ich bin dann heimlich in Berlin mit meiner Freundin Eva in ein herrliches Tapetengeschäft gegangen, habe stundenlang genussvoll Musterbücher gewälzt und mich für eine sauteure entschieden: riesige gelbe Tulpenblüten an grauen Stängeln auf silberfarbenem Untergrund. »Schön, sehr schön«, sagte ich immer wieder.

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Kurz bevor sie geliefert wurde, habe ich meinem Mann den Kauf gestanden. Ignorieren des Themas auf seiner Seite. Dann zogen wir um – in ein Sechzigerjahrehaus. Ich fuhr in Urlaub. Als ich wiederkam, klebte die Tapete nicht in der Küche. Dafür an einer Wand im Schlafzimmer. Wir brauchten graue Bettwäsche, damit das zu den grauen Stängeln passte; war mir recht, ich kann die weiße eh nicht mehr sehen. Wirklich: Die Tapete ist mein ganzer Stolz. Mir fällt aber auf, dass mein Mann inzwischen auffallend oft vor dem Fernseher im Wohnzimmer einschläft. Wahrscheinlich haben die weißen Wände, die weißen Vorhänge und das weiße niedrige Sideboard eine beruhigende Wirkung auf ihn.

(Produktauswahl: Simona Heuberger und Nadja Tadjali. Fotos: Elisabeth Dunker, B&O PLAY 2015, geografia, Alexis Narodetzsky)