Sag mir, wann du schenkst und ich sag dir, wer du bist

Gute Weihnachtsgeschenke sind auch eine Zeitfrage: Manche kaufen schon Wochen vorher ein, andere brauchen die Panik des Last-Minute-Shoppings. Ein Zeitplan für jeden Wunschzettel.

    Sechs Wochen Zeit

    Mir fallen das ganze Jahr tipptopp Geschenke ein. Ich unterhalte mich im Mai mit meiner Frau, sie schwärmt von diesem Essayband aus den Sechzigern, der vergriffen ist, und weil sie schon Geburtstag hatte, denke ich: Ha, Weihnachten! Ich telefoniere im August mit meiner Mutter, sie sagt, mein Vater beobachte neuerdings vom Balkon aus Vögel, und ich denke: Bingo, ein Vogelhaus! Dann ist es Ende November, und ich verbringe den Monat vor Weihnachten mit dem Versuch, meine Ideen zu rekonstruieren. Daraufhin bleiben noch zwei Tage, und ich renne ziellos in die Innenstadt, kaufe DVDs und Schmuck. Wenn diesmal alles überstanden ist, das schwöre ich, mach ichs wie die Kollegin Herpell, die ihnen gleich erklärt, wie man Weihnachten hinkriegt.
    Patrick Bauer

    Drei Wochen Zeit

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    Noch mehr als vor Geschenken, die mir nicht gefallen, fürchte ich mich vor Geschenken, die so liebevoll ausgesucht sind, dass sie mich beschämen. Denn ich bin eine eher mittelmäßige Schenkerin. Aber ich bin dabei, mich zu bessern. Wann immer ich jetzt eine Idee für jemanden habe, schreibe ich sie mir sofort auf, unter seinen oder ihren Namen in den Kalender (darin stehen die Geburtstage der Menschen, die mir etwas bedeuten). Für Weihnachten schreibe ich alles in die Tage um den 24. Dezember, einkaufen allerdings gehe ich um den zweiten Advent. Ich hab gerade mal geschaut, was in meinem Kalender steht. Lustiges Zeug. Nie wäre mir auch nur eines dieser Dinge eingefallen – kurz vor Weihnachten. Und auf die Vorfreude, die es mit sich bringt, Geschenke zwischen Pullovern im Schrank zu verstecken, möchte ich nicht mehr verzichten.
    Gabriela Herpell 

    Eine Woche Zeit

    Was war ich früher leichtsinnig! Ich kaufte Weihnachtsgeschenke erst am 24. Dezember, um die Mittagszeit. Was da schiefgehen kann! Das hektische Herumlaufen von Geschäft zu Geschäft wäre mir heute zu anstrengend. Jetzt bestelle ich online – in der letzten Woche vor dem Fest. Und, na ja, es ist die gleiche Hektik, nur vom Sofa aus. Ich surfe von Webseite zu Webseite, lese die Lieferzeitgarantien, rufe in kleinen schwedischen Designshops an, bettle, jammere, drohe, bis sie das Paket sofort nach dem Auflegen zur Post tragen, im Laufschritt! Als Adresse gebe ich direkt das Haus der Schwiegereltern an, dort stehe ich am 24. Dezember dann ab 7 Uhr früh voller Sorgen. Darum ging es doch bei Weihnachten: den Erlöser herbeisehnen. Meiner trägt DHL-Uniform.
    Marc Baumann

    48 Stunden Zeit

    Panik verändert die Wahrnehmung. Wer am 24. Dezember gegen Mittag noch schnell in die Stadt rast und weiß, er muss jetzt Geschenke finden, sieht die Welt mit anderen Augen. Plötzlich liegt im Buchladen ein neuer herrlicher Fotoband. Plötzlich hängt in diesem kleinen Laden der kuschligste Pullover der Welt. Plötzlich hat jener Importeur einen toskanischen Weißwein, den es bisher nicht zu geben schien. Ein Weihnachtswunder? Vielleicht sogar medizinisch erklärbar: Der Last-Minute-Stress wirkt sich auf Sehnerv und Intuition aus, man wird zum Superhelden, der in jeder Ecke das eine wesentliche Geschenk erkennt. Danach wirds aber eng: Bis zur Bescherung alles noch verpacken! Aber im Superhelden-Modus sollte auch das kein Problem sein.
    Max Fellmann