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Die Zahl der Sexpartner ist heute eine Art Statussymbol. Ist es dann toll oder doch eher erschreckend, dass die Zahl unserer indirekten Sexpartner schnell in die Millionen geht?

Seit jeher beschäftigt die Frage, was die ideale Zahl von Sexpartnern im Leben ist, die Menschheit. Weltreligionen sind begründet worden, um diese Frage zu klären, und ihre Antworten schwankt zwischen 0 und 1 (abhängig von Tätigkeit bzw. Erleuchtungsgrad des Betroffenen).

Ein einziger Sexpartner im Leben gilt heute im allgemeinen als zu wenig. Laut Umfragen haben die Deutschen im Schnitt 5,8 Sexpartner, Männer mehr als Frauen: 7,4 zu 4,3. Die meisten Sexpartner haben übrigens die Hamburger (10), die wenigsten die Menschen im Saarland (3,2). Kein Wunder, ist die Bevölkerungsdichte in Hamburg doch fast sechsmal höher als im Saarland, wodurch die Wahrscheinlichkeit, beim Verlassen der Wohnung auf neue Sexpartner zu treffen, entsprechend stark ansteigt.

Kompliziert wird das Thema, wenn es um die Anzahl von bisherigen Sexpartnern in Relation zu der Sexzahl des aktuellen Partners gilt. Der Moment, in dem man einander diese Zahl kommuniziert, gilt als heikel. Weder möchte man, geschlechtsunabhängig, als alte Schlampe darstehen, noch als semi-jungfräulicher Klemmi. Viele Menschen nennen daher eine Zahl im hohen einstelligen oder niedrigen zweistelligen Bereich, meist mit der Formulierung »So um die zehn werden es etwa gewesen sein«, um dann, nach Kommunikation der Sexzahl des Partners, gegebenenfalls nach oben oder unten korrigieren zu können.

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Das psychologische Bedürfnis scheint hier in Richtung Kräftegleichgewicht zu gehen, denn anders als früher (siehe oben, Weltreligionen) ist eine Vielfalt von Sexpartnern kein Zeichen von sicherer Verdammnis, sondern gilt als Ausdruck von Lebensfreude, Attraktivität und der sympathischen Qualität, auch mal Fünfe gerade sein lassen zu können. Die genau richtige und nicht zu niedrige Zahl von Sexpartnern ist in mancher Beziehung intern durchaus eine Art Statussymbol. Hier gilt dann die sexuelle Relativitätstheorie, mit deren Hilfe man die für sich passende Zahl berechnen kann. Ihre Formel lautet: Sex-Zahl des Partners + x, wobei x > 0, aber < 3, denn man will ja auch nicht auftrumpfen.

Und wer manchmal bedauert, im Leben möglicherweise was verpasst zu haben, kann sich seit Kurzem mit einem Online-Tool trösten, das man auf Suchmaschinen mit der Eingabe »Sex Degrees of Separation« findet. Es stammt von einer britischen Gesundheitsorganisation und berechnet, mit wie vielen Menschen man indirekt Sex hatte; also, mit vielen Menschen statistisch gesehen die Leute Sex hatten, mit denen man selbst schon Sex hatte, und dann wieder die Leute, mit denen die Leute Sex hatten, die mit den Leuten Sex hatten, mit denen man Sex hatte, und so weiter, sechs Entfernungsgrade. Bei angenommenen zehn Sexpartnern, über unterschiedliche Lebensphasen verteilt, sind das zum Beispiel 2.835.025 indirekte Sexpartner. Woraus man lernen soll, dass man potenziell von fast drei Millionen Leuten mit Geschlechtskrankheiten hätte angesteckt werden können. Kondome sind daher gut.

Die tatsächliche Lehre ist aber eher: Wenn es uns also gelänge, zumindest unsere indirekten Sexpartner für unseren Youtube-Kanal, unseren Twitter-Account oder unser Kickstarter-Projekt zu begeistern, wären wir wirklich fein raus.

Illustration: Eugenia Loli