Eine Woche als Frau beim Online-Dating

Aus Marc wurde Sarah: Um herauszufinden, ob Männer in Datingportalen tatsächlich Penisfotos verschicken, hat sich unser Autor eine Woche lang beim Onlineflirten als Frau ausgegeben. Ein Selbstversuch mit überraschendem Ende.

(Foto: photocase/Bastografie) 

Die fünf größten Lügen beim Online-Dating sind einer Umfrage zufolge: das Alter (38 Prozent schummeln), Größe und Gewicht (27 Prozent), beruflicher Erfolg (22 Prozent) und Verwendung nicht aktueller Profilfotos (19 Prozent).

Auch ich habe beim Online-Dating die Unwahrheit geschrieben - ich habe gleich einen ganzen Menschen erfunden, den es gar nicht gibt: Sarah.

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Mein Name ist aber Marc, ich bin ein Mann, keine Frau. Ich bin 1,90 Meter groß statt 1,73 Meter, dunkelhaarig statt blond, in einer Beziehung statt Single. Zu meiner Verteidigung: Ich habe für einen guten Zweck gelogen. Die Verteidigung des deutschen Mannes. Der soll nämlich ein sehr ungeschickter Flirter beim Online-Dating sein, der obendrein noch ungefragt Nacktfotos verschickt, klagen Frauen.

Wirklich? Sind wir Männer so? Mal gesamtgeschlechtlich gefragt. Das wollte ich beim SZ-Magazin überprüfen - so wurde Marc zu Sarah, ganz ohne Maskenbildner, ein falsches Webseiten-Profil ist schnell angelegt.

Aber auf welcher Dating-Seite melde ich mich am besten an? Parship, Tinder, eDarling, FirstAffair, Neu.de – die Auswahl ist enorm. Diese Seiten kann man grob in drei Kategorien einteilen: 1) Die betont seriösen »Partner fürs Leben«-Portale, zum Beispiel ElitePartner oder FriendScout24. Als Flirtumfeld so etwas Ähnliches wie der Single-Tisch auf einer Hochzeit. 2) Kostenlose »Generation Smartphone«-Portale wie Tinder oder OkCupid. Die entsprechen der Stimmung um zwei Uhr morgens in einem Berliner Club. 3) Die »Sexuelle Abenteuer«- Portale, etwa c-date, secret oder FirstAffair, vergleichbar vielleicht mit der Atmosphäre morgens um vier im Karneval.

Auf je zwei Plattformen jeder Gattung legte ich Profile an. Nach einer Woche habe ich mir insgesamt Profile von mehr als 3000 Männern angesehen, rund 400 haben mir geschrieben, 200 habe ich geantwortet. Nur einer hat vermutet: »Du bist doch ein Fake-Account!« Recht hat er, und trotzdem: Wie angenehm das ist, ein Postfach voller Komplimente zu haben! Auch wenn sie eigentlich nicht mir gelten. Und ziemlich oberflächlich sind. Aber romantisch wurde es so gut wie nie.

Schon der dritte Mann, der mir schreibt, fragt: »Bist du devot im Bett?« Folgende Sätze sind in seinem Anschreiben nicht enthalten: »Hallo / Wie gehts dir? / Darf ich dich mal was fragen? / Ich falle jetzt mit der Tür ins Haus.« Ich lösche seine Mail. Von den folgenden zehn Nachrichten bestehen vier aus nur einem Wort: »Hallo.« Dann: Schweigen. Auf meine Rückfrage hin erklärt einer der Hallo-Schreiber: »Man weiß ja nie, ob ein Frauenprofil überhaupt echt ist oder nur vom Computer erstellt. Und viele Frauen antworten nicht. Da gebe ich mir nicht jedes Mal die Mühe.« Andere Männer schicken mir in einer Woche dreimal die wortgleiche Nachricht.

Ich weiß aus eigener Erfahrung: richtig gut flirten ist schwer. Ich lerne als Sarah: viele versuchen es nicht einmal. Und übrigens: Am Ende finde ich ihn doch noch - den perfekten Mann.

Lesen Sie hier die komplette Reportage mit SZ Plus:

"Hey, Bock auf Sex?"

Von deutschen Männern heißt es, sie seien ziemlich ungelenk beim Flirten. Online soll sich das besonders bemerkbar machen. Unser Autor ist der Sache nachgegangen - getarnt als Frau.