Schwarz, Rot, Grau

Die Roben der deutschen Olympioniken für Rio 2016 sehen eher nach schwedischer Trend-Mode als nach Spitzensport aus. Warum bekommen herausragende Athleten nicht auch herausragende Klamotten?

Regen in Rio? Kein Problem für Deutschlands Top-Sportler. Zur Olympia-Eröffnungsfeier am 5. August werden die deutschen Athletinnen in einer schwerverständlichen Leggings-Jerseyrock-Kombi sowie dunkelrotem T-Shirt und halbtransparentem Regenparka auflaufen; für die Männer gibt’s ein komplett farbloses Ensemble aus grauer Hose und schwarzer Jacke.

Das ist zwar alles andere als ein Grund zur Aufregung, erinnert aber eher an die letzte Kollektion des schwedischen Modefilialisten Cos als an olympische Dynamik oder gar Deutschland. Der DOSB-Vorstandsvorsitzende Michael Vesper bezeichnete das Outfit bei der Vorstellung letzte Woche in Düsseldorf als »Kompromiss zwischen locker-flockig und identitätsstiftend« – tatsächlich ist es beides nicht, sondern, genau wie Vesper sagt: ein Zugeständnis.

Vorgestellt wurden die Kompromiss-Outfits, deren Kosten sich übrigens auf eine Rekordsumme von rund neun Millionen Euro belaufen, von einer Mischung aus Sportlern und Models in einer per Livestream übertragenen Hüpfperformance, die Profi-Animateure jeder kanarischen Bettenburg beeindruckt hätte. Mit von der Gute-Laune-Partie waren auch Model Lena Gercke (dass die in Nationaltrikots eine gute Figur macht, wissen wir ja bereits aus ihren Zeiten als Spielerfrau) sowie Hockeyspieler und Olympiasieger Jan Philipp Rabente, die beide vor allem die Alltagstauglichkeit der Outfits lobten. »Und es steht auch nicht überall Deutschland drauf«, freute sich Rabente. Tatsächlich wird es bei all der Durchschnittlichkeit schwierig, auf der Straße einen echten Olympioniken vom allgemeinen Athleisure-Fan zu unterscheiden.

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Warum bloß sind die Kleider, die die herausragendsten Athleten dieses Landes tragen sollen, selbst nicht herausragender? Profisportler zählen gemeinhin zu den meistkopierten Stilvorbildern unserer Gesellschaft, da ließe sich dem Design doch ein bisschen mehr Originalität einverleiben.

Einerseits scheint den olympischen Kleidungsverantwortlichen noch die Aufregung um die quietschbunten Michelin-Vögel von Sotschi in den Knochen zu stecken: Nach dem Schrecken lieber mal auf Nummer sicher gehen. Außerdem werden Teile der diesjährigen Olympiakollektion erstmalig auch für Normalo-Konsumenten erhältlich sein, da macht es unter Verkaufsgesichtspunkten natürlich Sinn, dass sie auch möglichst normalo aussehen.

Und woher soll das deutsche Olympia-Team auch das modische Selbstbewusstsein nehmen? In Italien kümmert sich Giorgio Armani um die Olympia-Ausstattung, England hat Stella McCartney angeheuert, die USA Ralph Lauren und Frankreich hat neben Lacoste als Ausstatter mit der Trikolore auch noch die wohl hipste aller Nationalfarbkombis, die jedem noch so langweiligen Polo-Shirt Lässigkeit und maritimes Flair verleiht. Da hält Deutschland lieber mal den Ball flach. Und wer sich schon die neuen Rio-Outfits der britischen oder gar australischen Olympia-Teams angesehen hat, dem dürfte klar werden, dass das nicht der allerschlechteste Ansatz ist.

Einzig und allein die Begeisterung für Schwarz-Rot-Gold, die sich über die WMs und EMs der letzten Jahre bei deutschen Sportfans auch im Kleiderschrank breitgemacht hatte, kann die neue Kollektion nicht bedienen. Werden stattdessen jetzt silbergraue Parkas oder gar schwarze Nylonjacken zum Erkennungszeichen für Deutschlandfans? Schwer vorstellbar. Zum Glück hat sich das Designteam da ein raffiniertes Detail einfallen lassen: Den Hashtag #WirfuerD (eine Anspielung auf das Mannschafts-Motto »Wir für Deutschland«), klein eingedruckt im Kragen der Olympia-Outfits. Da bleiben doch wirklich keine Zweifel mehr offen.

Wird getragen von: Jedermann
Wird getragen mit: Bier, Deutschlandfahne
Das sagt die Athletin: Supi, das kann ich dieses Jahr auch noch zum Festival tragen.
Das sagt der Cos-Kunde: Wo hängen diese silbernen Parkas?

Fotos: dpa