Zwei Packungen Frauenerde, bitte!

Mit Kursen und besonderen Produkten versucht man, Frauen in Baumärkte zu locken. Bei unserer Autorin wäre das gar nicht nötig.

Foto: photocase.de/Schneekind

Als es aufkam, dachte ich kurz, ey super, klasse Geschenk für den Mann an meiner Seite: zum Geburtstag bekommt er einen Gutschein für einen Frauenkurs im Baumarkt. Ich habe sogar unsere Jungs angespitzt, ob wir ihm zusammen zwei Gutscheine schenken? Was die wollen, macht er in der Regel umgehend. Was ich will, in fünf Monaten (nicht). Dann könnte er, habe ich frohlockt, nicht nur in »Grundkenntnisse im Sanitärbereich« gehen, sondern auch in »Grundlagen Schlagbohrmaschine, Bohrhammer und Akku-Schrauber«. »Fliesen verlegen leicht gemacht« brauchen wir nicht, habe ich gesagt, und »Untergrundbehandlung und Tapezieren« ist auch Quark. Fliesen haben wir und wer trägt heutzutage noch Tapeten?

Aber wenn er mal die Konsole an die Wand bohren könnte! Und zwar gerade. Und nicht schief, so wie das Regal und die Turnstange. Wär schon geil. Denn so gibt es immer Streit. Weil er immer erst mal bohrt und dann (nicht) guckt, wie es hängt. Gerade oder ungerade ist ihm völlig schnurz. Und ich bin am Ende der Depp.

Den Deppen gibt es bei uns diesbezüglich in zwei Ausformungen, den Deppen Annegret und den Deppen Superspießer. Mir fallen immer beide zu. Annegret ist meine Schwiegermutter, deren Aufgabe es lebenslänglich war, die Schippe unter den männlich geführten Bohrer zu halten, den der Mann nach vollzogener Bohrung schlagartig fallen ließ, um sämtliche Aufräumarbeiten dem Putzkommando Annegret zu überlassen. Das hat sich der Mann an meiner Seite selbstverständlich abgeschaut, wie man sich alles Depperte bei den Eltern abguckt. Und ich raste selbstverständlich umgehend aus, wenn ich, Schippchen in der Hand, die Annegret geben soll.

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Also werden sämtliche Schlagbohrungen, Möbellackierungen und handwerklichen Reparaturen von mir erledigt. Nicht weil ich es kann. Sondern weil ich will, dass die Dinge gerade hängen, keine Nasen haben und funk-tio-nieren! So schwer ist das nicht. Ich musste dafür nur die andere Deppen-Rolle übernehmen: Hallo, ich bin der Superspießer.

Aber gemein will ich nicht sein und Geschenke mit dem Vorschlaghammer sind doch blöd. Solche, von denen man weiß, dass der Beschenkte sie unausgepackt weiter verschenken würde. Fliesenbohren leicht gemacht? Der Mann an meiner Seite hasst Bohren, Basteln und Bauen. Und Baumärkte hasst er noch mehr. Niemals würde er da freiwillig hingehen.

Ich schon, und das ist ein Problem. Für mich sind Baumärkte das Paradies. Ich könnte dort Tage verbringen, zwischen den Regalen schlendern wie im Schlaraffenland, staunen über all die tollen Sachen, die es gibt und was man damit alles machen kann. Selbst wenn ich es nicht weiß, fallen mir allerhand Verwendungsmöglichkeiten für Schüttgüter oder Sperrholzplatten ein, meine Phantasie läuft im Baumarkt auf Hochtouren. Das coolste Geschenk, das ich je bekam, war ein Werkzeugkasten. Mein Schwiegervater war entsetzt. Aus Trotz und Eigennutz habe ich mir gleich noch eine Stichsäge und eine Flex gewünscht, und den Akku-Schrauber trage ich quasi in der Clutch, unterm Arm.

An der Baumarkt-Kasse endet mein Baumarkt-Rausch, immer. Deswegen gehe ich nicht mehr hin. Baumarkt-Kurse wären mein Ruin. So viel Zeit und Geld, wie ich da ausgeben würde, kann ich gar nicht verdienen.

Kürzlich musste es doch sein. Ich rasch in die Gartenabteilung, Augen zu und an den Regalen mit Schrauben, Scharnieren und Dicht-Schlämme vorbei. Direkt auf den Fachberater zu.

Fachberater sehr reizend, zartes Männlein in Baumarkt-Montur, Piercings, Kajal, frappierende Ähnlichkeit mit Bauarbeiter der Village People.

Sagt: Na komm' Se ma hier lang (wir befinden uns in Berlin), hier ham wa Frauenerde.
Ich: Wat?
Er: Frauenerde!
Ich: Wow!
Er: Luftig, leicht, kann sogar die Frau tragen.

Selbstverständlich habe ich gleich zwei Packungen genommen.