Axel Hacke über die witzigsten Fußballernamen

Jedrzejczyk, Azpilicueta, Vrsaljko – unser Autor freut sich schon darauf, wie die Radioreporter an den Namen der EM-Spieler verzweifeln werden.

Bei der nun beginnenden Fußball-Europameisterschaft stellt sich, wie immer bei solchen Ereignissen, die Frage: Was tun wir, wenn gerade nicht Fußball gespielt wird? Ist es nicht unwürdig, in der Zeit zwischen den dramatischen Begegnungen großer Fußball-Nationen wie Island, Albanien und Österreich auf die Banalität solcher Beschäftigungen wie essen, schlafen und arbeiten herabzusinken?

Mein Vorschlag: Wir befassen uns in dieser Zeit auch mit Fußball, aber auf eine klangliche, poetische Weise. Traditionell stelle ich zum Beispiel seit Jahrzehnten bei jedem Großereignis dieser Art anhand der Mannschafts-Aufgebote in den Sonderheften von Kicker und Sport Bild eine Elf unter dem Titel »Albtraum der Radioreporter« auf. Hier meine Auswahl für die Europameisterschaft: Szczesny, Jedrzejczyk, Azpilicueta, Alderweireld, Vrsaljko, Rakitskiy, Ferreira-Carrasco, Calhanoglu, Blaszczykowski, Cikalleshi und Wawrzyniak. Da bei dieser Aufstellung mit schweren Zungenverletzungen und allein wegen der Namen mit zehn Minuten Nachspielzeit zu rechnen wäre, lasse ich sie wie stets gegen »Radioreporters Lieblinge« antreten, das sind in diesem Jahr: Hart, Can, Cop, Rog, Sen, Rat, Mak, Koke, Eder, Pepe, Nani.

Jeder, der schon einmal Fußball im Fernsehen oder Radio verfolgt hat, weiß: Das ist der Sound des Fußballs! So klingt er, kein anderer Sport hat diesen Namens-Groove. Man stelle sich eine Truppe aus Hitz, Pintilii, Milik, Glik, Priskin, Kimmich, Shishkin, Filip, Djimsiti, King und Strinic´ vor (auf der Bank Schick, Zielinski und Christie), und sie spielte gegen Mangala, Cana, Skalák, Lafata, Zaza, Tarashaj, Lallana, Kádár, Saláta, Hakan Balta und Babacan, trainiert von Adam Nawalka aus Palan, äh, Polen – großartig! Und was gäben wir, könnte sich das Duo Witsel (Belgien) und Lustig (Schweden) im Doppelpass durch eine Abwehrreihe aus Hitz, Sommer und Drinkwater spielen!

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Die traurige Nachricht ist, dass wir trotz der Teilnahme Irlands und Nordirlands nur zehn Mann für diese Elf hier zusammenbringen: McGovern, McAuley, McCullough, McLaughlin, McNair, McGinn, McKay, McCarthy, Mc-Clean, McGeady.

Wir müssen O’Shea dazunehmen.

Interessant übrigens: Österreich. Wir finden hier Özcan, Dragovic, Garics, Alaba, Arnautovic´, Junuzovic´, Okotie – einige von ihnen tragende Säulen der Mannschaft, und jeder von ihnen hat das, was man einen Migrationshintergrund nennt. Nur ihretwegen (und dank des Trainers Koller, eines Schweizers) hat sich das Land zum ersten Mal überhaupt für eine EM qualifiziert, 2008 waren die Österreicher als Veranstalter automatisch dabei. Wäre es in den vergangenen Jahrzehnten nach der FPÖ gegangen, wäre wohl keiner dieser Spieler Österreicher, und das Land wäre wie eh und je bei der Europameisterschaft nicht dabei.

Oder die Schweiz. Djourou, Behrami, Dzemaili, Fernandes, Mehmedi, Shaqiri, Moubandje, Embolo – alle nicht in der Schweiz geboren, dazu Rodriguez, Seferovic´, Xhaka, Derdiyok, Tarashaj, Zakaria, bei denen mindestens ein Elternteil nicht aus dem Land stammt, für das die Jungs jetzt spielen: 14 von 23 Namen, die das endgültige Aufgebot für das Turnier bilden! (Dazu der aus Sarajevo gebürtige Trainer Vladimir Petkovic´.) Eine Schweizer Nationalmannschaft ohne sie ist schlicht gar nicht mehr denkbar.

Ähnliches ließe sich von Frankreich oder Belgien sagen, auch von Deutschland natürlich mit Leno, dessen Eltern Russlanddeutsche sind, Boateng, Can, Mustafi, Tah, Khedira, Özil, Podolski, Sané, Gómez – was wären wir ohne sie?!

Und jetzt noch ein paar Namen: Gauland (Deutschland), Blocher (Schweiz), Hofer (Österreich), Le Pen (Frankreich). Sie alle und noch ein paar mehr bleiben bitte ganz still, wenn die Mannschaft ihres Landes in den kommenden Wochen ein Tor schießt oder einen Sieg erringt. Denn sie haben damit nichts, aber auch gar nichts zu tun.

Illustration: Dirk Schmidt