Fehler in der Buchstabensuppe

Darf ich in einem gehobenen Restaurant auf Rechtschreibfehler in der Speisekarte aufmerksam machen?

»Kürzlich war ich zum Essen in einem Restaurant, auf dessen Karte es von Rechtschreibfehlern nur so wimmelte. Ich wollte die Bedienung höflich fragen, wer dafür zuständig ist, und die Fehler zeigen, aber mein Mann hielt mich zurück: Das macht man nicht! Ich persönlich finde es peinlich für das Lokal, besonders wenn es den Anspruch der ›gehobenen‹ Klasse hat.« Monika W., Würzburg

Wenn Sie diese Kolumne lesen können, ohne auf Fehler zu stoßen, liegt das nicht etwa daran, dass ich in der Schule gut aufgepasst habe und deshalb besondere orthografische Fähigkeiten aufwiese, sondern an einer sensationellen Schlussredaktion, die nicht nur Fakten und Zitate akribisch prüft, sondern auch die Rechtschreibung. Dort verfügt man wirklich über besondere Fähigkeiten und Kenntnisse auf dem Gebiet der Orthografie und Interpunktion, was das Magazin und seine Autoren in der Regel fehlerfrei dastehen und entsprechend glänzen lässt.

Neben dem Wunsch, auf diese Weise meinen Dank auszudrücken, schreibe ich das, um einen entscheidenden Punkt der Rechtschreibung aufzuzeigen: ihre Außenwirkung - vor allem die negative bei Fehlern. Diese Außenwirkung gibt es, gleich welchen Stellenwert man selbst einer fehlerfreien Rechtschreibung zumisst. Deshalb stehen sich für das Restaurant zwei Möglichkeiten gegenüber: die unangenehme Situation, einmal offen mit den Fehlern konfrontiert zu werden und sie abstellen zu können, versus zwar der unangenehmen Konfrontation zu entgehen, aber dafür womöglich, ohne es zu wissen, von gestrengen Zeitgenossen gering geachtet zu werden.

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Es kommt somit auf Ihre Motivation und die Art und Weise Ihres Vorgehens an. Eine Korrektur um der Korrektur willen, nur um den Rechtschreibregeln oder gar einem Drang zu verbessern Genüge zu tun, wäre tatsächlich unangebracht, solange man noch erkennen kann, welche Gerichte gemeint sind.

Wenn Sie jedoch tatsächlich dem Restaurant nur Peinlichkeiten ersparen wollen und das dezent, freundlich wohlwollend und nicht belehrend oder herablassend tun, halte ich es, obwohl kein Freund des Verbesserns anderer, nicht nur für vertretbar, sondern sogar für begrüßenswert.

Illustration: Serge Bloch