Das Wichtigste steht auf der Brust

Die Schauspielerin Vanessa Hudgens setzt sich wie viele Stars für Frauenrechte ein - mit ihrem Outfit. Reicht das?

Gucci-Tasche, Adiletten, rot getönte Sonnenbrille, Elbsegler und ein lockeres »Crop-Top«: Die Schauspielerin Vanessa Hudgens kennt sich aus mit Trends. Sogar der Aufdruck ihres T-Shirts zeugt davon: »Feminist« ist darauf zu lesen.

Kämpferische Sprüche für die Frauenbewegung sind so verbreitet wie nie. Fahrt aufgenommen hat dieses Phänomen ausgerechnet durch Karl Lagerfeld, der sich vor einigen Jahren mit Aussagen wie »Niemand will kurvige Models auf dem Catwalk sehen« vor allem für die dünnen Frauen einsetzen wollte. Für die dicken eher nicht so.

Ausgerechnet er inszenierte im September 2014 aber dann seine Chanel-Show als eine Art Protestmarsch für Frauenrechte, bei dem Cara Delevingne, Gisele Bündchen und andere Supermodels mit Megafon und Transparenten wie »Ladies First« oder »Women's Rights Are More Than Allright« über den Laufsteg marschierten.

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Der Feminismus wurde chic. Im September 2016 zeigte Maria Grazia Chiuri ihre Debütkollektion für Dior. Das Aufsehenerregendste darin waren nicht etwas die transparenten Abendroben, sondern ein schlichtes weißes Baumwoll-T-Shirt mit dem Aufdruck We Should All Be Feminists, Titel eines TED-Talks der nigerianischen Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie, der bereits von Beyoncé zitiert wurde. Das Ganze traf einen Nerv: Hillary Clinton befand sich als erste weibliche US-Präsidentschaftskandidatin im Wahlkampf, und Chiuri selbst war als erste Chefdesignerin bei Dior gerade zur wohl mächtigsten weiblichen Kreativen der Pariser Modeszene seit Coco Chanel geworden. Und so wurde das Shirt bald an Stars wie Rihanna, Kendall Jenner, Natalie Portman und Jennifer Lawrence gesichtet und zum It-Piece der Saison, trotz seines stolzen Preises von 550 Euro.

Eine Saison später gab es auch beim Designer Prabal Gurung Luxus-Shirts mit The Future Is Female-Aufdruck und wie das immer so ist auf dem kurzen Weg vom Laufsteg in die Modekette, kamen derartige Slogans schon bald bei den Massenherstellern an. Die Google-Ergebnisse zum Begriff »Feminismus-T-Shirt« sind unendlich, H&M etwa bietet eine Version mit »Feminist«-Print im trendigen Gothikschriftzug für 14,99 Euro, außerdem stößt man dabei auch einen Shop namens Feministapparel.com, der eine Art Feministinnen-Starterkit verkauft. Darin enthalten: zwei Shirts, Socken, ein Promocode und ein Malbuch im »Feministinnendesign«. Der Ausverkauf hat begonnen.

Diskussionen über (Alltags-)Sexismus, Gehälterangleichung und allgemeine Gleichberechtigung können nicht genug geführt werden. Und wenn Initiativen wie der Women's March Anfang des Jahres oder auch mal ein Statement-Shirt in einer Modenschau dazu anregen können, ist das nicht anders als positiv zu bewerten. Doch damit ist es halt nicht getan.

Wenn ein T-Shirt so wenig kostet wie ein Kinoticket, hat das eben auch zur Folge, dass die Arbeitsrechte der zumeist weiblichen Näherinnen wohl kaum ausreichend beachtet werden. Und es hat auch nichts mit Gleichberechtigung zu tun, wenn feministische Haute-Couture-Kleidung einem Luxuspublikum vorbehalten bleibt.

Der Verdacht ist, dass viele der Modefirmen nur auf einen Zug aufspringen, um sich modern und zeitgeistig zu positionieren. Gaben sich Unternehmen früher gern einen grünen Anstrich, etwa indem sie behaupteten, gegen Bierkisten-Käufe Regenwald zu schützen, greift heute vermehrt das »Pinkwashing« um sich. Gleichzeitig verlieren die Slogans durch ihre inflationäre Verwendung ihre Symbolkraft. Und in diesem Fall kann man nur sagen: leider.

Nicht zu verwechseln mit: »Zicke«-Shirt mit Strasssteinchen von 2002
Wird getragen von: Rihanna, Madonna, Alexa Chung, Emma Watson, Benedict Cumberbatch, Natalie Portman….ganz Hollywood.
Wird getragen mit: allem, was sonst grad im Trend ist.

Foto: Gettyimages / Bauer-Griffin