Tagebuch: 20. März 1989

Und immer wieder Frühling: 100 Jahre Zeitgeschichte in privaten Notizen.

    20. März 1989
    (Bettina H., *1967) Begeistert stürze ich mich in die neue Arbeit. Kaum zu glauben, was ich plötzlich für eine Arbeitswut an den Tag lege. Aber nach einem halben Jahr Latein ist es nun endlich etwas, das mich interessiert.
    Außerdem bin ich beflügelt durch Gespräche mit meiner Ma über das Ausziehen und die Wohnungsnotlage allgemein. Wirklich gut und völlig, naja, fast völlig spannungsfrei. Gestern darum gebetet, heute schon so ein Erfolg. Und ich bitte um die Gnade, daß es so weitergeht.
    Und nun ist es Mittwoch und ich könnte so viel tun, aber nein, mein Magen spinnt. Und wenn ein Glied leidet, leiden alle anderen mit. Eben! Wenn es der Bauch alleine wäre, wärs ja schon genug mit den Krämpfen und diesem Blödsinn, aber nein, der ganze Körper fühlt sich matsch an. Und ich sitze über diesen Friedhofsbüchern und denke an Ralf z. B. Und an Wolfgang. An Ralf, weil ich nicht weiß, warum ich mich so zu ihm, eigentlich seinem Körper, hingezogen fühle, und weil ich nicht weiß, wie ich damit umgehen soll. Tja, und Wolfgang… warum denke ich an Wolfgang? Ich habe ihn jetzt drei Tage hintereinander in der UB gesehen, habe letzte Woche eine Stunde mit ihm im Regen gestanden und in Beziehungskisten gekramt und stelle nun einfach fest, daß da ein Mensch Interesse an mir hat. Von wegen aktiv wen kennenlernen – eben. Spannend. Aber warum muß immer der Körper da so komisch zwischen herumfunken?