Es war ein totales Desaster. Wir waren Anfang zwanzig, zu dritt, Robert, Tom und ich. Und hatten eigentlich vorgehabt, wie immer irgendeinen Action-Film auszuleihen. In der Tankstelle mit der Videothek war dann aber alles etwas durcheinander geraten, wir hatten im Vorbeigehen so sehr über einige Filmtitel in der Porno-Ecke lachen müssen ("Auf dem Highway sind die Schlampen los" ,"Anal – warum immer ich?", "Auf Schloss Bumms klappern die Nüsse"), dass wir irgendwann an der Kasse standen und tatsächlich einen Sexfilm mitnahmen. Den Titel weiß ich nicht mehr, die Hauptdarstellerin hatte sehr, sehr große Brüste, und Tom nahm zur Vorsicht noch einen Kasten Augustiner Bier mit.

In meiner Küche merkten wir dann, dass der Fernseher so stand, dass von der Wohnung gegenüber eventuell was zu erkennen sein konnte. Falls die Nachbarn sich gerade sehr weit aus dem Fenster beugen sollten. Oder ein neues Fernglas ausprobieren wollten. Und wie gesagt, die Hauptdarstellerin hatte sehr, sehr große Brüste. Wir verhängten das Fenster notdürftig mit einer alten Wolldecke und öffneten drei Bier. Es fielen noch ein paar Bemerkungen über die Porno-Titel, die wir zuvor gesehen hatten ("Lawrence von Analien", "König der geilen Wildkatzen", "Durchgefickte Rollmöpse"), dann begann der Film. Keine Handlung, drei Zeilen Dialog, Action. Na ja. Wir konzentrierten uns aufs Biertrinken, um möglichst unbeteiligt zu wirken. Gesprochen wurde nichts. Sagenhaft verklemmte Angelegenheit für drei erwachsene Männer.

Auf dem Bildschirm herrschte ein ziemliches Durcheinander, die Filmlampen ließen alle Beteiligten glänzen wie Brathühnchen, im Hintergrund eine vertrocknete Topfpflanze, daneben scheußliche Vorhänge, das Ganze sah nach Mallorca-Urlaub 1982 aus. Tom öffnete noch mal drei Bier. Wir schwiegen zu dritt. Was hätten wir auch reden sollen? Es spielt gar keine Rolle, ob einem von uns der Film tatsächlich gefiel, das schien sowieso nicht der Fall zu sein, aber selbst wenn wir alle in diesem Moment zu echten Porno-Aficionados geworden wären – wie soll man darüber reden, wenn drei Kerle in der Küche sitzen und, jeder für sich, mit einer Mischung aus Hm-ist-das-jetzt-aufregend und Gähn-was-soll-der-Unsinn kämpfen?

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Irgendwann murmelte Tom: "Also, die Titten von der Hauptdarstellerin sind schon echt sehr, sehr groß." Wir schwiegen. Ein paar Minuten später brummte Robert: "Ja… aber das wird ein bisschen fad jetzt, oder?" Wir schwiegen wieder lange. Ich spulte vor. Das Bild blieb im Wesentlichen gleich. Tom machte noch mal drei Bier auf. Gemeinsam Pornos anschauen ist die schwachsinnigste Idee, seit Menschen Filme drehen.

Es wurde spät, die Wolldecke rutschte langsam vom Fenster. Ich schaltete den Fernseher aus und fragte: "Gehen wir noch irgendwo ein Bier trinken?" Wir traten hinaus in die Nacht, ich machte ein paar müde Scherze über die Filmtitel in der Videothek, aber nicht mal mehr "Du wirst meinen Prügel spüren" brachte uns groß zum Lachen. Wir gingen ein Stück.
An der Ecke sagte Tom: "Aber hey, die Titten von der Hauptdarstellerin…" - "Ja ja, waren sie," unterbrach ihn Robert.