G – Grünkohl

Der aktuelle Amtsinhaber heißt Christian Wulff. Otto Schily, Helmut Kohl und Guido Westerwelle waren seine Vorgänger – nein, nicht im Amt des niedersächsischen Ministerpräsidenten, sondern als Oldenburger Grünkohlkönige. Einerseits ist diese Königswahl ein Marketing-Witz der Oldenburger Stadtväter, andererseits ist das seltsame Amt aber auch ein Indiz für die besondere Stellung des Kohls in unserem Land: Wein-, Milch- und Erdbeerköniginnen werden nicht nach ihrer politischen Prominenz ausgewählt.

Im angloamerikanischen Raum werden die Deutschen heute noch »Krauts« genannt. Der Spitzname ist verständlich: Denken Sie sich kurz zurück in einen Gemüseladen, wie er bis Mitte der siebziger Jahre existierte, oder kaufen Sie heute Ihr Gemüse im Winter bei einem Biobauern: Was gibt es da? Knollen und Kohl – Gemüse, die sich einen Winter lang halten. Grünkohl schmeckt sogar besonders gut, nachdem die ersten Fröste einen Teil der in den Blättern gelagerten Stärke in Zucker umgewandelt haben. Am liebsten essen wir Grünkohl mit Pinkel oder Braunkohl mit Bregen, deftige Gerichte, bei denen der Kohl so lange gekocht wird, bis sich seine Aromen vollständig mit den Düften der mitgegarten Würste vermählt haben. (Für unsere süddeutschen Leser: Pinkel ist eine geräucherte Grützwurst, also eine Wurst, die vor allem aus Hafer- oder Gerstenschrot, Schweineschmalz und Zwiebeln besteht. Braunkohl heißt Grünkohl, wenn er gekocht wird, bis er seine Farbe verliert, und Bregen sind rohe oder leicht geräucherte Mettwürste.)

Aber gäbe es nicht auch andere Anwärter für den Ehrentitel »Kraut«?
1. American Krauts: Greens and Pot Likker gehören zu den amerikanischen Südstaaten wie das Southern Cross, die Kriegsflagge der Konföderierten im amerikanischen Bürgerkrieg. Dafür kochen Scarlett O’Haras Enkelinnen geräucherte Schweinshaxen mit Grünkohl, Senfblättern, Brunnenkresse und anderen Wildkräutern. Fleisch und Gemüse servieren sie mit Relish und Essig. Die Garflüssigkeit, Pot Likker, gibt es als Suppe dazu.

Meistgelesen diese Woche:

2. Krauti italiani: Ribollita, die toskanische Gemüsesuppe, für die es so viele Rezepte gibt wie Gemüsereste im Hause einer armen Landarbeiterfamilie. Zwei Zutaten kommen immer hinein: Weißbrot und Grünkohl. Toskanischer Grünkohl gilt als besonders fein, er heißt auf Italienisch cavolo nero, Schwarzkohl.

DIE PORTUGIESISCHE NATIONALSUPPE: CALDO VERDE
1 Zwiebel, 4 Knoblauchzehen, 1 Selleriestange, 750 g mehlige Kartoffeln schälen, würfeln. 4 EL Olivenöl erhitzen, 500 g große Venusmuscheln ins Öl geben, mit Wasser ablöschen, zudecken, 5 Min. kochen, bis sich die Muscheln geöffnet haben, Muscheln herausnehmen. Gemüse in den Topf geben, 5 Min. anschwitzen, mit Salz und Pfeffer würzen. 1,5 l Wasser oder Gemüsebrühe zugeben, evtl. auch eine Speckschwarte und 1 Lorbeerblatt. 20 Min. kochen, grob pürieren. 500 g junge Grünkohlblätter waschen, dicke Blattrippen entfernen, Kohlblätter aufrollen, in feine Streifen schneiden, 10–20 Minuten in der Suppe fast weich kochen. 100 g portugiesische Paprikawurst (Chorizo) würfeln, kurz anbraten, mit den Muscheln in die Suppe geben. Mit Olivenöl beträufeln.