Für das letzte Gefecht braucht es die richtige Uniform

SPD-Parteichefin Andrea Nahles verabschiedet sich von Hartz IV. Vielleicht könnte sie sich auch modisch noch von ein paar Sachen trennen.

Auf zum letzten Gefecht: Andrea Nahles' »Uniform« hat noch Potenzial.

Foto: dpa

Farben sind gerade wieder eine große Sache in der Politik. Die Demokratinnen im amerikanischen Kongress trugen neulich bei der Rede zur Lage der Nation alle geschlossen Weiß, was Präsident Trump sicher zu dieser Glut in ebenjener Farbe trieb. In Frankreich stehen sich gelbe Westen und rote Tücher gegenüber. Und bei der Klausurtagung der SPD am vergangenen Wochenende traten ein paar Genossen und Genossinnen wieder in Rot auf. Wenigstens farblich weiß man noch, wofür diese Partei steht.

Als Partei-Chefin kann man so profanes Motto-Dressing natürlich nicht mitmachen. Außerdem steht man als solche ja viel mehr am Rednerpult, und wenn das schon Knallrot ist, der Teppich ebenso und die Wand dahinter auch noch Rotanteil hat, geht man in Parteifarbe ja total unter, und dann ist das schon wieder so eine Führungsschwäche, wie die Parteichefin sie laut Altkanzler Gerhard Schröder ohnehin ständig zeigt.

Also trug Andrea Nahles – bätschi! - am Sonntag einen blauen Anzug, darunter eine weiße Bluse mit roten und blauen Streifen und weiße, abrollfreundliche Turnschuhe. Montag, weil’s so schön war, das gleiche noch mal, nur mit Punkten statt Streifen auf der Bluse. Farblich alles irre harmonisch – aber von der Ausstrahlung her ungefähr so flott wie ein Deutsche-Bahn-Schalter-Kostüm. Farblich sind die ja ähnlich unterwegs. Vielleicht sollte das Ganze auch ein versteckter Hinweis auf den Schulzzug von vor zwei Jahren sein, die Umfragewerte von damals hätte die SPD heute jedenfalls gern.

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Aber es geht ja gar nicht um Äußerlichkeiten, sondern um die Botschaften, und davon gab’s mit Grundrente, Homeoffice und vor allem Bürgergeld statt Hartz IV diesmal mehr als genug. Das Problem ist nur: Man könnte sich auf die Inhalte viel besser konzentrieren, wenn das Äußerliche nicht so irritierend wäre. War das Absicht, dass der Anzug so europablau wie die Sternenflagge am Rednerpult strahlte? Sitzt er deswegen nicht, weil in Europa auch so einiges unrund läuft gerade? Warum zweimal ein fast identisches Outfit? Ein Zeichen für die neue Kontinuität, oder einfach nur leichtes Gepäck?

Und dann lenken natürlich diese Turnschuhe ab, die es namentlich sogar bis in die Tagesschau schafften. »SPD-Chefin Andrea Nahles federt leicht auf ihren weißen, dick besohlten Turnschuhen«, hieß es dort. Da schwingt so eine Gervais-Obstgarten-Analogie mit. Nun muss die 48-Jährige nach einem Sportunfall in der Jugend und einem späteren Autounfall bequemes Schuhwerk tragen, oft wählt sie flache Lederschuhe. Mit Sneakern aber läuft ja jetzt die halbe Welt durch die Gegend, das geht natürlich vollkommen in Ordnung, aber ganz in Weiß zur blauen weiten Hose – das sieht immer noch nach Tennishalle in den Achtzigern aus.

Von Merkel könnte sie in dieser Hinsicht einiges lernen. Die bewies auch beim Styling eine ruhige Hand: einfach immer das gleiche tragen, lediglich die Jackenfarbe wechseln. Da guckt dann irgendwann keiner mehr hin und hört nur noch zu. Das ist der Vorteil am sogenannten Uniform-Dressing. Andererseits: Wenn das von der SPD geforderte Recht auf Homeoffice irgendwann kommen sollte, kann Andrea Nahles ja demnächst von ihrem Bauernhof in Weiler in der Eifel aus arbeiten. Dann ist das Kleiderthema auch endlich vom Tisch.

Wurde auch getragen: vom Bodenpersonal von Air Berlin
Das sagen die Jusos: Sind das diese Ugly Sneaker, von denen man ständig liest?