Wenn der Impfgegner morgens klingelt

Nach der Geburt ihrer Tochter wird unsere Leserin von einem rabiaten Nachbarn bedrängt, der nichts von Impfungen hält. Wie soll sie darauf reagieren?

Illustration: Serge Bloch

»Unser Kind wurde im Dezember geboren. Einer unserer Nachbarn ist Impfgegner und versuchte uns von Anfang an einzureden, unsere Tochter nicht impfen zu lassen, wenn wir ihn im Haus antrafen. Unlängst klingelte er um acht Uhr früh bei uns, er habe unsere Tochter weinen gehört, jetzt wirke das Quecksilber in der Impfung. Ich habe kopfschüttelnd die Tür geschlossen. Was sollen wir tun, wenn sich dieses Verhalten wiederholt? Wir wollen keinen ›Krieg‹ im Haus.« Katharina K., Buchs SG, Schweiz

Weil ich gar nicht gut umgehen kann mit Menschen, die einen Xavier-Naidoo-Song summend den Aluhut aufsetzen und sich vor wehrlose Kinder schmeißen, um diese aus Gründen, die mit Vernunft so viel zu tun haben wie die Biene Maja mit historischer Wahrheit, vor dem medizinischen Fortschritt zu schützen, wenn ihr derzeit sehr voller Terminkalender nicht gerade in Berlin-Mitte oder einer anderen Kleinstadt eine Demonstration gegen die Vorsichtsmaßnahmen während einer Pandemie vorsieht, zumal jetzt, wo die ganze Welt auf einen Impfstoff wartet, habe ich für die Beantwortung Ihrer Frage, statt mich dazu hinreißen zu lassen, Ihnen zu Krieg zu raten, mit einer Expertin telefoniert, die sich seit zehn Jahren mit dem Thema Impfen und Impfgegner befasst. Es ist Cornelia Betsch, Psychologin und Professorin für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt, wo sie die Arbeitsgruppe für Psychologie und Infektionskrankheiten leitet.

Hier ihr Rat an Sie, einfach, dass Sie es wissen und im Hinterkopf haben: Mittlerweile sind für alle empfohlenen Impfungen Impfstoffe ohne Quecksilber vorhanden. Wer sein Kind impft, schützt nicht nur dieses, sondern auch andere, und sogenannte Kinderkrankheiten können auch Erwachsene betreffen und fallen dann oft heftiger aus. So hat Impfen nicht nur eine individuelle, sondern auch eine soziale Komponente. Sie könnten ihm sagen, dass Sie gerne auch für ihn die Verantwortung für eine gesunde Gesellschaft mittragen. Denn wer in einer gut geimpften Herde steht, kann auch das schwarze Schaf sein. Wenn er das selbst nachlesen will, könnten Sie ihm die Internetseite eingeimpft.de empfehlen, dort fände er alles Wissens­werte zum Thema. Dann können Sie freundlich, aber bestimmt Ihrem Nachbarn weiter die Tür vor der Nase schließen – und dabei bloß nicht die gute Laune verlieren.