Warten Sie auch noch auf eine Lieferung von der FDP? Seit Jahren versprechen uns liberale Spitzenpolitiker, bald etwas zu »liefern«. Die meisten dieser FDP-Leute haben ihre Ämter verloren, ohne je geliefert zu haben, deshalb werden wir leider nie erfahren, was genau sie eigentlich liefern wollten. Im Zweifel natürlich Ergebnisse, ordentliche Wahlergebnisse. Da sie aber offenbar nicht mehr wussten, was sie tun sollten, um dem Wähler wieder zu gefallen, feuerten sie sich mit einem diffusen »Wir müssen liefern« an. Klingt gut, verspricht viel, heißt nichts.
Die FDP trägt also Mitschuld an der epidemiehaften Verbreitung eines Anglizismus unter Politikern, aber auch unter Wirtschaftsfunktionären, Sportlern und Castingshowjuroren: »You’ve got to deliver«, sagt der Amerikaner, wenn er Leistung einfordert. Und so passt es, dass die ebenso leistungsorientierten wie zuletzt leistungsschwachen Liberalen die Lieferphrase im Deutschen etabliert haben. Heute jedenfalls vergeht kaum ein Tag, an dem nicht von irgendwem gefordert wird zu liefern. Eine Stichprobe aus dem Pressearchiv des vergangenen Monats: »Draghi muss liefern«, »Die Handballer müssen liefern«, »Dobrindt muss liefern«, »Der DAX muss liefern«, »Opel muss liefern«. Wer liefern muss, ist geliefert. Denn wenn die Lieferpflicht öffentlich erwähnt wird, heißt das, der Lieferant ist schon im Verzug. Und so kommt das Versprechen, bald zu liefern, meistens von Menschen, die dann nichts mehr liefern außer schlechte Nachrichten.
Natürlich ist das oft zitierte Liefern auch Ausdruck einer fortschreitenden Amazonisierung und Zalandoisierung unserer Gesellschaft. Es steht für die Kundenmentalität, mit der wir längst alle Bereiche unseres Lebens verstehen, eben auch die Politik: Der Bürger will für seinen Auftrag, den er per Kreuzchen erteilt, etwas bekommen. Und der Politiker verspricht vor der Wahl, per Sofortversand zu liefern.
Damit wären wir wieder bei der FDP. Denn das Problem an der Lieferantenlogik, lässt man sich darauf ein, ist ja: Der Kunde kann die Ware zurückschicken, wenn sie ihm nicht gefällt. Fragen Sie mal Philipp Rösler. Und: Wenn gar nichts mehr bestellt wird, kann man auch nichts mehr liefern. Fragen Sie mal Christian Lindner.
Illustraion: Andy Rementer