Ausgesummt

Die Bienen drohen auszusterben. Das bedeutet nicht nur weniger Honig auf dem Brot, sondern auch weniger natürliche Bestäubung auf Feldern und Wiesen. Und das hat Folgen für uns alle: Dreißig Prozent der gesamten Lebensmittel-Ernte der Menschheit hängt von den Bienen ab. Unser Fotograf hat Imker auf der ganzen Welt bei ihrer Arbeit begleitet.

Rudolf Steiner, der österreichische Esoteriker, hat die Katastrophe vor knapp hundert Jahren vorausgesagt: Die Veränderung der Bienenstöcke und die Industrialisierung des Imkerns werde in etwa neunzig Jahren zu einem großen Bienensterben führen. Albert Einstein hat man das berühmte Zitat über den Bienentod allerdings nur in den Mund gelegt: »Erst sterben die Bienen, dann die Pflanzen und die anderen Tiere, am Schluss der Mensch.« Das Verschwinden der Bienen wäre tatsächlich eine Katastrophe: Auf Honig, die älteste Süßspeise der Menschheit, könnten die Menschen verzichten, doch Bienen bestäuben die Blüten und sichern die Ernte. Ein Drittel aller Lebensmittel des Menschen hängt direkt von der Honigbiene ab.

Man weiß, dass in Teilen der USA das große Sterben schon lange eingesetzt hat: Siebzig bis achtzig Prozent der Bienenvölker sterben dort in jedem Winter ab, in Deutschland waren es in den vergangenen zehn Jahren etwa ein Drittel aller Völker, fünf bis zehn Prozent galten lang als normaler Wert. In westlichen Großstädten geht es den Bienen inzwischen besser als auf dem Land, sie finden mehr Nahrung und die Temperaturen bleiben länger mild. Man vermutet, dass das Bienensterben mehrere Ursachen hat: die moderne Landwirtschaft mit bienenschädlichen Insektiziden und Monokulturen, vor allem aber die Varroamilbe. Sie ist der größte Bienenkiller.

Bis auf Australien und die Antarktis ist heute kein Kontinent mehr frei von der Milbe. Dennoch geht es wilden Bienenvölkern in einigen Ländern Asiens und Südostasiens noch besser, auch in Indien. Die dort heimische östliche Honigbiene, Apis cerana, hat sich an die Varroamilbe besser angepasst als die im Westen und Afrika verbreitete Apis mellifera. Trotzdem haben China und Japan zuletzt drastische Verluste gemeldet, genau wie Ägypten und der gesamte Nahe Osten. Aber in Kamerun, wo eigentlich auch die anfälligere Apis mellifera beheimatet ist, gehen traditionell immer noch Kinder auf die Suche nach Bienen, ihre Eltern räuchern die Bienenstöcke aus und bringen die Honigwaben in Bananenblättern nach Hause, so wie man das dort seit Jahrhunderten macht.

Meistgelesen diese Woche:

Die Lage ist unübersichtlich, erst recht sind es die Rettungsvorschläge: Einige Imker experimentieren mit baulich veränderten Bienenstöcken oder mit unterschiedlichen Züchtungen und suchen in den Studien von Bruder Adam, einem legendären Imker und Benediktinermönch aus England, nach einer Idee. 98 Jahre alt ist der Mönch geworden, der in den Zwanzigerjahren schon einmal einen Weg fand, wie eine damals
in England grassierende Bienenseuche zu bezwingen war.

Fotos: Eric Tourneret