Beten vor dem Boarding

Auf Flughäfen gibt es nicht nur überteuerten Kaffee und Duty-Free-Shops, sondern auch Gebetsräume. Nur sind diese oft sehr versteckt. Andreas Duscha reiste fünf Wochen um die Welt und fotografierte die größtenteils sehr irdischen Orte, an denen Reisende zu Gott finden.

Name: Andreas Duscha
Geboren: 15. Juni 1976 in Heidenheim
Ausbildung: Akademie der bildenden Künste, Wien
Website: andreasduscha.com

Ihre Fotos zeigen Gebetsräume in Flughäfen rund um den Globus. Wie müssen wir uns das vorstellen? Als Weltreise von Gebetsraum zu Gebetsraum?

Andreas Duscha: Ja, genau so. Gestartet bin ich in Paris und war dann fünf Wochen lang von Flughafen zu Flughafen unterwegs. Die Gebetsräume befinden sich fast immer innerhalb des Transitbereichs. An manchen Flughäfen habe ich deshalb nur einige Stunden verbracht, die Aufnahmen gemacht und bin dann gleich weitergeflogen.

Allein für die USA listet die Homepage der „Internationalen Vereinigung Geistlicher an zivilen Flughäfen“ über 40 Flughäfen mit Gebetsraum. Nach welchen Kriterien haben Sie eine Auswahl getroffen und Ihre Route bestimmt?
Ich wollte nur interreligiöse Gebetsräume fotografieren, zeigen wie die Umsetzung eines Raumes funktioniert, der für alle Religionen kompatibel sein soll und nur durch seine Funktion definiert wird. Das gibt es weltweit nur an 42 Flughäfen. Ich habe dann 25 Räume für meine Studie ausgesucht und immer aus der gleichen Zentralperspektive fotografiert.

Die Gestaltung der Räume ist wahrscheinlich sehr unterschiedlich?
Absolut. An manchen Airports gibt es sogar gleich mehrere, verschieden gestaltete Räume. In Singapur ist zum Beispiel gleich neben einem kahlen Raum eine Variante, in der ein Zelt einen abgetrennten Bereich für Frauen bildet. Außerdem habe ich viele Orte gesehen, an denen die religiöse Symbolik ganz pragmatisch durch Deklaration ersetzt wurde. In Heathrow teilt ein laminierter gelber A4-Zettel dem Besucher mit, dass es sich bei dem schlichten, ungeweihten Holztisch um einen christlichen Altar handeln soll. In Atlanta weist ein handgemalter Pfeil an der Wand aus Glasbausteinen gen Mekka.

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Sie haben nur menschenleere Räume fotografiert, beten Reisende also gar nicht?
Natürlich habe ich die Privatsphäre der Betenden beachtet und mit den Aufnahmen gewartet, wenn Menschen im Raum waren. In Singapur hat es fast acht Stunden gedauert bis ich die Fotos machen konnte, da gaben sich die Geschäftsreisenden förmlich die Klinke in die Hand. In Europa habe ich die meisten Räume verlassen vorgefunden. Gerade interreligiöse Gebetsräume liegen übrigens sehr versteckt, denn für sie gibt es keine örtliche Religionsgemeinschaft, die gegenüber der Flughafengesellschaft die Miete übernimmt. In Paris Orly hat die Suche zusammen mit dem Wachdienst über eine Stunde gedauert.

Sind Sie selbst religiös?
Nein, mir geht es auch nicht um eine religiöse Auseinandersetzung. Religion ist für mich ein Brennglas, das mir helfen kann soziale Phänomene wie die Macht von Definitionen nachzuzeichnen. Speziell diese interreligiösen Räume bieten außerdem ein Motiv, in dem sich Sachlichkeit und Spiritualität einzigartig gegenüber stehen.

Fotos: Andreas Duscha