Kolossaler Tropfen

Im Weinbau ist nun wieder die Steinzeit angebrochen. Statt in Holz oder Stahl lassen einige Winzer ihre Weine im Steinfass reifen – und erzielen damit eine besondere Wirkung.

Es ist schwierig, einen Duft in Worte zu fassen. »Viele Menschen können sich nicht vorstellen, wie Stein schmeckt oder riecht, deshalb behelfe ich mir damit, den Duft mit Fruchtnoten zu umschreiben«, sagt der Winzer Stefan Krispel. Der Wein, den der 25-Jährige kreiert hat, reift nicht im Holz-, sondern im Steinfass. Genau genommen sind es große Tröge aus dem Vulkangestein Basalt, die im Keller des Weinbauers stehen und ein wenig an Sarkophage erinnern.

Der Wein duftet »straff«, sagt Krispel, »mit leichter Vanille- und Karamell-Note«.

In der österreichischen Südoststeiermark, wo Krispel seinen Wein produziert, ragten vor Millionen Jahren Vulkane aus dem Boden, die heute noch als grüne, von Weinstöcken bewachsene Hügel sichtbar sind. So gedeihen schon die Reben auf basalthaltiger Vulkanerde, bevor die gepressten Trauben im Basaltfass landen.

Meistgelesen diese Woche:

Mit 13,5 Volumprozent ist der Basaltwein nicht federleicht, aber das würde wohl kaum zu einem Steinwein passen. Herb, aber nicht bitter – es ist ein Geschmack, der lange am Gaumen kleben bleibt. Die mitabgefüllte Hefe trübt dabei zwar die Flüssigkeit, nicht aber das Geschmackserlebnis. Im Gegenteil: Der Wein wird dadurch weicher. Wer trotzdem die klare Variante bevorzugt, kann den Wein trinken, ohne ihn aufzuschütteln, denn die Hefe setzt sich am Boden der Flasche ab.

Das heute traditionelle Holzfass war in der antiken Weinproduktion weitgehend unbekannt. Im alten Georgien wurden Trauben in den »Quevri« zu Wein. Diese Tongefäße vergrub man im Boden, wodurch kaum Sauerstoff an den Wein gelangte. Heute greifen einige Winzer die alte Amphoren-Methode bei der Produktion der »Orange Weine« wieder auf. Diese Weißweine werden wie Rotwein auf der Maische, also mit der Schale, vergoren und nehmen dadurch eine dunklere, orange Farbe an. Auch der Basaltwein reift auf der Maische, hat den anderen orangen Weinen aber etwas voraus: Durch den langen Kontakt mit der Schale haben diese ein größeres Maß an Gerbstoffen, welche geschmacklich leicht Überhand nehmen können. Das Basaltgestein reduziert diese und erhält so den Geschmack der Traube.

Genau wie Krispel sieht Winzer Martin Obenaus im Stein eine harmonisierende Wirkung. Der niederösterreichische Weinbauer ließ schon zwei Jahrgänge Riesling im Granitfass reifen – allerdings in Form der für Weißwein traditionellen Mostgärung. Nun reift ein Grüner Veltliner auf der Maische und wird ab Oktober im Verkauf sein.

Wein aus dem Stein muss aber nicht weiß oder orange sein. Im rheinländischen Landau-Nußdorf am Weingut Emil Bauer und Söhne reift gerade der erste Rotwein im Granitfass heran. Davor wurde ein Riesling im Granitfass als Most vergärt. Das Ergebnis: ein fruchtiger und – durch den Granit – mineralischer Wein mit Zitrusnote.

Am Weingut Krispel hat die Verwendung des Vulkangesteins eine lange Tradition. »Im Gegensatz zum dichten Granit ist Basalt sehr feinporig. Dadurch schmeckt auch der Wein feiner«, erklärt Krispel. Stefan Krispels Vater hatte schon lange die Idee gehabt, den Basaltstein auch in der Weinproduktion zu verwenden und schenkte seinem Sohn zur Betriebsübernahme ein Fass, das von einem Steinmetz eigens angefertigt wurde. Das amphorenartige Gefäß wies aber zu viele durchlässige Klebestellen und Haarrisse auf. Die Basalttröge, in denen der Wein heute reift, sind aus einem Stück gemeißelt. Der Steinmetz verwendet dafür Vulkansteinbrocken, die in der Urzeit durch Blasenbildung entstanden und sehr rar sind.

Nicht nur das falsche Fass war daran schuld, dass es nicht gleich mit dem Basaltwein klappte. Der erste Versuch, einen Chardonnay Klassik im Steinfass auszubauen, ging schief. Die Traube vergor zu schnell, der Wein schmeckte unausgewogen. Der heutige Basaltwein, Jahrgang 2012, ist ein Cuvée aus 70 Prozent Sauvignon blanc und 30 Prozent Grauburgunder. Er reifte ein Jahr im Holz- sowie ein Jahr im Basaltfass. Die zweite Generation soll zwei volle Jahre im Vulkanstein verbringen.

Basaltwein »B1«
Weingut Krispel (www.krispel.at)
Neusetz 29, 8345 Hof bei Straden, Österreich
wein@krispel.at
Bestellung über den Onlineshop

Riesling aus dem Natursteinfass
Weingut Obenaus (www.weingut-obenaus.at)
Lange Zeile 24, 3704 Glaubendorf, Österreich

Riesling »Granit 2013«
Weingut Emil Bauer & Söhne (www.bauerwein.de)
Walsheimer Straße 18, 76829 Landau-Nußdorf
bauerwein@web.de