Der Teufel steckt im Oberteil

Popstars tragen gerne die T-Shirts von Rockbands, um düsterer zu wirken. Das versucht Justin Bieber mit seiner neuen Klamottenlinie auch – das Ergebnis ist fast schon rührend.

Jetzt entwirft er auch noch T-Shirts. Und was für welche. Sie sollen nach Heavy Metal aussehen: Vorn drauf ist rätselhafterweise Marilyn Manson zu sehen, hintendrauf steht »Bigger Than Satan« und »Bieber«. Aber was heißt das: Ist Bieber bigger als Satan? Ist Manson Satan? Oder ist Manson bigger als Satan? Aber was ist dann Bieber? Weiß kein Mensch. Zu kaufen gibt es die Hemden auf jeden Fall beim amerikanischen Luxuskaufhaus Barneys, für 195 Dollar das Stück. Offen ist, ob die Idee auf den Einfluss völlig überdrehter Berater zurückgeht oder ob, ganz im Gegenteil, der völlig überdrehte Justin Bieber nicht mehr auf seine Berater hört.

Jeder weiß: Bei Popstars geht es nicht nur um Musik, genauso wichtig sind Image, Aussehen, Kleidung. Die Optik muss alle paar Jahre drastisch geändert werden, das hält die Spannung, das erregt Aufsehen (wer würde heute von Miley Cyrus reden, wenn die nicht längst den brutalstmöglichen Imagewandel vollzogen hätte?). Der demonstrative Bruch mit der heilen Welt ist dabei der verlässlichste Trick. Nichts einfacher, als ein Hemd anzuziehen, das böööse aussieht, und sich damit den Anschein geben, man hätte auch Schattenseiten.

Vor Jahren schon zeigten sich einzelne Spice Girls – und daraufhin Massen von Mädchen – mit Motörhead-T-Shirts, das sollte heißen: Hey, wir können auch mit den wilden Jungs, so unschuldig sind wir nicht. Der Trick wurde schnell mainstream-fähig. Bei H&M tauchten Shirts mit dem Logo der Ramones auf, auch in Kindergrößen, da passte dann rein gar nichts mehr: Kundinnen zu jung, Band zu alt / zu tot / zu unbekannt für die Zielgruppe, Musik zu laut, Punkrock-Hintergrund zu fremd. Ein einziger endloser Dschungel von fehlgeleiteten Bedeutungen und Bezugsetzungen. Irre.

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Ob die vermeintlichen bösen Buben, die als Credibility-Lieferanten dienen, das überhaupt gut finden, bleibt meistens im Dunkeln. Die noch lebenden Ramones freuten sich über das Lizenz-Geld von H&M, Lemmy kommentierte die überraschende Zahl angeblicher Motörhead-Fans eher liebevoll-spöttisch. Manche finden das alles aber auch richtig doof: Seitdem sich Kendall Jenner, Model und Schwester von Kim Kardashian, öffentlich mit einem T-Shirt der Metal-Band Slayer zeigte, trägt deren Gitarrist Gary Holt bei seinen Konzerten gern ein Hemd mit dem Schriftzug »Kill The Kardashians«.

Und Justin Bieber? Ach ja. Justin Bieber. Da kann er sich noch so oft »Satan« auf sein Hemd schreiben, für einen bösen Buben wird ihn weiterhin niemand halten. Umso rührender, dass auf seinem T-Shirt Marilyn Manson zu sehen ist. Das ist so, als würde ein schüchterner Junge zur Schulparty seinen großen Bruder mitbringen. Für alle Fälle. Es könnten ja die echt bösen Jungs aus der höheren Klasse auftauchen. Da ist man als Satans-Anwärter dann lieber doch ein bisschen vorsichtig.

Erinnert an: das, was 13-jährige Metal-Fans auf ihre Schultasche kritzeln.
Wer kauft das? 13-jährige Bieber-Fans mit zuviel Geld.
Was dem T-Shirt gut tun würde: ein anderes drüberziehen.

Foto: Barneys