Na logo!

Orange is the new black – das ist nicht nur der Titel einer beliebten Netflix-Serie, sondern scheint sich nun tatsächlich auch mit Blick auf US-Wahl zu bewahrheiten. Außerdem schleicht sich unter diesem Motto gerade eine neue Trendfarbe an – eingeläutet von niemand Geringerem als dem modebewussten Rapper Drake. Der watschelte kürzlich im monochromen Baumwoll-Jogginganzug durch Los Angeles. Was dabei fast noch mehr ins Auge fällt als dessen knallorange Farbe ist der bunte Schriftzug auf Brust und rechtem Hosenbein: In verschiedenfarbigen, dünnen Lettern prangt hier eines der bekanntesten Modelogos der 80er und 90er Jahre: Esprit.

1996 hätte Drake mit diesem leuchtenden Ensemble jeden seiner Klassenkameraden in der Junior High School schwer neidisch gemacht. Die bunten Logos von Esprit waren damals der Inbegriff kalifornischer Lässigkeit. Doch der Coolness-Faktor der Marke wurde über die Jahre durchaus in Mitleidenschaft gezogen. Börsengang, rasantes Wachstum und ein damit einhergehendes Überangebot an eigenen Läden, Linien sowie Lizenzprodukten verwässerten die einst so starke Design-Handschrift des Unternehmens und machten das Esprit-Sweatshirt zuletzt eher zum Kleidungsstück der Wahl des modefaulen Durchschnittsdeutschen - zusammen mit Tom Tailor-Jeans und S.Oliver-Jacke.

Was bewegt also einen der angesagtesten Rapper unserer Zeit, der die neusten Designerkollektionen nur so hinterhergeworfen bekommen dürfte, sich 2016 ausgerechnet einen grellen Komplettlook von Esprit auszusuchen? Möchte er damit seiner Mutter eine Freude machen? Oder huldigt er den holländischen Fußballfans? Nicht auszuschließen, sein Faible für farbenfrohe europäische Fußballshirts stellte er erst kürzlich im zartrosa Auswärtstrikot von Juventus Turin unter Beweis.

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Einerseits entstammt der Look einer neuen limitierten Kollektion, die Esprit zusammen mit dem hippen New Yorker Modelabel Opening Ceremony entworfen hat, plus: das einst in San Francisco gegründete Label (das heute in Ratingen und Hongkong sitzt) hat sich vor einigen Jahren komplett aus Nordamerika zurückgezogen und ist dort somit schwer erhältlich – beides sorgt für zusätzliche Begehrlichkeit.

Doch was Drake viel mehr überzeugt haben dürfte, ist der Nostalgie-Faktor. Beim Anblick des rückenfreien Esprit-»E« kann einem schon mal warm ums Herz werden. Es erinnert an eine Zeit, in der sportliche Freizeitkleidung noch aus kuscheliger Baumwolle statt hochtechnischen Funktionsmembranen gefertigt wurde, jeden Abend Friends im Fernsehen lief und generell irgendwie alles etwas einfacher und überschaubarer wirkte.

Dieses Retro-Gefühl haben in den letzten Jahren verschiedene 90er-Marken erfolgreich für sich genutzt und logobeladene Neuauflagen ihrer Klassiker herausgebracht, darunter Calvin Klein, DKNY oder Tommy Hilfiger. Simple Baumwoll-Shirts und -Sweater, plakativ bedruckt mit dem altbekannten Markenlogo – so einfach lässt sich derzeit Markenaufwertung betreiben und nebenbei sehr gutes Geld verdienen. Die heiß begehrten Logo-Kapuzenpullis von Calvin Klein haben etwa einen Verkaufspreis von 125 Euro.

Steht also auch Esprit ein zweiter Frühling als It-Marke bevor? Das Unternehmen meldete zuletzt zweistellige Umsatzrückgänge, ein Image-Aufschwung kann da nicht schaden. Und wenn jemand das Zeug dazu hat, die nötige Celebrity-Unterstützung zu bieten, dann Drake, dessen eigenwillige Outfits aus dem Video zu seinem Hit Hotline Bling (Designer-Rolli, knallrote Moncler-Daunenjacke, Timberland-Boots) wohl ebenso oft kopiert wie seine Tanzmoves auf die Schippe genommen wurden.

»Ein Logo ist dann gut, wenn man es mit dem großen Zeh in den Sand kratzen kann«, sagte der berühmte Grafikdesigner und Typograph Kurt Weidemann einmal. Damit hätte Esprit dann eigentlich alles, was man derzeit in der Mode braucht.

Wird getragen von: Kindern im Disney Club und bei Kinderquatsch mit Michael, flotten Casual-Müttern in den 90ern, Kenny in Southpark
Wird getragen mit: Samt-Haargummis, Karottenhose oder Leggings, Nickituch, Clip-Ohrringen
Stil-Mantra: Orange is the new black

Foto: Gettyimages / Backgrid