Hilfe, ich muss dauernd an Donald Trump denken!

Beim Fußball, in der Nacht, am Küchentisch – Axel Hacke hat Donald Trump ständig im Kopf. Aber wie kriegt man ihn da wieder raus?

Zu meinen aktuellen Problemen gehört: Ich kann Donald Trump nicht vergessen. Immerzu muss ich an ihn denken. Seine Frisur. Seine blöden Krawatten. Seine entsetzliche Politik. Seinen Hass und seine Reizbarkeit. Es ist zwanghaft. Es ist furchtbar. Es beeinträchtigt mein Leben.

Man sitzt mit Freunden zusammen, isst, trinkt, redet, möchte sich entspannen, aber nach zehn Minuten fängt einer von Donald Trump an, nein, viel schlimmer: Ich fange von Donald Trump an.

Man denkt, okay, versuche ich es mit Fußball, Fußball hat mich immer abgelenkt, in Fußball kann ich mich vertiefen, ich bin also im Internet in Sachen Fußball unterwegs, lande auf der Facebook-Seite des Trainers von Werder Bremen, der heißt Alexander Nouri. Und was tut er? Er kritisiert die Politik von Donald Trump!

Meistgelesen diese Woche:

Man wacht nachts auf, geht ein Glas Wasser trinken, steht allein in der Küche und denkt plötzlich: Was Donald Trump jetzt wohl macht? Wie spät ist es in Washington? Neun Uhr abends? Wahrscheinlich sitzt er vor der Glotze. Oder fummelt an irgendwelchen roten Knöpfen rum? Verdammt, was macht der Kerl schon wieder?!

Damit wir uns richtig verstehen: Es ist wichtig, dass wir uns mit seiner Politik beschäftigen, wir müssen reden, wir müssen zusammenstehen, es ist großartig, dass auch Fußballtrainer ein politisches Bewusstsein haben, Trump ist die größte Gefahr für die Demokratie seit langer Zeit.

Andererseits kann ich sein Gesicht nicht mehr sehen. Und es muss Rückzugsorte geben, Räume des Vergessens. Was sollen wir tun? Selbsthilfe-Initiativen gründen, Nulltrumpgruppen an den Volkshochschulen? Wenn es so weitergeht, kippt die Geburtenrate in Deutschland in neun Monaten nach unten, kein Mensch hat Lust auf Sex, wenn er an einen dicken Typen mit überlangem Schlips denken muss, der Make America great again keucht.

Übrigens gibt es ja die These, Trump habe beschlossen, Politiker zu werden, als er 2011 beim White House correspondents’ dinner im Publikum saß und sowohl von Obama als auch dem Comedian Seth Meyers mit sehr lustigen Witzen veralbert wurde. Da keimte, so diese These, der Gedanke an Rache. Wir kennen den Gedanken: Was wäre aus Hitler geworden, wenn er an der Wiener Kunstakademie angenommen worden wäre?

Die Leute rätseln ja immerzu, wie es möglich ist, dass es einem Milliardär mit einem Kabinett von Milliardären gelingt, sich als Rächer des amerikanischen Arbeiters aufzuspielen, dem er doch mit seiner Politik auf übelste Weise schaden wird. Aber darum geht es nicht, liebe Freunde, sondern hierum: Der maximal Gekränkte ist einfach der ideale Repräsentant derer, die sich übersehen und nicht beachtet fühlen, also gekränkt. Und natürlich ist es die größte nur denkbare Genugtuung des Gekränkten, dass wir nun ununterbrochen an ihn denken müssen und ihn nicht mehr aus dem Kopf kriegen. »Das habt ihr nun davon!«, denkt er. »Jetzt verfolge ich euch in euren Tagen und Nächten, und wenn ich mir diesen Koffer mit den Codes für die Atomraketen anschaue, ach, es ist schön, euch zittern zu fühlen …«

Was soll man tun? Über den Lächerlichen nicht mehr lachen? Dem Humorlosen nur noch mit Ernst begegnen? Dazu ist es aber erstens zu spät, und zweitens ist der Mann doch nun einfach zu lächerlich, nicht wahr? Mir fällt eine Anekdote über den italienischen Schriftsteller, Journalisten und Diplomaten Curzio Malaparte ein, der eigentlich Kurt Erich Suckert hieß und Sohn eines Deutschen und einer Italienerin war. Malaparte hatte sich so oft über Mussolini, dessen albernes Gehabe und insbesondere seine hässlichen Krawatten lustig gemacht, dass er beim »Duce« vorgeladen und von ihm persönlich runtergeputzt wurde.

Als Malaparte sich anschickte, den Raum zu verlassen, fragte er im Gehen: »Darf ich noch etwas zu meiner Verteidigung vorbringen?«

»Nur zu!«

»Selbst heute tragen Sie eine hässliche Krawatte!«

Illustration: Dirk Schmidt