Unter die Flügel greifen

Forscher warnen seit Jahren vor dem Bienensterben. Aber jeder kann etwas tun, um den Insekten zu helfen. Ein Ratgeber.

Die Bienen sind wieder los. Wie jedes Jahr um diese Zeit begeben sie sich auf Pollensuche. Doch das große Summen könnte bald leiser werden.

Glaubt man den Mahnungen der Forscher, die mittlerweile jede Bienensaison drängender werden, steht es nicht gut um unsere Bienen. Was wiederum schlecht für uns ist, denn so lästig sie sein können, wenn man sie reizt: Als Blütenbestäuber gehören Bienen zu unseren wichtigsten Nutztieren. Mehr als neunzig Prozent aller Blütenpflanzen sind auf den Pollentransfer durch Insekten wie Bienen angewiesen, um Früchte zu tragen. Die Rede ist nicht nur von Honigbienen – die bestäuben in Deutschland höchstens die Hälfte der Nutzpflanzen. Ebenso wichtig sind Hummeln und Wildbienen.

Den vergangenen Winter haben in Deutschland laut ersten Um- fragen unter Imkern bis zu zwanzig Prozent der Honigbienenvölker nicht überlebt. Als normal gelten jährliche Verluste von zehn Prozent. Der Klimawandel, der milde Winter und zu frühe Blütephasen, aber auch Parasiten setzen den Tieren zu, zudem finden sie in den Monokulturen der Landwirtschaft nicht mehr genug Futter.

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Initiativen wie der World Save Bee Fund oder »Deutschland summt!« engagieren sich für den Schutz der Bienen. In den USA hatte Barack Obama eine Bienen-Taskforce eingesetzt, um das Problem in den Griff zu bekommen – ob auch Donald Trump den Bienen gewogen ist, ist noch unklar. Jedenfalls: Allmählich regt sich etwas. Es ist auch kein Zufall, dass in den vergangenen Jahren das Hobbyimkern zur Mode geworden ist. Allerdings ist es ein Hobby, das viel Zeit und Mühe erfordert. Zum Beispiel bräuchten Bienen in unseren Regionen im Winter meistens zusätzliches Futter, selbst wenn man ihnen vollständig ihren Honig lasse, sagt Eckard Radke, Präsident des Landesverbandes Bayerischer Imker. Außerdem müsse jeder Imker die Varroa-Milbe, den gefährlichsten Feind der Bienen, konsequent bekämpfen. Andernfalls drohten hohe Verluste. Und unter der nachlässigen Arbeit eines einzigen Imkers litten auch die Bienenvölker benachbarter Kollegen.

Um Bienen zu unterstützen, muss man allerdings nicht unbedingt zum Imker werden. Die größte Hilfe ist simpel: Blumen säen. Im Garten, auf Brachen, auf dem Balkon. Denn hungrige Bienen sind schwache Bienen und damit anfälliger für Krankheiten. Heute können Bienen in den Städten sogar mehr Nahrung finden als auf Äckern – aber es reicht längst nicht. Damit sie das ganze Jahr über genug Nahrung haben, brauchen die Tiere viele verschiedene Pflanzen, die zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr blühen, nicht nur im Frühling. Als Faustregel für die Bepflanzung rät der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, kurz BUND: Je vielfältiger, desto besser. Am meisten fliegen Bienen auf nektar- und pollenreiche Blüten wie die von Wiesenklee oder Obstbäumen. Und sie bevorzugen heimische Gewächse – vor allem Wildbienen können mit exotischen Blüten nichts anfangen.

Außerdem meint der BUND, man solle beim Kauf von Blumen, Stauden und Sträuchern darauf achten, dass sie nicht mit Insektiziden behandelt wurden. Seit Jahren streiten sich Chemiekonzerne und Umweltschützer darüber, wie schädlich denn nun die sogenannten Neonicotinoide für Bienen sind. Zurzeit sind viele dieser Mittel für den privaten Gebrauch verboten, jetzt wird auf EU-Ebene auch ein Verbot für die Landwirtschaft erwogen. Für Tomas Brückmann, beim BUND für Pestizide und Biodiversität zuständig, ist generell klar: »Pestizide haben einen erheblichen Anteil am Sterben der Bienenvölker.« Auch auf dem Balkon oder im Garten hätten Pestizide deshalb nichts verloren.

Bienen freuen sich zudem über etwas Wildnis in Blumenkästen und Beeten. Die Ordnungsliebe vieler Hobbygärtner mit gestutztem Rasen, pflegeleichten (aber nahezu blütenfreien) Nadelbäumen und unkrautfreien Beeten verwehrt den Insekten ihre Nahrungsquellen. Also einfach mal wachsen lassen. Und Bienenhotels aufstellen – das sind Nisthilfen, die aus Holzblöcken mit Bohrlöchern bestehen, in die Wildbienen und andere Insekten geschützt ihre Nester bauen können. Damit sie nicht zu feucht werden, sollten diese Bienenhotels an Plätzen stehen, auf die einige Stunden am Tag die Sonne scheint. Und woran viele nicht denken: Auch Bienen haben Durst. Im Sommer stellt man in die Nähe blühender Pflanzen am besten ein flaches Schälchen mit Wasser und legt Kiesel hinein, die etwas herausragen – wie bei einer Vogeltränke, nur in Insekten klein.

Auf Balkon und Fensterbrett

Legen Sie sich Kräuter zu. Bienen lieben Rosmarin, Bohnenkraut, Thymian, Minze, Basilikum, Salbei, Schnittlauch oder Zitronenmelisse. Sie können Sie diese Kräuter auch sehr gut zum Kochen verwenden, aber lassen Sie für die Bienen immer genug blühen und schneiden Sie die Blüten nicht ab. Ebenfalls gut geeignet für Blumenkästen: Buschzinnie, Studentenblume, Vanilleblume, Männertreu, Steinkraut, Lavendel, Wicken und Winden. Halbschatten vertragen zum Beispiel Katzenminze, Knäuelglockenblume, Berglauch oder Kuhschelle. Auch Kletterpflanzen wie die Waldrebe, Kapuzinerkresse oder Efeu sind prima für Balkone und Bienen.

Im Vorstadtgarten

Krokus, Winterling, Blaustern und Märzenbecher sind im Frühjahr die ersten Nahrungsquellen für Insekten. Im Sommer sind zum Beispiel Sonnenblume, Königskerze, Mohn, Kornblume und Margerite eine gute Wahl. Ins bienenfreundliche Staudenbeet passen Fetthenne, Kugeldistel, Löwenmäulchen, Phlox, Flockenblumen, Malven und Vergissmeinnicht. Auch Rosen eignen sich gut – aber es müssen ungefüllte Sorten sein: In gefüllten Blumensorten von Rosen, Pfingstrosen oder Astern finden die Bienen vor lauter Blätterwänden keinen Weg in die Blüte. Eine Enttäuschung für Bienen sind auch Geranien. Sie versprechen durch Farbe und Duft köstlichen Nektar, haben aber gar keinen zu bieten. Pflanzen Sie lieber noch ein paar Brombeer- oder Johannisbeersträucher. Davon können Sie später auch Beeren ernten. Die Blüten vieler Gemüsepflanzen wie Zucchini oder Kürbis bieten ebenfalls viel Nektar und Pollen.

Im großen Garten

Säen Sie eine Bienenweide! Das ist eine bunte Blumenwiese aus einer Mischung regionaler Kultur- und Wildarten. Saatgut gibt es im Fachhandel. Bekannt ist die »Tübinger Mischung« mit vor allem einjährigen Kulturarten wie Phacelia, Buchweizen, Ackersenf, Ringelblume und Koriander. Sie eignet sich für fast alle Standorte und Lagen außer für trockene Sandböden. Noch mehr Vielfalt bieten die mehrjährigen Blühmischungen »Blühende Landschaft mehrjährig« oder »Veitshöchheimer Bienenweide«. Diese Weiden sollten Sie vom Rasenmäher weitgehend verschonen. Oder Sie lassen beim Mähen einige Blumeninseln stehen. Der Imker Eckard Radke hält Obstbäume wie Apfel, Birne, Quitte oder Sauerkirsche für die noch bessere Wahl: »Sie sind sehr bienenfreundlich, aber viel nachhaltiger als einjährige Blumenmischungen.« Einmal gepflanzt, haben Mensch und Tier jahrzehntelang etwas von ihnen. Genauso ist es mit Kastanie, Linde, Haselnuss oder Ahorn.

Illustration: Elisabeth Bukanova