Scherz, lass nach

Einladungen zum vierzigsten Geburtstag sind voller Alterswitze. Das zeigt den Ernst der Lage.

Liebe Freunde, jetzt hat es mich erwischt, Leugnen hilft nicht (Smiley). Mir steht »was Rundes« bevor, und damit meine ich nicht nur meinen Bauch (Tränen lachender Smiley). Ich feiere einen besonderen Geburtstag. Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergangen ist. Bin ich wirklich so alt? Bevor jemand fragt: Ich werde 20 Jahre alt – zum 21. Mal (Zwinkersmiley)! Na gut, ich werde also 40. Auf jeden Fall seid ihr alle eingeladen. Jünger kommen wir nicht mehr zusammen, darum feiert mit einem »alten Sack« noch mal so richtig. Datum, Ort und Uhrzeit folgen.

Wer 1978 geboren wurde, dem werden solche Sätze in diesem Jahr schon begegnet sein. In E-Mails, Whatsapp-Gruppen oder Facebook-Events, die schon in Betreffzeile und Titel übers Alter scherzen. Das ist bei der ersten Einladung ganz witzig, bei der zweiten nett und bei der fünften ein Anlass, darüber nachzudenken. Warum wird der 40. Geburtstag so krampfhaft lustig angekündigt? Von Männern und Frauen gleichermaßen – auch wenn ich mich hier auf die männliche Sicht beschränke, weil ich darüber mehr weiß. Was da scheinbar locker von der Einladung herüberschmunzelt, ist in Wahrheit ein erstaunlich wehmütiges Klagen über das Alter. 40. V-I-E-R-Z-I-G. Ist die Zahl so schlimm?

»Und, wie fühlst du dich jetzt?«: Diese Geburtstagsfrage hört man mit 18 Jahren zum ersten Mal. Da ist sie nett gemeint. Der 18. Geburtstag ist tatsächlich mehr als nur eine Zahl, es beginnt ein neues Leben: Volljährigkeit, Wahlrecht, alleine Auto fahren, yeah. »Und, wie fühlst du dich jetzt?«, hört man dann wieder mit dreißig. Da ist es eine freundliche Stichelei: »Wie ist es so als alter Mann? Haha!« Und ernster als Omas Frage »Heiratet ihr bald?« wird es an diesem runden Geburtstag noch nicht. Zehn Jahre später ist die Frage zurück, und diesmal fehlt die Ironie im Ton. »Und, wie fühlst du dich so?« hat jetzt einen ernsthaften, fast besorgten Unterton, wie bei der morgendlichen Chefarztvisite im Krankenhaus. Überhaupt die Gesundheit: mit anderen frisch Vierzigjährigen landet man jetzt schnell bei dem Thema. Zwickt es bei dir auch schon im Knie, im Rücken, der Schulter?

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Vierzig zu werden kann einen verunsichern, es ist ein unentschlossenes Alter: Man ist sicher nicht mehr jung. Und ebenso sicher noch nicht alt. Wer Abitur gemacht hat, war kürzlich beim Klassentreffen zum 20. Jubiläum, noch so ein Sentimentalitätshammer. Wer vierzig wird, hat bis zur Rente noch 25 Jahre. Ist das viel – oder sind das »nur noch 25 Jahre«, wie der Kreditberater der Hausbank stirnrunzelnd anmerkt?

Man wäre mit vierzig der älteste Fußballprofi der Bundesliga, aber würde man ein Buch schreiben, liefe das noch unter »Jungautor«. Wer Kinder hat, muss mit vierzig Hausaufgaben kontrollieren oder sogar noch Windeln wechseln, man ist ein junger Vater. Wer aber noch keine Kinder hat, dem rennt die Zeit davon. Die Lebenserwartung deutscher Männer lag 2015 bei 81,09 Jahren, also hat man die Hälfte verbraucht und daher statistisch das Recht auf die Midlife-Crisis. Aber es nervt, wenn man gefragt wird, ob das der Grund für das neue Rennrad war. Den Druck, sich für sein Leben zu rechtfertigen, spürt man mit vierzig wie nie zuvor. Was hat man erreicht? Wo sind all die Jahre geblieben? Warum keine Führungsposition? Und immer noch zur Miete wohnen?

So erklären sich die vielen Witze über das Älterwerden: Wer schon auf die Einladung »Vierzig, aber würzig« schreibt, schiebt alle ernsten Gedanken in die Lachecke, er gibt die Stimmung für den Abend vor: Haha, alles nicht so schlimm. Da ist der Vierzigjährige nicht anders als der Vierjährige: Wer in den dunklen Keller muss, fängt an zu pfeifen.

Illustration: Anna Haifisch