Im Licht der Nacht

Wir stellen Ihnen jede Woche junge, talentierte Fotografen vor. Diesmal: Der Spanier Carlos Irijalba und seine Arbeiten mit Flutlicht und absurden Objekten. Mit seinen aufwändigen Inszenierungen stellt er den Realitätssinn des Betrachters auf die Probe.

    Name: Carlos Irijalba
    Geboren: 1979 in Pamplona, Spanien
    Ausbildung: Studium der Bildenden Kunst an der Basque Country University Bilbao und der Universität der Künste Berlin.
    Website: www.carlosirijalba.com

    SZ-Magazin: Herr Irijalba, für Ihr Projekt “Twilight” haben Sie die Flutlichtanlage eines Fußballstadions auf einen Wald gerichtet. Wie entstand die Idee?
    Carlos Irijalba: Ich sehe „Twilight“ nicht als isoliertes Projekt. Es gehört zu einer Werkreihe, die in den vergangenen sechs Jahren entstanden ist. Man könnte sagen, "Twilight" ist das Fazit oder der Abschluss von früheren Projekten wie "Devices" oder "Outside comes First". Das Konzept soll aufzeigen, wie wichtig das Licht in der westlichen Kultur für die Erschaffung von Realität ist, und wie es die Realität lenkt und definiert. Licht ist für mich eine Quelle der Aufmerksamkeit: Im Stadion konzentiert sie sich auf einen einzelnen Platz, die Mitte der Arena. Ich nehme das Licht und damit auch die Aufmerksamkeit von dort weg und platziere sie stattdessen in einem Wald - einem eher merkwürdigen Platz für ein Spektakel.

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    Für einen jungen Fotografen muss es schwierig sein, alleine die Logisitik für dieses Projekt zu finanzieren. Wie machen Sie das?
    Das kann ich nur dank der Fotografie-Preise und der Stipendien, die ich für meine Projekte bekomme. Aber natürlich braucht es auch Hilfe von außen und jede Menge Fantasie. Es gibt Institutionen, die mich unterstützen, aber ich versuche trotzdem immer, an die persönlichen Grenzen zu gehen. Jede meiner Arbeiten war unterfinanziert, doch ich konnte das immer mit enormem Arbeitsaufwand ausgleichen.

    Auch bei Ihren anderen Arbeiten platzieren Sie surreale, manchmal absurde Elemente in eine bekannte, herkömmliche Umgebung. Was fasziniert Sie an dem Konzept?
    Die Realität selbst ist oft sehr absurd, bloß mit dem Unterschied, dass wir uns an gewisse Umstände gewöhnt haben. Mit meiner Arbeit möchte ich zeigen, wie leicht es ist, die etablierte Ordnung in den Dingen durcheinander zu bringen. In einem Museum oder auf einer Ausstellungsfläche würde das nicht funktionieren, da sind wir ja auf alles Mögliche vorbereitet. Aber draußen, in der älltäglichen Umgebung können schon Kleinigkeiten großen Eindruck auslösen. Ich komme von der Bildenden Kunst, und definiere meine Arbeit als das Ändern und Umdeuten von Realität. Nur das Material hat sich verändert: Ich benutze eine ganze Stadt oder eine Landschaft als Material.

    Woran arbeiten Sie gerade?
    Ich stelle gerade ein Projekt fertig, das ich in China umgesetzt habe. Es heißt "Unwilling Spectacor" ("Widerwilliger Zuschauer", Anm.). Es geht dabei wieder um das Lenken von Erfahrungen. Die Bilder sind an einer Straßenkreuzung entstanden - es geht um das unterschiedliche räumliche und zeitliche Erleben von benachbarten Plätzen. Ich arbeite auch an zwei anderen Projekten, die sich mit Interventionen im öffentlichen Raum befassen. Die sind sehr kompliziert, vielleicht sind sie in zwei Jahren fertig, vielleicht erst in 20. Aber ich bin geduldig und habe einen langen Atem.