Name: Elio Germani
Geboren: 1981 in Triest
Ausbildung: BA in Fine Arts an der Accademia delle Belle Arti in Urbino; MA in Fotojounalismus an der UAB-Barcelona
Website: www.eliogermani.com
Herr Germani, in ihrer Bilderstrecke Romandiñipen zeigen Sie Roma- Kinder und -Jugendliche in Süd-Frankreich, die feiern, rauchen und Alkohol trinken. Wie kommt es dazu? Wo sind die Eltern?
Romandiñipen, der Titel meiner Bilderstrecke, bedeutet Verlobung. Dieses Fest zweier sechzehnjähriger Roma ist für die Kinder und Jugendlichen aber nicht nur eine Verlobungsfeier, sondern ein Ritus, der sie ins Erwachsensein führen soll. Bei diesem symbolischen Übergang vom Kind zum Erwachsenen sind die Minderjährigen ganz auf sich allein gestellt und dürfen alles machen, was sie für notwendig halten, um ihrem lang ersehnten Erwachsensein etwas näher zu kommen.
War es den Kindern und Jugendliche unangenehm sich von Ihnen fotografieren zu lassen?
Es war eine der wenigen Feiern, auf der ich keine andere Kamera gesehen habe. Die Kinder hatten Spaß daran von mir fotografiert zu werden und die wenigen, die nicht wollten, habe ich nicht abgelichtet. Was ist ihre persönliche Meinung über diese Tradition?
Man macht es sich immer leicht, so etwas zu verurteilen. Ich denke aber, man muss die Wurzeln solcher Vorgänge verstehen. Dass diese Kinder rauchen und trinken, hängt bestimmt auch damit zusammen, dass man die Roma und speziell ihre Kinder seit langem diskriminiert und ihnen oft Gleichgültigkeit und Verachtung entgegenbringt. Daraus kann dann eine eigene Art entstehen, Freiheit zu demonstrieren. Jede Gesellschaft macht das auf andere Weise, ich bin in diesem Punkt Kulturrelativist. Meine Kinder werde ich aber nicht mit 16 verloben.
Hat die aktuelle Debatte um das Aufenthaltsrecht für Roma in Ländern wie Frankreich ihr Interesse an den Gebräuchen dieses Volkes geweckt?
Nein, die Roma haben mich schon interessiert, als ich noch in Barcelona studierte, denn in Spanien ist die Integrationspolitik am fortschrittlichsten. Die Roma sind überall auf der Welt verteilt, haben weder politische noch staatliche Strukturen, fordern kein Heiliges Land, haben noch nie einer Nation den Krieg erklärt. Und doch, oder vielleicht gerade deshalb, sind sie die meist gehasste ethnische Gruppe Europas.
von Krisha Kops (Interview)