Warum scheint Ballett so leicht zu sein?

Ballerinas üben ihre perfekte Haltung jahrelang. Die Schauspielerin Natalie Portman schafft es schneller.

Dieser Tage kommt Black Swan in die Kinos, ein Film über den immer schizophrener werdenden Konkurrenzkampf zweier Ballerinas in New York. Die Hauptrolle spielt Natalie Portman. Sie spielt sie sehr gut. So gut, dass man nicht mehr von »spielen« sprechen möchte: Sie tanzt wie eine Balletttänzerin, und sie sieht aus wie eine Balletttänzerin. Man möchte sagen: Sie ist eine Balletttänzerin, aber das stimmt ja eben nicht, Natalie Portman ist eine Schauspielerin und keine Ballerina. Das, was sie zeigt in diesem Film - und sie tanzt 90 Prozent der Szenen selbst, inklusive Spitze -, hat sie gelernt, antrainiert, eingeübt. Sprich: Ein Jahr (na gut: intensivstes) Training reicht aus, um auf das Niveau einer Berufstänzerin zu kommen, die ein Leben lang nichts anderes macht?

Man muss sich vergegenwärtigen: Schauspieler sind Leute, die dafür bezahlt werden, andere Personen zu verkörpern. Dafür stehen ihnen die Mittel der Sprache, Mimik und Gestik zur Verfügung, oft genug allerdings ist der Körper an sich das Kriterium, das über die Glaubhaftigkeit der Darstellung entscheidet. Renée Zellweger etwa hätte sich als Bridget Jones einen Wolf schauspielern können - ohne die dicken Backen und den kleinen Schwabbelbauch wäre alles umsonst gewesen. Gut, zunehmen ist ja eine der einfachsten Übungen. Abnehmen dagegen schon ein wenig schwieriger. Aber auch das schaffen Schauspieler wie Christian Bale in ein paar Monaten und hungern sich zwanzig Kilo weg, wenn die Rolle es verlangt (z. B. in The Fighter, ab April im Kino). So viel zu den grundlegenden Körpermodifikationen.

Ein Level höher ist, was Uma Thurman für Kill Bill gemacht hat: Sie hat sich in Topform geackert und Unmengen Kampftraining gemacht, damit es echt aussieht, wenn sie draufhaut - was aber (wie sie selber sagt) nicht gleichbedeutend ist damit, diese Kampfsportarten tatsächlich zu beherrschen. Umso erstaunlicher ist Natalie Portman. Denn bei Ballett gibt es keinen Unterschied zwischen Form und Funktion: Was aussieht wie Ballett, ist Ballett. Und es gehört verdammt viel dazu, dass etwas wie Ballett aussieht - vom Gang bis zur Handhaltung zählt jedes Detail.

Bei Portman sieht vor allem auch der Körper wie Ballett aus, mit diesem so charakteristischen Apparat von Ballerinas, rätselhaft explosiver Kraft in langen Ausdauermuskeln, dünn und sehnig, aber nie knochig, der Schwanenhals, der arbeitende Rücken. Das alles in einem Jahr. Angesichts solcher Leistungen schwankt man zwischen einer »Der Mensch ist erstaunlich, und alles ist machbar!«-Euphorie und, nun ja, Resignation. Denn solche Anstrengungen nimmt man wohl nur für Hollywood-Gagen auf sich.

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Foto: Action Press