Das Beste aus aller Welt

Mit der Euro-Krise könnte man noch leben. Aber die Krise bei den Papierhandtüchern? Und dann tauchen auch noch schwedische Forscher auf, die unserem Kolumnisten seine Zahnputzgewohnheiten ankreiden.

Ja, der Euro wird untergehen, ja, Deutschland wird niemals ein wichtiges Fußballspiel gegen Italien gewinnen, ja, die Klimakatastrophe wird eintreten. Wir sollten diese Wahrheiten aussprechen, dann wird es leichter, damit zu leben.

Was ich aber nicht einsehe: warum es nicht möglich ist, in öffentlichen Toiletten Behälter für gefaltete Papierhandtücher anzubringen, denen man die Papierhandtücher auch wirklich einzeln entnehmen kann. Jedes Mal, wenn ich mir in einer solchen Toilette die Hände gewaschen habe, versuche ich, ein Handtuch aus dem Kasten zu ziehen, aber das gelingt nie, dieses Stück Papier reißt sofort, zumal es ja schon vom ersten Zugriff der nassen Hände feucht geworden ist. Also greife ich entschlossener zu und zerre sofort einen ganzen Packen Papierhandtücher aus dem Schränkchen, obwohl doch diese dort drinnen einzeln sortiert und gefaltet liegen und ein einziges Handtuch reichen würde, meine Hände zu trocknen, wie man einem kleinen Film im Internet entnehmen kann, in dem ein älterer Herr genau dies demonstriert.

Der Zufall hat mich nämlich zu Joe Smith geführt, der früher Bezirksstaatsanwalt in Umatilla County im amerikanischen Bundesstaat Oregon war, es sich aber im Alter zur Aufgabe gemacht hat, den Gebrauch des einzelnen Papierhandtuches zu propagieren. Joe Smith rechnet vor, dass allein in den USA jedes Jahr 260 000 Tonnen Papier nur für Handtücher verbraucht werden, und er demonstriert in seinem Video, wie man diese enorme Menge reduzieren könnte: Hände nach dem Waschen etwa zehn Mal schütteln, dann ein Papierhandtuch nehmen, einmal falten, Hände abwischen – trocken. Es ist so einfach. Und es geht nicht bei uns.

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Aber Gottesteilchen finden, das können sie.

Nie hätte ich übrigens diesen Film gesehen, nie hätte ich von Joe Smith erfahren, gäbe es Youtube nicht, wo man auch andere lehrreiche Filme betrachten kann, wie man sich ordentlich die Hände wäscht zum Beispiel: also auch die Fingerzwischenräume und die Handoberseiten abseifen und – ganz wichtig – den Hebel des Wasserhahns nur mit dem Unterarm oder einem (einzelnen!) Papierhandtuch berühren. Dies nur als Tipp, damit wir die Schweinegrippe überleben, die vierte große Gefahr für Deutschland neben Euro, Italien und Klimawandel.

Ausgerechnet eine der modernsten Errungenschaften der Welt, das Internet, bringt uns also die allerbanalsten Dinge wieder nahe. Hier erfuhr ich jetzt auch, was eine Studie der Universität Göteborg ans Licht brachte: Fast neunzig Prozent aller Schweden putzen ihre Zähne falsch, eine Tatsache, die zunächst für Nichtschweden nicht weiter beunruhigend ist.

Was geht uns Schweden an? Es gibt dort keinen Euro, die schwedische Elf ist bei der Europameisterschaft in der Vorrunde ausgeschieden (sie wurde sogar von England besiegt), und was den Klimawandel angeht, verschwindet das Land sowieso demnächst in einem Nebel nordwärts wandernder Schwärme neuer aggressiver Mücken, da können sie dort Zähne putzen, wie sie wollen.

Schweden hat, so gesehen, ohnehin keine Zukunft (was allerdings, nebenbei gesagt, die Frage aufwirft, woher wir dann unsere Kriminalromane bekommen). Aber in der Göteborger Studie wird ein Aspekt des Zähneputzens erwähnt, der mir komplett unbekannt war: Man soll nach dem Putzen den Mund nicht mit Wasser ausspülen, weil so das nützliche Fluor den Mund verlässt. Nur Schaum ausspucken, fertig!

Ich bin jetzt 56 Jahre alt. Und ich habe IMMER den Mund nach dem Putzen ausgespült. Vor zwanzig Jahren habe ich begonnen, meine Putzbewegungen zu optimieren, vor fünfzehn Jahren habe ich eine elektrische Zahnbürste angeschafft, seit zehn Jahren nutze ich Zahnseide, vor fünf Jahren hatte ich eine intensive Mundwasserphase, seit einem halben Jahr besitze ich Interdentalbürsten, jetzt höre ich von dieser Spülsache. Ich könnte mit gleißendem Gebiss dastehen, wenn man mich RECHTZEITIG informiert hätte. Stattdessen pflege ich mühsam irgendwelche Restbestände, Implantate, Kronen und Füllungen – und das jetzt, da wir alle die Zähne zusammenbeißen müssen.

Illustration: Dirk Schmidt