»Ein größenwahnsinniges Irrenhaus«

Wer in New York die Präsidentschaftswahlen gewinnt, darüber mussten sie nicht diskutieren. Trotzdem hatten die leidenschaftlichen New Yorker, die wir zum Gespräch über ihre Stadt eingeladen haben, genug zu besprechen: die Mietpreise, Verhaftungen wegen Biertrinkens auf der Straße, Rassismus und die Zähmung ihrer Stadt. New York? New York!

Mitte Oktober in New York: Das »Standard Hotel« im Meatpacking District ist ein viel besuchter Betonklotz am Ufer des Hudson River, mit Fenstern, die ein bisschen matt aussehen. Drinnen ist alles hell und großzügig, auf dem Boden glänzen runde Fliesen aus Bronze, wir werden von überfreundlichen Bedienungen empfangen: Wir haben einen Tisch im Nebenraum des Restaurants reserviert, er wird »The Wine Room« genannt, weil hier in vergitterten Schränken die teuren Weine lagern. Wir haben zehn New Yorker eingeladen, um über die anstehende Präsidentenwahl, die Stadt und das Leben zu reden. Richard Sennett, Soziologe, Philosoph und Professor an der New York University, erscheint als Erster pünktlich um zwölf. Er sieht aus, wie man sich einen New Yorker Intellektuellen vorstellt: runde Nickelbrille, weißer Haarkranz, dunkles Sakko.

Richard Sennett: Oh, ich dachte, wir wären heute mehrere Leute? Warum treffen wir uns ausgerechnet hier? Vor 50 Jahren habe ich ganz in der Nähe gewohnt, da stand dieses merkwürdige Touristenhotel noch nicht hier.

Meistgelesen diese Woche:

SZ-Magazin: Wir dachten, das Hotel gilt als hip. Und wir brauchten einen ruhigen Nebenraum, um unsere Gäste fragen zu können, ob New York immer noch so ist, wie wir es uns in Deutschland vorstellen: teuer, traumatisiert, aber die führende Weltstadt, deren Bewohner geschlossen hinter Präsident Barack Obama stehen.
Sennett: Dafür hätten wir uns auch bei mir im Büro an der Uni treffen können. Bis in die Neunzigerjahre waren hier im Meatpacking District tatsächlich lauter Schlachthöfe, nachts gingen hier die Transvestiten auf den Strich. Aber es gab auch günstige Wohnungen für Künstler und Studenten. Heute ist es ein teurer, langweiliger Touristenort. Diese Geschichte wiederholt sich ständig. Der Tourismus ist die bedeutendste Industrie für New York. Gleich hinter der Finanzindustrie.

Noch bevor Richard Sennett sich Wasser zu trinken bestellt, hat Aaron Brown den Raum betreten. Der Hedgefonds-Manager mit grauem Vollbart trägt ein leuchtend rotes Hemd zur lilafarbenen Lederjacke.

Aaron Brown: Inzwischen dürfte der Tourismus noch bedeutender sein als der Finanzsektor. Seit der Finanzkrise 2007 haben ja viele Banker ihre Jobs verloren.
Sennett: Wo haben Sie denn Ihr Büro?
Brown: Im Norden, in Greenwich.
Sennett: Oh, dieser Kerl ist ja gar kein echter New Yorker! Er arbeitet in Connecticut.
Brown: Fast die ganze Finanzbranche ist von der Wall Street und der Madison Avenue nach Greenwich gezogen.
Sennett:
Warum denn?
Brown: Größere Firmen brauchen viele gering qualifizierte Mitarbeiter, die können sich keine Wohnungen in der Nähe Manhattans mehr leisten. Nur kleine Firmen mit hoch qualifizierten Leuten sind noch dageblieben. Außerdem muss man in Connecticut weniger Steuern zahlen. Wer Geld hat, wohnt in Manhattan und fährt nach Greenwich.
Sennett: Diese Schweinehunde sind fein raus. Dabei mag ich Manhattan gar nicht besonders: Es ist zu einer riesigen Shoppingmall verkommen, das Leben und Wohnen findet heute woanders statt. In Queens und Brooklyn. Ich bin nicht glücklich darüber. Manhattan besitzt nur noch teilweise eine lebendige Kultur.
Brown: Ich muss Manhattan in Schutz nehmen. Ich wohne in der Gegend von der Juilliard School, man läuft dort ständig irgendwelchen Musikern über den Weg. Andere Universitäten in Manhattan sind auch toll. Studenten aus aller Welt prägen das Gesicht vieler Straßenzüge.

12.10

Die Filmemacherin Kelly Anderson betritt den »Wine Room«. Sie trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift »My Brooklyn«.

Sennett: Wo leben Sie denn?
Kelly Anderson: Sieht man doch: Sunset Park, Brooklyn. Gefällt mir großartig. Manhattan ist für Filmemacher viel zu teuer. Über Mid-Brooklyn habe ich gerade einen Dokumentarfilm gedreht. Darüber, wie auch dort alle Leute mit wenig Geld wegziehen müssen, weil die Stadt ein riesiges Einkaufszentrum bauen ließ. Der Bürgermeister hat dort aus einem Wohnviertel kurzerhand ein Geschäftsviertel gemacht. Er hat sich dem Willen großer Baufirmen gebeugt.
Sennett: In meiner Gegenwart dürfen Sie ruhig das Wort Kapitalist gebrauchen.
Brown: Ach, bei den Baufirmen handelt es sich leider in den seltensten Fällen um echte Kapitalisten, das Geschäft ist viel zu korrupt, mit fairem Wettbewerb hat das nichts zu tun. Aber wenn etwas schiefläuft, sind natürlich die Kapitalisten schuld. Dabei sind es Stadtverwaltung und Baufirmen, die das Blaue vom Himmel versprechen, aber alles vergessen, sobald die Bagger kommen. An der 72. Straße sollte der U-Bahnsteig erweitert werden, damit sich die Bewohner der vielen neuen Apartments nicht gegenseitig auf die Gleise drängeln. Nichts passierte. Nur ein neues Warnschild wurde aufgehängt. Bis heute ist es der gefährlichste U-Bahnhof in New York.
Anderson: Die Immobilienbranche hat eine mächtige Lobby in der Stadtverwaltung.
Sennett: New York war bankrott in den Siebzigerjahren, das schuf ein Klima, in dem jede Investition willkommen war. So sind viele verpfuschte Gebäude entstanden. Höhe war plötzlich das Einzige, was zählte.
Brown: Die Renovierung des Grand Central Terminal finde ich recht gelungen. Aber Sie haben schon recht: Nach 1920 entstanden kaum noch schöne Häuser in Manhattan.
Anderson: Ein paar Dinge haben sie gut hinbekommen: Die Piers hat man schön renoviert, der Zugang zum Wasser wurde an vielen Stellen verbessert. Und auch die Fußgängerzone am Times Square war eine gute Idee, für New York auch sehr neu. Trotzdem ziehen immer mehr Menschen weg aus Manhattan.
Sennett: Früher hatten junge Künstler gar keine Wahl, sie mussten einfach hierherkommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Manhattan viel mehr kleinere Galerien als heute, auch mehr Konzertsäle. Berufsmusiker arbeiteten in Kirchen, während der weiße alte Geldadel Oper und Philharmonie kontrollierte. Das hat sich alles geändert. Die Kirchen sind als Kulturveranstaltungsort weggefallen, junge Tänzer und Musiker tun sich schwer, noch bezahlbare Übungsräume zu finden.
Anderson: Ich höre immer noch von jungen Leuten, die nach New York kommen und nach Inspiration suchen. Müsste das nicht von der Stadt unterstützt werden? Brown: Die Stadt unterstützt nur die Disneyfizierung, Touristen sollen die großen Broadway-Theater und Konzertbühnen besuchen.
Sennett: Mein Sohn ist Bildhauer, er lebt in London und sagt: Dort werden auch unbekannte Künstler gekauft, in New York nur die großen Namen. Die entscheidende Frage ist doch, ob sich eine Stadt mit einer lebhaften Kulturszene vom Tourismus abhängig machen darf? Ich glaube: nein. Wenn eine Stadt nur noch aus Ladenketten besteht, gehen alle Jobs flöten, wenn die Touristen nicht mehr kommen.
Brown: Solche Läden bringen doch auch Jobs, gerade für ältere Arbeiter mit geringer Qualifikation, die sich sonst schwertun.
Sennett: Zuerst habe ich Sie für einen linken Banker gehalten, jetzt stellt sich heraus: Sie sind einfach nur romantisch.

12.30

Geht ja gut los. Die ersten drei Gäste scheinen sich gut zu verstehen und reden munter drauflos.

Anderson: Worauf wollt ihr eigentlich hinaus mit diesem Interview?
Sennett: Würde ich auch gern wissen. Ich muss leider bald gehen, ich habe heute Nachmittag noch eine Vorlesung zu halten.

SZ-Magazin: Zunächst mal würden wir gern wissen: Sind wir Touristen schuld, dass New York so teuer ist?
Sennett: Auch. Hier ist einiges schiefgelaufen in den letzten Jahren. Chicago zum Beispiel hat die Finanzkrise viel besser weggesteckt als New York, weil es dort nicht so eine Monokultur gibt, die nur aus Bankern und Tourismus besteht. In New York ist die Zahl der Banker in den letzten fünf Jahren um neun Prozent gefallen.
Brown: Ach, es gab eh zu viele von uns. Was mich wundert: Eigentlich hätten die Mieten sinken müssen, als die Banker ihre Jobs verloren. Aber Manhattan wird einfach nicht billiger. Die reichen Leute behalten ihre Wohnungen, auch wenn sie woanders arbeiten. Und es gibt immer noch genügend reiche Ausländer, die sich am Central Park was kaufen wollen.
Sennett: Als junger Künstler würde ich heute nach Berlin ziehen. Oder Athen. 8000 amerikanische Künstler leben schon in Berlin. Und solche Leute bräuchte man eigentlich hier: Künstler oder Internet-Typen mit guten Ideen. Aber wenn man die in einen Büroturm steckt, wird es ihnen nicht gut gehen. Sie brauchen kleine, günstige Räume, eine lebendige Stadt. So, ich muss jetzt los.

SZ-Magazin: Noch eine wichtige Frage: Wer wird die Präsidentschaftswahlen gewinnen?
Sennett: Falls Obama kein weiteres Eigentor schießt, wird er hoffentlich durchkommen. Dabei ist er eigentlich immer dann besonders gut, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht. Aber manches Mal wird man an der Wand eben erschossen.
Brown: Den Zahlen nach kann er es schwerlich noch verlieren. Er führt in den sogenannten Swing States.
Sennett: Oh, du hast meinen Tag gerettet. Kelly, hättest du nicht Lust, mal meine Klasse zu unterrichten? Darf ich deine Karte haben? Auch deine, Aaron? Sehen Sie: So sind wir New Yorker: Wir networken ständig. Auf Wiedersehen.


13.30

13.30

Der Kellner bringt Aaron Brown einen Salat mit Thunfisch. Und lässt vorsorglich schon mal die Cocktailkarte da. Der Drink des Hauses, »The Standard 69«, mit Champagner, Gin und Himbeerpüree kostet zwölf Dollar, der Sundowner für drei Personen 55 Dollar.

SZ-Magazin:
Wie viel Geld braucht man in New York, um reich zu sein?
Brown: Um ein komfortables Leben führen zu können, ein nettes Apartment mit Gästezimmer zu bewohnen, die Kinder rumfahren zu können, sollte man schon 300 000 Dollar im Jahr verdienen. Da bleibt dann nichts übrig, um es auf die hohe Kante zu legen. Aber junge Leute können auch mit viel weniger Geld eine Nische finden.
Anderson: Glaube ich nicht. Ich habe eine Professorenstelle an einem College und musste immer weiter rausziehen aus der Stadtmitte Brooklyns. Ich weiß wirklich nicht, wie das ein Busfahrer oder ein Polizist schaffen soll, wenn ich schon eine Stunde zu meiner Arbeit fahren muss. Ich frage mich: Kann eine Stadt existieren, wenn die meisten Bewohner sich ständig irgendwie arrangieren müssen? Die Menschen, die die Stadt am Laufen halten, brauchen doch einen gewissen Mindeststandard zum Leben. Oh, mein Hummer-Sandwich kommt.

SZ-Magazin: Ist New York noch so etwas wie ein Vorreiter für die Welt?
Brown: Nicht in dem Sinne, dass andere Städte New York imitieren sollten – wir brauchen nicht viele New Yorks, aber ich glaube, wir sind immer noch Trendsetter. Und wer sich mit den besten Leuten messen will, der muss nach New York kommen. Auf jedem Gebiet, ob es nun Ärzte oder Anwälte sind, findet man hier Leute aus der ganzen Welt, die Spitzenklasse sind. New York ist auch immer noch der Ort, an dem man arm ankommen kann und den man reich verlässt.
Anderson: Das Klischee geht mir ganz schön auf die Nerven.
Brown: Ich kenne eine Menge Leute, die genau das geschafft haben.

14.15

Die Fotografin Rose Hartman kommt, sie ist etwas außer Atem und bestellt sofort Wasser mit Eis, Cranberry-Saft mit einem Schuss Orange (»ganz wunderbar, wenn man mal keinen Alkohol trinken möchte«) und das Hummer-Sandwich, das sie bei Kelly Anderson auf dem Teller entdeckt hat.

Rose Hartman: Ich grüße alle und entschuldige mich für meine Verspätung. Aber niemand konnte mir sagen, wo ich euch finde. Ich bin so froh, da zu sein. Ich muss sagen, ich hatte Mühe zu kommen. Ich bin ja so im Stress mit den vielen Interviews wegen meines neuen Buchs.
Brown: Was ist das für ein Buch?
Hartman: Es geht um spektakulär aussehende Frauen, die etwas Interessantes auf die Beine gestellt haben: Donna Karan zum Beispiel.
Brown: Sie haben Firmenbosse fotografiert?
Hartman: Nein, ich habe sagenhaft gut aussehende Frauen fotografiert, Firmenbosse sind das in den allerseltensten Fällen.

Rose Hartman trägt roten Lippenstift, einen locker gebundenen weißen Schal und die blonden Haare kurz. Sie redet laut und langsam.

Hartman: Kennen Sie das Foto von Bianca Jagger auf einem weißen Pferd? Das habe ich 1977 fotografiert, im »Studio 54«, dem Stammclub von Andy Warhol. New York zieht schon immer die schönsten Models aus der ganzen Welt an. Wenn du es hier schaffst, schaffst du es überall.

Anderson verdreht die Augen und murmelt vor sich hin.

Hartman: Ich lebe ja schon im West Village, seit Kennedy erschossen wurde, 1963. Glauben Sie es oder nicht: Damals gab es doch tatsächlich noch Schilder, auf denen stand: »Wohnung zu vermieten«. Ich musste nicht einmal einen Makler bezahlen. Undenkbar heute. Ich lebe nur acht Minuten von hier, in einer der schönsten Straßen der Stadt: Charles Street, gleich gegenüber von Sarah Jessica Parker, die vor Kurzem mit ihrem Mann dort eingezogen ist. Und meine Miete ist lange, lange nicht erhöht worden, deshalb kann ich mir die Wohnung überhaupt noch leisten.
Anderson: So viel Glück haben nicht viele.
Hartman: Na ja, es gibt auch Schattenseiten in dieser Gegend. Manchmal klingelte es bei mir um vier Uhr morgens. Natürlich galt das nicht mir, sondern zwei Prostituierten, die bei mir auf dem Stockwerk wohnten. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie mir das auf die Nerven ging. Es dauerte eine Weile, bis ich die beiden loswurde.
Brown: Der Straßenstrich spielte sich ja lange zwischen dem Holland- und Lincoln-Tunnel ab, wo die Leute schnell mit dem Auto wegkommen können. In der Charles Street arbeiten wahrscheinlich nur teurere Prostituierte, die man in der Wohnung besuchen kann.

SZ-Magazin: Gibt es Orte in New York, an denen Sie Angst haben?
Hartman: Ich fühle mich überall sicher. Sogar in der U-Bahn.
Brown: Die einzigen Typen in der U-Bahn, die heute noch gefährlich aussehen, sind Zivilpolizisten.
Anderson: Es gibt schon einige abgelegene, düstere, gefährliche Viertel in der Stadt.
Hartman: Heute macht noch in der miesesten Ecke ein »Starbucks« auf, und es gibt Bars überall. Keine Gefahr mehr. Nirgends.
Anderson: Viertel werden erst sicher, sobald dort genug reiche Leute wohnen. Vorher kümmert sich die Polizei überhaupt nicht um solche Stadtteile. Ich kenne auch noch Menschen, die in echt miesen Gegenden wohnen, denen aber noch nie etwas passiert ist.
Brown: Bei mir in der teuren Upper West Side wurde auch ein paar Mal eingebrochen. Die Polizisten kamen dann zwei Tage später und haben mir zu verstehen gegeben, dass sie Wichtigeres zu tun haben.
Hartman: Ist mir auch schon passiert. Ich glaube aber, das war ein Handwerker, dem ich mal vor Jahren den Schlüssel zu meiner Wohnung gegeben hatte. Heute ist mein Viertel so teuer, da passiert nichts mehr.
Brown: In Crown Heights in Brooklyn gibt es schon noch Gewalt.
Hartman: Ach was, da wird doch keiner, der dieses Interview liest, jemals hinfahren. Ich wette eine Million Dollar.
Anderson: Unsinn! Es kommen viele Touristen nach Brooklyn. In Crown Heights steht das Brooklyn Museum. Und nebenan geht eine ziemlich gefährliche Gegend los.
Hartman: Was ist das denn für eine Veranstaltung hier? Sie reden ja so, als wäre Brooklyn ein Truppenübungsplatz. Ich sag euch jetzt mal was: Jede Menge Leute würde alles dafür geben, wenn sie in New York leben dürften. Egal, wo ich hinkomme, immer heißt es: New York ist die tollste Stadt der Welt. Und jetzt klingt es so, als wäre hier alles ganz furchtbar.

Rose Hartman, die Society-Fotografin, hat ihr Hummer-Sandwich erst zur Hälfte aufgegessen, bestellt aber schon mal ein Stück Torte für später.

Anderson: Nicht furchtbar, aber der Unterschied zwischen reichen und armen Gegenden ist immer noch ziemlich frappierend.
Hartman: Aber man wird hier nicht so einfach auf offener Straße erschossen. Keine Ahnung, woher dieses Klischee kommt.

SZ-Magazin: Vielleicht wegen John Lennon?
Hartman: Ach, hören Sie doch auf. Den hat ein gestörter Einzeltäter ermordet, das hätte überall passieren können. Mein Freund Gianni Versace wurde vor seinem Haus in Miami erschossen – also wenn mich jemand nach einem gefährlichen Ort fragt, dann sage ich: Florida.
Anderson: Sie haben ja recht, früher war es gefährlicher in New York.
Hartman: Wenn Sie wissen wollen, wie diese Stadt sich verändert hat, müssen Sie sich nur mal mein Viertel, das West Village, anschauen. Früher gab es dort einen Schuster, einen Metzger, lauter kleine Geschäfte. Heute sind da nur noch große Designer und nicht mal mehr ein Zeitungskiosk. Ich habe die New York Times inzwischen abonniert, aber am Wochenende wird sie mir immer aus dem Briefkasten geklaut.
Brown: Das macht sicher ihre Nachbarin Sarah Jessica Parker!
Hartman: Ich werde ein Schild aufhängen: Wer meine Zeitung klaut, landet in der Hölle.

14.58

Kelly Anderson verlässt die Runde. Sie lässt uns eine DVD ihres Films da, »vielleicht wollen Sie ja drüber schreiben«. Fast schon Halbzeit. Zwischenbilanz: Die Gäste verstehen sich gut, alle reden sich mit Vornamen an, jeder lässt den anderen ausreden. Höfliche New Yorker.

SZ-Magazin: Auch an Sie die Abschiedsfrage: Wer wird die Wahl gewinnen?
Anderson:
Obama. Aber es wird knapp.

Amy Davidson, Politik-Redakteurin beim Magazin »The New Yorker« kommt herein. Eine zierliche, etwas streng aussehende Frau ganz in Schwarz.

Hartman: Willkommen! Haben sie gut hergefunden?
Amy Davidson: Ich bin erst nebenan bei einer Weinprobe gelandet. Auch nicht schlecht. Ich komme aus dem Büro und muss dort auch bald wieder hin. Was essen Sie denn da?
Hartman: Ein Hummer-Sandwich. Sehr gut.

Amy Davidson bestellt nur ein Wasser. Der Kellner bringt Aaron Brown seinen zweiten Eistee.

SZ-Magazin: Ist Eistee überhaupt noch erlaubt hier? Der Bürgermeister hat doch zuckerhaltigen Getränken den Kampf angesagt und Softdrinks ab einer gewissen Größe verboten.
Brown: Noch darf ich das trinken, ja. Das Verbot gilt nur für größere Becher.
Davidson: Wir haben schon einen komischen Bürgermeister. Er hat irgendwie ein ziemliches Problem mit Softdrinks. Und jetzt, da er bei der nächsten Wahl nicht noch mal antreten darf, kann er tun und lassen, was er will. Außerdem ist er ja steinreich. Wir Amerikaner neigen dazu, reichen Leuten mehr zu vertrauen. Die dürfen sogar ein bisschen verrückt sein, und wir wählen sie trotzdem.
Brown: Das spricht dann ja für Romney als nächsten Präsidenten.
Davidson: Schwer zu sagen, momentan ist es wieder ziemlich knapp. Aber Romney hat seinen Reichtum bisher nie wirklich zu einem Thema gemacht – das könnte ein Fehler sein. Denn irgendwie wirken reiche Leute für viele Amerikaner glaubwürdig und unabhängiger von den Interessen anderer. Aber Romney kommt fahrig und unsouverän daher. Er betrachtet sein Geld als Privatsache, dabei kommt er aus einer sehr privilegierten Familie. Wenn er sich als bodenständiger Selfmademan darstellt, ist das einfach nur bizarr. So wie damals bei George Bush.
Brown: Das ist jetzt unfair. Bush hat nichts aus dem Geld seiner Familie gemacht, er hat die Chance seiner privilegierten Herkunft nicht richtig genutzt. Romney hat viel mehr Geld verdient als sein Vater. Er hat hart dafür gearbeitet.

SZ-Magazin: Wen werden Sie wählen?
Brown: Das macht in New York eh keinen Unterschied – in der Upper West Side ist jeder für Obama. Dabei finde ich, dass er kein besonders guter Präsident war bisher. Er will es allen recht machen. Ich werde mich wohl erst in der Wahlkabine entscheiden.
Davidson: Das ist eine wirklich merkwürdige Situation hier in New York: Weil klar ist, dass Obama in diesem Bundesstaat die Mehrheit hat, findet hier kaum Wahlwerbung statt. Das lohnt sich einfach nicht, denn wir haben in Amerika ja das Prinzip der Wahlmänner: Wenn ein Kandidat auch nur eine knappe Mehrheit hat, gehen alle Stimmen des Bundesstaats an ihn. Und allen ist klar, dass Obama gewinnen wird. Darum kommen die Kandidaten nur nach New York, um Geld von reichen Spendern einzusammeln.

Walter Gardner, der Chefportier des »Waldorf Astoria«-Hotels, kommt. Er hat das Kreuz eines Footballspielers und die Stimme eines Soulsängers.

Hartman: Hallo, willkommen, ich finde es toll, dass hier ein ständiges Kommen und Gehen herrscht. Los, bestell dir was zu trinken.
Walter Gardner: Nein danke, ich muss erst mal richtig ankommen. Worüber redet ihr gerade?

SZ-Magazin: Über die Wahl.
Davidson: Viele Leute sagen ja, dass New York eine Insel ist, die kaum etwas mit dem Rest des Landes zu tun hat. Aber ich finde, hier sieht man sehr viel Amerika auf sehr engem Raum. Die Wahl betrifft jeden hier, allein schon, weil der Präsident entscheiden kann, wie die Steuergelder verteilt werden. Wir neigen dazu, so zu tun, als ginge uns Amerika nichts an. Aber das ist falsch, auch wenn es ein typisches New-York-Gefühl ist.

SZ-Magazin: Muss man in New York geboren sein, um sich als New Yorker zu fühlen?
Hartman: Nein, aber es hilft doch sehr.
Gardner: Ich komme aus Chicago, bin aber seit fast 25 Jahren hier. Ich bin hergekommen, um Musiker zu werden. Und wollte nie wieder weg. Auch wenn viele Gebäude echt gruselig sind. Habt ihr euch schon über das neue Barclays-Stadion in Brooklyn unterhalten? Völlig irre: Die haben da das teuerste Stadion Amerikas hingebaut und eine komplette Basketball-Mannschaft aus New Jersey gekauft, die jetzt Brooklyn Nets heißen. Ich wohne ganz in der Nähe, und die Gegend ist wie ausgestorben. Ich wollte dort mal ein Bier trinken gehen – keine Chance. Man kriegt dort gerade mal einen Kaffee und einen Donut.
Hartman: Ich war noch nie dort. Warum auch? Es gibt so viele andere tolle Orte in der Stadt.
Gardner: Die Parks sind uns heilig – keiner würde auf die Idee kommen, einfach ein paar Quadratkilometer vom Central Park abzuknapsen, um dort ein Bürohaus hinzubauen.
Hartman: Ich finde es toll, dass man im East River wieder Kajakfahren kann, ich sitze gern am Wasser und schaue den Leuten beim Bootfahren zu.

Hartman steht auf und wirft sich ihren Schal um den Hals. Die Leute haben nicht viel Zeit. Sie erzählen ein paar Geschichten und ziehen dann weiter.

Hartman:
Ich muss los, ich habe heute Abend noch ein Interview mit einem französischen Magazin. Au revoir allerseits!
Gardner: Wisst ihr, was ich gerade gedacht habe: Ich glaube, wir alle leben in einem völlig unterschiedlichen New York.
Davidson: Wie meinst du das?
Gardner: Ich bin, glaube ich, der einzige Single hier am Tisch. Und habe ganz andere Ziele als die meisten hier: feiern, Leute kennenlernen, Musik machen. Die Stadt ist perfekt dafür: Ich bin offen für alles, habe eine Menge ziemlich verrückter Freunde und noch viel vor. Ihr habt Kinder, oder?
Davidson: Ja, einen Sohn.
Brown: Zwei erwachsene Kinder. Beide hier aufgewachsen.
Davidson: Es ist eine großartige Stadt für Kinder, die Museen, die Parks, viele Spielplätze. Die Dinosaurier im American Museum of Natural History in der Upper West Side habe ich schon als Kind angeschaut. Und war mit meinem Sohn sehr oft da.
Brown: Und tolle Schulen.
Gardner: Wenn man genug Geld hat.
Brown: Mein Sohn und meine Tochter waren auf einer öffentlichen Schule, ich finde, eine Privatschule verdirbt den Charakter. Da ist man völlig ausgeklammert von den Problemen der normalen Bevölkerung.
Gardner: Ich glaube, es ist toll, hier aufzuwachsen, weil man hier lernen muss, mit Menschen klarzukommen, die völlig anders sind als man selbst. Und man lernt eine Kultur kennen, die weit weg ist von den Klischees über Amerika, wo jeder ein Auto hat und sich nur von Fast Food ernährt. In New York ist man vor allem eins: Fußgänger.
Davidson: Ich habe nicht mal ein Auto, ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal hinter dem Steuer saß. Sie sollten mal meine Freunde in anderen Städten reden hören. Die betrachten das als eine Art Makel. Vielleicht bin ich etwas zu begeistert, aber: Ich halte New York nach wie vor für die beste Stadt, die es gibt. Ich könnte mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben.


15.45

15.45

Der Sänger Adam Green ist da. Mit Vollbart, Wuschelhaaren und Filzweste kommt er daher wie ein Hippie. Er ist in Deutschland berühmter als in seiner Heimat, keiner der Gäste scheint ihn zu kennen, obwohl er auch in Amerika eine Goldene Schallplatte bekommen hat - für 500.000 verkaufte Exemplare des Soundtracks zum Film "Juno", an dem er mitgewirkt hat.

Adam Green: Hallo zusammen, ich heiße Adam. Worum geht es gerade?
Gardner: Dass New York die großartigste Stadt der Welt ist.
Green: Ist sie das denn?
Gardner: Wo kommst du denn her, dass du so eine Frage stellst?
Green: Ich bin in einem Vorort von New York aufgewachsen, in Westchester.
Gardner: Tja, mein Freund, dann hast du wohl als Kind leider Pech gehabt. Wir haben uns eben drauf geeinigt, dass New York ein Super-Spielplatz ist. Mit Dinosauriern.
Green: Hey, Moment mal: Ich war als Kind ständig in New York, meine Mutter arbeitet im Museum of Natural History, ich bin quasi aufgewachsen mit den Dinos. Und als ich 17 war, sind meine Eltern zurück in die Stadt gezogen. Eine Menge guter Musikclubs hat zu der Zeit leider gerade zugemacht.
Brown: So wie zuletzt das »CBGB’s«, wo die ganzen großen Punkbands ihre ersten Auftritte hatten. Da ist heute, glaub ich, ein Klamottenladen drin.
Gardner: Oder hier im Meatpacking District: Da gab es mal einen Laden namens »The Cooler«, der war genial.
Green: Hey, ihr hättet mal vor zehn Jahren in dieses Viertel kommen sollen. Da gab es hier lauter Transvestiten und jede Menge rohes Fleisch. Das muss für euch Deutsche doch das Paradies sein. Wie St. Pauli in viel extremer.
Gardner: Zu Musik fällt mir hier vor allem Jazz ein, da ist New York immer ein Zentrum gewesen. Bei uns im »Waldorf Astoria« steht der alter Flügel von Cole Porter im Foyer.

Keiner trinkt Alkohol. Als sich ein Redakteur des »SZ-Magazins« ein Bier bestellt, schaut Amy Davidson etwas irritiert, aber sie muss ja auch bald wieder zurück in die Redaktion. Als wir in die Runde fragen: »Wer will etwas Interessanteres trinken als Wasser?«, bestellt Amy Davidson einen Kaffee.

SZ-Magazin: Wer wohnt denn heute so im »Waldorf Astoria«?
Gardner: Barack Obama und Touristen. Und so ziemlich alles dazwischen.
Green: Wie ist Barack Obama denn so?
Gardner: Ich habe ihn noch nie getroffen. Wenn er ins Hotel kommt, wird das meist ziemlich abgeschirmt, seine Sicherheitsleute sind strikt. Einmal bin ich mit dem Personalaufzug in die Etage gefahren, in der Michelle Obama einquartiert war. Und sofort kam ein Typ mit Pistole am Gürtel auf mich zu und hat mich gefragt, was ich hier zu suchen habe.
Green: Habt ihr eine Liste oder so, welche Prominente gerade bei euch im Hotel sind?
Gardner: Nein, die meisten Stammgäste erkenne ich auch so. Und Staatschefs kommen ja meistens mit einer ganzen Entourage, die kann man gar nicht verpassen.
Davidson: Heute sehen doch viele Milliardäre nicht mehr aus wie Milliardäre – wie unterscheidest du die von einem, der nur nach dem Weg fragen will?
Gardner: Das stimmt, vor allem Leute, die im Internet reich geworden sind. Die sehen aus wie Studenten, mit ihren Kapuzenpullovern. Man denkt: Hey, was will der denn hier? Und dann stellt sich heraus: Der ist so ein reicher Online-Typ. Früher hat man reiche Leute an ihrem Stil erkannt, an ihrem Auftreten, ihrer ganzen Art. Schon komisch: Heute, wo der Unterschied zwischen Arm und Reich so krass ist wie nie zuvor, sieht man es manchen Typen einfach nicht mehr an. Rein ästhetisch nähern sich die Gesellschaftsschichten also an, während sie in Wirklichkeit kaum mehr etwas gemeinsam haben.
Green: Typen wie du und ich könnten reich sein, während der mit dem dicken Auto vor der Tür in Wahrheit total verschuldet ist.
Gardner: Und das ist ja längst nicht alles – schau dir mal an, wie sich Amerika verändert hat. Noch vor 30 Jahren waren wir ein total verkrampftes Land. Und heute haben wir einen Schwarzen als Präsidenten, der die Homoehe gut findet. Das ist doch ein unglaublicher Schritt!
Brown: Na ja, Obama hat immerhin fast vier Jahre mit sich gerungen, ehe er sich traute, öffentlich für die Homoehe einzutreten. So mutig war das auch wieder nicht.

Rhonda Roland Shearer, Künstlerin, Sammlerin, Mäzenin, betritt den »Wine Room«. Klassisches Intellektuellen-Outfit: ganz in Schwarz, mit Perlenkette und dunkler Hornbrille.

Davidson: Ich muss gleich zurück in die Redaktion. Es geht in dieser Stadt ja irgendwie immer um Arbeit. Habt ihr noch eine Frage?

SZ-Magazin: Welche Spuren hat Obamas Amtszeit in New York hinterlassen?
Davidson: Viel Gutes natürlich, er hat die Bankenkrise wieder halbwegs in den Griff bekommen. Aber eins nehme ich ihm übel: Ich finde, wie auch viele andere New Yorker, dass er Chalid Scheich Mohammed und anderen Drahtziehern der Terroranschläge vom 11. September hier in der Stadt den Prozess hätte machen sollen, den Mördern von fast 3000 Menschen.
Green: Warum wird das nicht geschehen?
Davidson: Aus Angst vor weiteren Terroranschlägen. Und weil der Verkehr in Manhattan unter den Sicherheitsvorkehrungen zusammenbrechen würde. Alles sicher berechtigt.
Green: Träumt ihr eigentlich auch noch manchmal von den Twin Towers?
Gardner: Ich erinnere mich vor allem an die Totenstille in den U-Bahnen. Noch Wochen nach dem Anschlag. Keiner hat geredet, Kinder sind nicht herumgetobt wie sonst. Manchmal sind Menschen einfach so in Tränen ausgebrochen. Dann haben Fremde den Arm um sie gelegt und sie getröstet. Egal, wo ich hinkomme, sprechen mich die Leute immer noch auf den 11. September an, erzählen mir, wie sie den Tag erlebt haben. Green: Worüber kaum jemand spricht, ist der Geruch, der danach monatelang über der Stadt lag. Es hat überall verbrannt gerochen und wurde immer schlimmer, richtig ekelhaft.
Rhonda Roland Shearer: Wie ein Geist, der durch Manhattan spukt. Ich habe es noch jahrelang gerochen, jetzt nicht mehr.

Der vorletzte Gast, der Schriftsteller Darryl Pinckney, betritt das Zimmer, mit Hut und breitem Lächeln. Als wir ihn zu unserem Interview eingeladen haben, hat er sofort geantwortet: Ich komme gern – und lasst mich raten: Es geht um Obama? Pinckney hat ein Buch über seine Jugend als wohlhabender Schwarzer geschrieben und wenn er lacht (was er gern tut), sieht er dem Präsidenten nicht unähnlich.

Gardner: Hallo! Wir reden gerade vom 11. September.
Darryl Pinckney: Ich setze mich erst mal.
Gardner: Ich glaube, nichts hat die Stadt so verändert wie dieser Anschlag. Ich hab mich noch Wochen später kaum getraut, mit meinen Freunden ein Bier trinken zu gehen. Da war immer die Frage: Dürfen wir das jetzt wieder? Dürfen wir Spaß haben? Vorher war die Stadt ein größenwahnsinniges Irrenhaus, überall Obdachlose, dauernd laute Partys auf den Straßen. Was der damalige Bürgermeister Rudy Giuliani mit seinem harten Durchgreifen gegen jede Art von Lärm und Kriminalität versucht hat, hat der 11. September dann vollbracht: New York wurde zahm.
Davidson: Das stimmt, so ein Trauma krempelt eine Stadt ziemlich um. Ich wohne ganz in der Nähe von Ground Zero. Und ich vermisse die Türme. Ich fand sie wunderschön.
Shearer: Und sie haben der Stadt etwas sehr Wichtiges gegeben: Orientierung. Egal, wo man war: Man konnte sie fast immer sehen und wusste dann, wo Süden ist.
Brown: Ich kenne die Büros in den alten Zwillingstürmen sehr gut – und was soll ich sagen: Sie waren furchtbar. Eng, stickig, keiner hat dort gern gearbeitet. Heute werden die Türme verklärt, aber als sie noch standen, hatten sie keinen guten Ruf.
Pinckney: Die Hafenbehörde, der das World Trade Center gehörte, konnte die Büros nur schwer vermieten.
Davidson: Also, ich habe nur gute Erinnerungen an die Türme. Ich habe sogar meinen Abschlussball im Restaurant dort oben gefeiert. Das ist ein gutes Schlusswort. Auf Wiedersehen, und viel Spaß noch beim Gespräch, ich muss leider zurück in die Arbeit.
Shearer: Die Inkompetenz der Behörden war unglaublich, sie waren schlecht vorbereitet. Anfangs gab es nicht mal Wasser oder Atemschutzmasken.
Pinckney: Und Bürgermeister Giuliani war nur deshalb da, weil sein eigenes Büro ausgebombt war. Er konnte nirgendwo hingehen, deshalb trieb er sich da rum.
Shearer: Er wollte mit diesem giftigen Zeugs nichts zu tun haben. Ich war jedenfalls mit all den Rettungsleuten da unten in den Trümmern des World Trade Center und habe mit ansehen müssen, wie sie Tausende menschliche Überreste in roten Plastikhüllen weggeschafft haben. Als ich dann einen Lieferanten eines China-Restaurants gesehen habe, der Essen in einer roten Plastiktüte brachte, wurde mir übel. Ich kann die Dinger erst jetzt langsam wieder sehen, ohne an tote Menschen zu denken.
Pinckney: Damals hing viel davon ab, wie schnell New York aufgeräumt werden konnte. Das hat mich an all die Bücher über die Bombardierung von Berlin und Dresden erinnert. Nur dass es hier ohne Vorwarnung geschah in einem Land, das nicht damit rechnete, jemals angegriffen zu werden, in einer Stadt, die sich für international hielt, warum sollte die jemand angreifen?

SZ-Magazin: Hat irgendjemand in der Runde mal daran gedacht, aus New York wegzuziehen?
Green: Ich habe mal versucht, ein paar Leute zu überreden, nach Amsterdam zu ziehen. New York hieß früher mal New Amsterdam, und ich dachte mir, es wäre lustig, die Leute von New Amsterdam nach Old Amsterdam zu bringen. Ihr hättet hören sollen, wie ich meinen Bassisten zu überreden versuchte: Wir können alle rüberholen und Orgien veranstalten.

16.20

Walter Gardner bricht in schallendes Gelächter aus und schlägt sich auf die Schenkel.

Gardner: Was für ein Anreiz, Orgien zu veranstalten. Großartig. Finde ich brillant.

Er zeigt auf Darryl Pinckney.

Gardner: Darryl hier hat mir gerade erzählt, dass er mal verhaftet wurde, weil er Gras geraucht hat. Und das, kurz nachdem die Türme eingestürzt sind. Das ist doch verrückt. Amerika hat solche Angst vor Marihuana.

Darryl Pinckney nickt und lächelt.

Pinckney: Wir haben vor einem Reggae-Club Gras geraucht, gleich neben der Polizeistation. Verdammt clever von uns. Sie haben mich zwei Tage zusammen mit 26 riesigen schwarzen Typen eingesperrt. Ich habe die ganze Zeit kein Wort gesagt.
Brown: Gute Strategie.
Green: Mich haben sie verhaftet, weil ich vor einer Kunstgalerie auf der Straße Bier aus einer braunen Papiertüte getrunken habe. Der Cop hat mir einen Strafzettel in die Hand gedrückt. Als ich ihm sagte, dass ich am Tag der Verhandlung außer Landes sein würde, erklärte er mir, ich solle aufs Gericht gehen und eine Verschiebung beantragen. Also bin ich da hin und habe gefragt, an wen ich mich wenden sollte, und der Cop sagte mir, ich könne den Richter sehen oder ihm einen Brief schreiben. Im nächsten Raum war ein lange Schlange, und da saß ein Beamter mit Stempel, der sagte mir, ich müsse auf jeden Fall an dem Tag erscheinen, andernfalls würde man einen Haftbefehl auf mich ausstellen. Kann ich die Strafe nicht einfach jetzt zahlen? Nein! Kann meine Mutter kommen und sagen, dass ich schuldig bin? Nein! Ich habe gehört, man kann dem Richter schreiben. Stimmt, aber der Richter muss den Brief nicht lesen. Also habe ich ihn gefragt: Hör mal, Alter, wenn du an meiner Stelle wärst und außer Landes, was würdest du tun? Und er einfach: Keine Ahnung, alles könnte klappen. Alles könnte klappen! Das war ein kafkaesker Moment.
Gardner: Mann, Du bist ein echter Komiker. Wie du die Geschichte erzählst. Zum Totlachen.
Green: Also musste ich mir einen Anwalt nehmen, nur damit der in meiner Abwesenheit vor Gericht sagen kann, dass ich schuldig bin, dieses verdammte Bier auf der Straße getrunken zu haben. Die Höchststrafe für das ganze Fiasko waren 25 Dollar.
Gardner: Warum hast du es nicht einfach ignoriert?
Green: Keine Ahnung, ich dachte, man müsste die Buße zahlen.
Gardner: Du hast gedacht, die holen dich deswegen ab?
Green: Ich wollte nicht, dass was in mein Führungszeugnis kommt.
Gardner: Alles klar, Mann. Das zeigt, dass Rudy Giuliani es geschafft hat, mit dem Trinken auf der Straße Schluss zu machen. Früher sind wir immer zum Washington Square Park mit einer riesigen Flasche Bier, haben ein paar Joints gedreht, uns an die Ecke gesetzt und den Jongleuren zugeschaut. Das war 1992, da war das noch völlig in Ordnung.
Green: Damals war ich elf, aber ich habe das auch gemacht, am St. Mark’s Place. Wenn ich das heute versuchen würde, dann würde mich wahrscheinlich ein Cop innerhalb von fünf Minuten verhaften.


17.00

17.00

Adam Green greift zur Cocktailkarte, studiert die Drinks und bestellt beim Kellner:

Green: Ich nehm’ den Rockefeller.

In Windeseile ist der Kellner wieder da und stellt den Rockefeller und Eiswürfel auf silbernen Tabletts auf den Tisch: Rum, Apfelschnaps, Becherowka und Prosecco.

Gardner: Was ist da drin?
Green: Das Blut Christi. Was mache ich mit der Orangenschale?

Der Kellner beugt sich über Adam Greens Schulter und souffliert: Drehen Sie die Orangenschale über dem Glas aus, dann ein oder zwei Eiswürfel dazu, je nach Geschmack. In dem Moment betritt Mark Greif den Raum. Er unterrichtet an der New School University und hat das Magazin »n+1« mitbegründet. Pinckney, der Schriftsteller, und Greif begrüßen sich. Er sieht aus wie ein Streber aus gutem Hause, wird aber den übrigen Gästen als Experte für Hipster und andere Subkulturen vorgestellt.

Green: Das ist ja spannend, ich habe mal versucht, eine eigene Subkultur mit dem Namen »Schwuchteln« zu gründen.
Mark Greif: Wie bitte?
Green: Meine Freunde und ich wurden als Kinder schikaniert, alle haben uns Kommunisten-Schwuchteln genannt. Da haben wir uns gedacht, wir gründen eine neue Subkultur, indem wir den psychischen Schmerz des Wortes umdrehen: Wir adeln das Wort »Schwuchtel«. Also hab ich gesagt, ich bin eine »Schwuchtel« und will mit meinen »Schwuchtelfreunden« abhängen und das Leben genießen. Ich schätze, so ähnlich könnte das auch mit dem Hipster-Ding gelaufen sein.

Der Alkohol beginnt zu wirken.

Pinckney: So wie du das sagt, klingt es auf einmal ziemlich cool.
Green: Und dann haben die Leute gesagt: Wir mögen dich, du Schwuchtel, und ich sagte: Danke schön. Aber es hat sich nicht durchgesetzt.
Greif: Du musst warten, bis der Zeitgeist so weit ist. Man kann selbst keine eigene Subkultur gründen, man muss warten, bis sich etwas durchsetzt.
Green: Was ist mit Sea Punk?
Greif: Ich habe keine Ahnung, was Sea Punk ist.
Green: Kumpel, du musst öfter ausgehen. Das sind die Leute, die ihre Haare grün färben und T-Shirts mit Muscheln drauf tragen. Das ist eine Mikrokultur, echt. Es gibt jede Menge solcher Mikrokulturen in New York. Aber ich weiß, was du meinst: Man kann so was nicht einfach selbst gründen.

Nachdem Richard Sennett die Runde verlassen hat, fällt die Rolle des Kulturethnografen an Mark Greif, der auf Wunsch der anderen Gäste zu einem Zweiminuten-Referat über Wesen und Geschichte des Hipsterismus anhebt.

Greif: Hipster glauben, dass ihr Musik- und Modegeschmack rebellisch sein kann. Plötzlich gab es dank des Dotcom-Booms jede Menge neues Geld für junge Leute, die nicht in den nächsten Golfclub eintreten wollten. Die haben gesagt: auf keinen Fall, Mann, ich bin jung, ich bin ein Rebell. Diese jungen Reichen wollten Geld ausgeben, um mit Leuten abzuhängen, die in Bands spielten oder malten. Plötzlich konnten die ganzen Bohemiens in der Kunstszene aus ihrem Hobby einen Beruf machen und den jungen Reichen Boheme vorspielen, die sich noch immer für einen Teil davon hielten. Die Lower East Side und Williamsburg sind so was wie das Epizentrum der Hipster: Dort ging es los, heute findet man sie auf der ganzen Welt.
Green: Ich habe das Gefühl, dass ich als Teil dieser ironischen Hipster-Schwuchtel-Subkultur aufgewachsen bin.

Darryl Pinckney bestellt sich einen Kaffee und seufzt.

Pinckney: Die Leute hier sind zu jung und zu cool für mich.

SZ-Magazin: Wir würden gern noch einmal auf die Wahl zurückkommen.
Pinckney: Mark, hast du die erste Fernsehdebatte zwischen Obama und Romney gesehen?
Greif: Hab ich.
Pinckney: Und hattest du den Eindruck, dass Romney sich so viel besser geschlagen hat als Obama?
Greif: Nein, das war wirklich seltsam. Ich bin natürlich voreingenommen, denn ich mag Romney nicht.
Pinckney: Er kann über Steuerpläne fantasieren, so viel er will.
Greif: Ich habe mir die Debatte angesehen, und meine Frau hat mich gefragt: Machst du dir Sorgen? Obama scheint so müde zu sein. Ich habe ihr gesagt: Der sollte müde sein, der arbeitet hart. Am nächsten Tag hat mich mein Kollege gefragt: Was hältst du von dem Desaster? Ich dachte erst, er meint die Bauarbeiten im Erdgeschoss. Nein, Romney hat mir seltsamerweise überhaupt keine Sorgen gemacht.
Pinckney: Mich beunruhigen die Meinungsumfragen, die Romney vorn sehen. Ich glaube einfach nicht, dass ihm das helfen wird. Jetzt konzentriert er sich auf Ohio, ein Highschool-Freund von mir in Ohio sagt, er glaubt trotzdem nicht, dass er Ohio gewinnt.
Greif: Ich hätte nie gedacht, dass er irgendwas gewinnt. Er kommt rüber wie …
Pinckney: …wie ein Frühstücksdirektor.
Greif: Ich habe in Massachusetts gelebt, als Romney dort Gouverneur war, und er schien in Ordnung zu sein, eine Art Technokrat. Ich glaube, dass es den Wählern auf jeden Fall schwerfällt, leidenschaftlich zu werden bei Leuten wie Romney. Na ja, ich habe das Vorhersagen aufgegeben, seit ich 2004 die Debatten von Bush sah und überzeugt war, dass er auf keinen Fall wiedergewählt würde. Und er hat mit großem Vorsprung die Wahl gewonnen.
Pinckney: Ich glaube, die Tatsache, dass Obama ein Schwarzer ist, schürt schon genügend Leidenschaft bei republikanischen Wählern.
Greif: Erinnerst du dich, wie die Leute vor ein paar Monaten anfingen zu sagen, wie verhasst Obama sei? Ich habe mich gefragt, wer ihn hassen sollte und warum, und der einzige Grund, der mir einfiel war, dass er schwarz ist. Wenn man mit Tea-Party-Leuten über Obama spricht, dann scheint er für sie einfach unvorstellbar zu sein. Sie haben keine Kategorien für eine Person wie ihn. Sie verstehen nicht, wie er einen schwarzen Vater und eine weiße Mutter haben kann, sie verstehen nicht, wie er sich so elegant bewegen kann.
Pinckney: Das ist sehr amerikanisch. Viele Weiße können sich nur Schwarze vorstellen, die entweder besser oder schlechter gestellt sind als sie, aber nicht gleich. Die gehobene Mittelschicht ist ziemlich gut integriert, aber der untere Mittelstand und die Arbeiterklasse nicht. Wenn es ums Wohnen geht, ist das Land immer noch nach Rassen geteilt.
Greif: Wie in diesem Sketch des schwarzen Komikers Chris Rock, der von seiner teuren Wohngegend in New Jersey erzählt: Er ist einer von vier Schwarzen in der Nachbarschaft: Mary J. Blige, eine der großartigsten R&B-Sängerinnen, Jay-Z, einer der besten Rapper aller Zeiten, und Eddie Murphy, einer der komischsten Schauspieler der Welt. Und der weiße Nachbar von Chris Rock? Ein ganz normaler Zahnarzt! Als Schwarzer musst du es bis ganz an die Spitze deines Berufs schaffen, um in einer reichen Gegend wohnen zu dürfen.

17.30

Darryl Pinckney greift nach Hut und Schal und verabschiedet sich. Ein Kellner gibt uns zu verstehen, dass wir den Raum in einer halben Stunde verlassen müssen, dann beginnt schon die nächste Veranstaltung.

SZ-Magazin: Einen Moment noch Darryl, wer gewinnt Ihrer Meinung nach die Wahl?
Pinckney bleibt stehen und antwortet ohne Zögern: Obama. Ganz sicher.

SZ-Magazin: Würden Sie Geld darauf wetten?
Pinckney: Ja.
Gardner: Tausend Dollar?

Darryl Pinckney dreht sich im Türrahmen noch einmal um und sagt leise: Alles, was ich habe, ist schon auf Obama gesetzt. Am Tisch sind Adam Green, Walter Gardner und Mark Greif übrig geblieben.


SZ-Magazin:
Eigentlich sollte Suzanne Vega heute auch kommen. Aber sie hat heute früh leider abgesagt.
Green: Bei ihr fällt mir dieser wirklich tolle Song Tom’s Diner ein. Ich mag den, weil man ihn a capella singen kann. Alle summen: dadadadi dadadadi dadadadidadadadi

SZ-Magazin: Gibt es den typischen New-York-Song?
Green: Na ja, es gibt die Strokes.
Gardner: Und die Nummer von Jay-Z.
Green: Jay-Z ist schon ein toller New-York-Typ.
Gardner: Weil das die Yankees als Stadionhymne spielen.

SZ-Magazin: Und was ist mit dem Lied von Sinatra?
Walter Gardner winkt ab: Völlig andere Generation, Mann. New York, New York? Jetzt mal im Ernst: Das will doch keiner mehr hören.


17.57

Der Kellner bringt die Rechnung. Wir zahlen mit Kreditkarte und stellen auf dem Weg nach draußen fest, dass die kleinen Bronzefliesen im Eingang des Restaurants in Wirklichkeit Ein-Cent-Münzen sind. »Das ist Geld im Wert von 4800 Dollar«, sagt die Bedienung, die aussieht wie ein Fotomodel. Sie lächelt und sagt: »Einen schönen Abend noch – genießt eure Zeit in New York!«

SZ-Magazin: Eine persönliche Frage noch, Adam: Sie sind der Urenkel von Franz Kafkas Verlobter Felice Bauer. Haben Sie irgendwelche Erinnerungsstücke an die beiden?
Green: Einen Briefumschlag mit Kafkas Unterschrift, das ist ein Familienerbstück. Wollt ihr ihn sehen? Ich wohne nicht weit.

------------------
NACHTRAG:
Unser großes New York Interview haben wir am 9. Oktober 2012 geführt: Da war der Sturm Sandy noch kein Thema. Ein paar Tage nach dem Sturm haben uns die Teilnehmer E-Mails geschrieben, wie es ihnen geht, nachdem der Sturm mehr als 40 Menschen in der Stadt getötet und weite Teile New Yorks zeitweise lahm gelegt hat.

Aaron Brown (Banker und Pokerspieler): "Mir geht's gut - mein Apartment liegt weit genug im Norden, wir hatten die ganze Zeit über Strom, Wasser und Internet. Aber einige Freunde und Bekannte hatten weniger Glück - die haben wir bei uns in der Upper West Side einquartiert. Sogar ein paar Leute, die wir gar nicht kannten, haben zeitweise bei mir gewohnt - es gab genug Platz und Essen für alle. Aber nicht jeder hatte ein eigenes Bett."
Amy Davidson (Redakteurin beim Magazin The New Yorker): "Unsere Wohnung liegt in der sogenannten Zone A - der größten Gefahrenzone. Wir mussten also unser Apartment prophylaktisch evakuieren. Mein Sohn und ich - und unsere Katze - sind bei Freunden in der Upper West Side untergekommen, in der Nähe der Columbia University. In unserer Wohnung gibt es immer noch keinen Strom und wir wissen noch nicht genau, wann wir wieder zurück können. Aber immerhin ist weder uns noch einem unserer Freunde etwas passiert. Und mein Sohn hat sich sogar ziemlich gefreut, dass die Schulen letzte Woche geschlossen waren."

Mark Greif (Professor und Publizist): Ich wohne in der Grand Street, dort gab es einen völligen Stromausfall. Mein Handy und meinen Computer muss ich also im Büro aufladen. Man kann gut erkennen, wie sich Lower Manhattan verändert hat: Dort wohnt kaum noch jemand, es gibt nur noch Geschäfte - und die haben alle geschlossen. Nur ein paar Tante Emma Läden haben noch offen. Und man merkt, wie viele Arme Leute es in der Stadt gibt - ich bin mit ein paar von ihnen ins Gespräch gekommen, als wir zusammen für Trinkwasser angestanden sind. So blöd es klingt: Der Sturm hat auch ein paar gute Seiten. Alles ist ruhig - und jetzt, wo das Internet nicht funktioniert, muss ich mich wieder auf Bücher, Kerzen und handgeschriebene Notizen verlassen. Irgendwie gefällt mir das sogar ein bisschen. Meine Lektüre: Kierkegaard und Durkheim. Blöd nur, dass Kerzen mittlerweile ein Luxusartikel geworden sind: Ich bin nach Brooklyn rübergelaufen, um mir eine zu kaufen - und alles was es gab, waren irgendwelche Duftkerzen für zehn Dollar.

Adam Green (Musiker und Künstler): (lässt über seine Managerin mitteilen): Es geht uns allen gut, auch wenn der Strom immer wieder ausfällt.

Rose Hartmann (Fotografin): Ich bin zur Zeit in Amsterdam.

Kelly Anderson (Filmemacherin): Bei uns im Sunset Park in Brooklyn ist alles okay, es gab keine Überschwemmungen und der Sturm hat kaum Schäden angerichtet. Wir hatten immer Strom und sogar Internet. Das einzige, was mich betroffen hat, waren die Engpässe beim Nahverkehr. Es fühlt sich komisch an, dass unser Leben hier so normal verläuft, wenn in anderen Teilen der Stadt so eine Krisenstimmung herrscht.

Foto: Tim Barber; Porträts: Roderick Aichinger