Die Gewissensfrage

Wer ist dafür zuständig, an der Supermarktkasse den Warentrenner auf's Band zu legen?

»Jedes Mal, wenn ich im Supermarkt einkaufen gehe, stellt sich mir an der Kasse dieselbe Frage: Wer ist dafür zuständig, dieses Teil, an dem die Kassiererin erkennt, was zu welchem Kunden gehört, auf das Band zu legen? Ist es meine Aufgabe, es hinter meine Einkäufe zu platzieren, oder soll der nächste Kunde es vor seine Einkäufe legen?« Meike F., Lüneburg

Um Ihre Frage zu beantworten, habe ich diesmal Experimente durchgeführt und verschiedene Szenarien getestet: meine Einkäufe mit und ohne Warentrenner – wie diese Teile offiziell heißen – hinter die vorherigen gelegt, mal mit kleinerem oder größerem Abstand, manchmal einen solchen Trenner hinter meinen Waren positioniert und manchmal nicht. Und dann beobachtet, wie die anderen Kunden darauf reagieren. Zugegebenermaßen nicht besonders wissenschaftlich, aber dennoch aufschlussreich.

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Als Erstes konnte ich feststellen, dass die Dinger, so schrecklich ich sie persönlich finde, dennoch ihren Sinn haben, weil sie den Kassiervorgang vereinfachen. Allerdings wirken sie nicht nur für Waren abgrenzend, sondern auch gegenüber den Menschen und haben damit auch etwas passiv Aggressives. Wer das für übertrieben hält, sollte einmal den Menschen in die Augen schauen, während sie diese Trenner vor oder hinter ihre Einkäufe setzen oder gesetzt bekommen: Fast immer erkennt man an den Gesichtern, dass es hier um so etwas wie Revierabgrenzung geht, oft gepaart mit unter- oder überschwelligen Vorwürfen, dass man diese Grenze zieht oder eben nicht gezogen hat.

Damit aber wird es schwierig zu beantworten, wer die Trenner setzen sollte, denn gerade bei Lappalien wie dieser sind die symbolischen Auswirkungen auf das Zusammenleben wesentlich gewichtiger als jede theoretische Überlegung, wessen Aufgabe und Recht das nun sein könnte.

Dennoch haben meine Experimente auch eine Lösung geliefert: Wenn man den Menschen in die Augen sieht, lächelt man meist unwillkürlich – ich zumindest tue es. Das aber nimmt dem Ganzen jegliche Aggression, macht es im Gegenteil zu einem prosozialen Verhalten, und dann ist tatsächlich egal, wer den Trenner setzt. Eigentlich nicht besonders überraschend, aber dennoch wirksam.

Hinweis:

Es scheint sich dabei nicht, wie man annehmen möchte, ein typisch deutsches Phänomen zu handeln. Sowohl der Warentrenner, im Englischen auch „cashier stick", „cashier bar“, „shopping divider“ oder einfach „divider“ genannt, als auch die Diskussion um die „supermarket etiquette“ gibt es offenbar in vielen Ländern.

Interessant finde ich die einfache Idee einer Firma aus den USA, die Kassenbänder mit regelmäßigen Streifen zu versehen, so dass die folgenden Kunden einfach ihre Einkäufe hinter den nächsten Streifen legen können und so signalisieren, dass die Waren nicht mehr zu den vorherigen gehören: http://www.4extender.com/CM.jpg

Illlustration: Serge Bloch