Sonne, Strand und Müll

Touristen hinterlassen auf den Malediven jedes Jahr Tonnen von Abfällen - zu viel für den winzigen Inselstaat. Ein Teil landet auf der künstlichen Müllinsel Thilafushi. Fotograf Markus Breulmann war dort.

Name: Markus Breulmann
Alter:
50
Ausbildung:
Fotografie-Ausbildung an einer Privatschule (nebenberuflich)

SZ-Magazin: Es ist ein weiter Weg von der Schweiz auf die Malediven. Warum sind Sie dort hingereist?
Markus Breulmann: Auf die Malediven wollte ich schon vor dreißig Jahren, damals vor allem wegen der Strände. Heute interessieren mich andere Dinge: Auf der Hauptinsel Male wohnen 100.000 Menschen auf eineinhalb Quadratkilometern. Wie leben die da? Wie erzeugen die Bewohner Strom, was machen sie mit ihrem Müll? Also bin ich nach einer Indien-Reise für zwei Wochen hingeflogen. Ich habe mir alles angeguckt und Leute kennengelernt, die mich an Orte gebracht haben, wo man als Tourist nicht so leicht hinkommt.

Die haben Ihnen dann auch von der Müllinsel Thilafushi erzählt?
Davon hatte ich vorher schon gehört. Dann habe ich erfahren, dass dort eine Fähre hinfährt, und bin einfach hingefahren. Am Anfang der Insel gibt es ein paar kleine Werften. Dort kam ich mit einem Manager ins Gespräch, der mir alles zeigte und mich zum Essen einlud. Anschließend bin ich weitergewandert, in Richtung Müll.

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Hat niemand versucht, Sie von der Deponie fernzuhalten?
Ich hatte Bedenken, dass Sicherheitspersonal da ist und mir vielleicht meine mehrere tausend Franken teure Kameraausrüstung wegnimmt. Da war aber niemand. Es gab eine Schranke, aber daneben konnte man einfach vorbeigehen. Überhaupt waren kaum Leute zu sehen. Einige Arbeiter waren da, fast alle aus Bangladesch und ziemlich scheu. Ein paar Einheimische haben den Müll nach verwertbaren Eisenteilen durchwühlt. Es gibt keine Abgrenzung zum Wasser, die leichten Sachen werden also vom Wind aufs Meer herausgetragen.
Am Ende meiner Reise waren wir Tauchen im Süden, ziemlich weit weg von Male. Da sind ein paar kleine, unbewohnte Inseln, total abgelegen von allem. Selbst da haben wir angeschwemmten Plastikmüll gesehen.

Haben Sie auch beobachten können, wie neuer Müll angeliefert wird?
Jeden Tag kommen 200 bis 400 Tonnen dazu. Die Fähre fährt mehrmals am Tag nach Thilafushi und jedes Mal sind zwei bis vier Lastwägen voll Müll darauf. Am Ende des Geländes stehen Bagger, mit denen die Insel ständig vergrößert wird. Es wird Sand aufgeschüttet, um noch mehr Platz für den Müll zu haben. Dabei landet dort nur der Müll der Hauptinsel und einiger naher, kleinerer Inseln. Der Müll von den Ferieninseln wird direkt vor Ort verbrannt. Nachts, wenn die Touristen schlafen.

Sind die Umweltfolgen des Massentourismus für die normalen Urlauber sichtbar?

Die meisten steigen am Flughafen direkt in ein Wasserflugzeug um, das sie zu den Ferieninseln bringt. Man kommt also nicht in die Hauptstadt und nicht an der Müllinsel vorbei. Allerdings wird immer wieder Müll angezündet. Wenn es regnet, entsteht eine riesige Rauchsäule, die von den näheren Luxus-Ferieninseln gut zu sehen ist. Aber ich denke, die meisten blenden das aus. Die Malediven sind ja bekannt für Flitterwochen. Man zahlt viel Geld für die Reise, da will man sich nicht damit auseinandersetzen, wo die Coladose bleibt, die man gerade leer getrunken hat.

Fotos: Markus Breulmann