Bündchen fürs Leben

Jogginghosen sind der Scheidungsgrund Nummer Eins, sagt die Schauspielerin Eva Mendes. Und korrigiert nach Protesten ihre Aussage: Croc-Schuhe seien ein noch größerer Grund. Ist bequeme Kleidung tatsächlich das Ende der Liebe?

(Foto: marshi / photocase)

Es ist immer wieder überraschend, aber: Auf die großen Fragen der Menschheit gibt es oft ziemlich simple Antworten. Jahrhunderte haben etwa Philosophen, Dichter und Statistiker gegrübelt, woran zwischenmenschliche Beziehungen scheitern. Dann kam die Schauspielerin Eva Mendes, gab einem amerikanischen TV-Sender das erste Interview nach der Geburt ihrer Tochter - und verriet die Lösung in einem kurzen Satz.

Laut Eva Mendes scheitern Ehen heute nicht etwa an Seitensprüngen, die sich inzwischen leicht über Apps wie Tinder einfädeln lassen. Mendes dachte auch nicht an die Sprachlosigkeit, die sich in vielen Beziehungen breit gemacht hat, seit beide Partner am Frühstücks- oder Restauranttisch lieber mit ihrem Smartphone chatten, anstatt sich mit dem Gegenüber zu unterhalten. Eva Mendes spielte auch nicht auf die verhältnismäßige Ruhe an, die in viele Ehebetten eingekehrt ist, seit Menschen bis spät in die Nacht Folge um Folge der aktuellen Lieblingsserie gucken und darüber völlig vergessen haben, dass man im Bett noch andere Dinge machen kann, als auf einen Laptop zu glotzen. Der wahre Scheidungsgrund Nummer Eins, sagte Mendes, sei die Jogginghose.

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Auf den ersten Blick ist diese Antwort wirklich so einleuchtend wie einfach. Und da Eva Mendes wohl einige Kompetenzen ins Sachen Partnerschaft besitzen muss, ist man spontan geneigt, ihr zu glauben. Denn Mendes lebt immerhin mit Ryan Gosling zusammen, dem Mann, für den derzeit ziemlich viele Frauen sofort die spannendste Folge ihrer Lieblingsserie unterbrechen würden, um auf der Suche nach ihm ganz Tinder durchzuwischen. Auch, wenn dadurch eine Sehnenscheidenentzündung im rechten Daumen droht.

(Eva Mendes, Foto: Getty Images)
Und selbst einem ersten, kurzen Nachdenken scheint Mendes Antwort standzuhalten: Die Jogginghose als Sinnbild für all die kleinen Nachlässigkeiten einer zur bloßen Routine gewordenen Beziehung, das könnte gut funktionieren. Nur wer sich schon gar nicht mehr an die große Euphorie der Zeit erinnern kann, in der die Liebe ihren Anfang nahm, lümmelt in sackartigem Baumwollstoff auf der Couch, auf dem T-Shirt Flecken und in den zerzausten Haaren womöglich noch Chipskrümel vom nächtlichen binge watching. Nur wer sich seiner Sache schon allzu sicher geworden ist, gibt sich keine Mühe mehr, dem Partner zu gefallen, sondern furzt wahrscheinlich auch am Mittagstisch und lässt beim Sex die Socken an. »Wer Jogginghose trägt«, sagte Karl Lagerfeld deshalb einmal völlig zurecht, »hat die Kontrolle über sein Leben verloren.«

Nun ist Mendes aber gerade Mutter geworden. Und wenn man ein wenig weiterspinnt, wie die nie Jogginghose tragende Eva abends ihren Ryan im Kostümchen empfängt, das sechs Monate alte Töchterchen Esmeralda auf dem dank des pränatalen Trainings perfekt definierten Arm, ein geistreiches Gesprächsthema ebenso vorbereitet wie ein gesundes, aber schmackhaftes Dinner - dann klingt das doch sehr schnell nach einer notdürftig modernisierten Version von Mad Men: Bestand der Fortschritt in unseren Rollenbildern seit den Fünfziger Jahren nicht gerade darin, dass Frauen mehr sein durften, als nur schön anzuschauen? Sollte man seinen Partner nicht um seiner selbst lieben und nicht nur wegen der Hülle, in der er steckt? Wäre also nicht vielmehr das Frauenbild Scheidungsgrund, das ein Mann hat, der in der Jogginghose seiner Frau einen Scheidungsgrund sieht?

Ähnliche Gedanken müssen auch Eva Mendes durch den Kopf gegangen sein, denn nur wenige Tage nach ihren Äußerungen in dem Interview veröffentlichte sie auf Instagramm ein Bild von einer schwarzgrauen Schlabberhose, die nachlässig auf bunt gemusterten Bodenfliesen gelegt wurde. Sie wolle sich bei ihrem Lieblingskleidungsstück entschuldigen, schrieb Mendes, das sei alles nicht so gemeint gewesen.

Aber bevor sich nun weibliche Gosling-Fans Hoffnungen auf eine baldige Scheidung des Hollywood-Pärchens machen: Eine solche wird es nicht geben, schon deshalb nicht, weil Mendes und Ryan Gosling gar nicht verheiratet sind. Vor allem aber scheint Mendes Partner nichts gegen Schlabberhosen zu haben: Seine Freundin habe doch offensichtlich nur einen Scherz gemacht, verkündete Gosling auf Twitter. Er selbst trage Jogginghosen sehr gern, sogar jetzt in diesem Moment, in dem er das schreibe. Die Hosenaffäre muss den Schauspieler einigermaßen bewegt haben, an jenem gemütlichen Abend schoss zu dem Thema gleich vier Nachrichten von seiner Couch in den Orbit, nachdem er es seit seiner Anmeldung bei Twitter im Jahr 2011 nur auf rund 50 Tweets gebracht hatte.

(Foto: Getty Images)
Was Gosling bei seinen Solidaritätsadressen an die Jogginghosen an den Füßen trug, schrieb er leider nicht. Man kann nur hoffen, dass es keine bunten Gummischuhe waren. Denn der wahre Scheidungsgrund Nummer eins, schrieb Mendes in dem Entschuldigungsbrief unter dem Foto ihrer Lieblingsjogginghose, seien orangene Crocs, das wisse doch jeder.

Was hingegen bisher leider noch keiner weiß: Wie sich die widersprechenden Bedürfnisse nach Bequemlichkeit und Eleganz vereinbaren lassen. Es müsste doch möglich sein, ein Kleidungsstück zu finden, in dem man sich so zuhause fühlt, wie in einer Jogginghose, das aber gleichzeitig so stilvoll ist wie Mendes' Kostümchen. Diese wirklich große Frage der Menschheit in einem kurzen Satz zu beantworten - wäre das nicht mal etwas für Sie, Herr Lagerfeld?